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Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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die ich James More diesen Morgen geboten hatte. Alles in allem gelangte ich zu dem Schluß, daß ein kleiner Aufschub nichts schaden könnte, obwohl ich nicht zu lange zögern durfte, und kroch übervollen Herzens in mein kaltes Bett.
    Den nächsten Tag schien James More mit meinem Zimmer ein wenig unzufrieden, und ich bot ihm an, noch einige Möbel kommen zu lassen; als ich am Nachmittag wieder vorsprach, fand ich Möbelräumer dort, die Tische und Stühle heranschleppten; sonst war Catriona allein. Bei meinem Eintritt grüßte sie mich höflich, zog sich aber sogleich in ihr eigenes Zimmer zurück und schloß hinter sich die Tür. Ich traf meine Dispositionen, bezahlte und entließ die Leute so laut, daß sie es hören konnte, und glaubte, sie würde nun sofort wiederkommen, um mit mir zu sprechen. Ich wartete eine Weile und klopfte dann an ihre Tür.
    »Catriona!« rief ich. Die Tür wurde rasch geöffnet, fast noch ehe das Wort heraus war; ich glaube, sie hatte gelauscht. Inzwischen stand sie ganz regungslos mit einem Ausdruck, den ich nicht beschreiben kann, wie ein Mensch in bitterer Seelennot. »Wollen wir auch heute nicht spazierengehen?« stammelte ich. »Ich danke Euch,« entgegnete sie, »mir liegt nicht mehr viel am Spazierengehen, jetzt, da mein Vater zurückgekehrt ist.«
    »Aber er ist doch ausgegangen und hat dich allein gelassen«, widersprach ich. »Nennt Ihr das freundlich, so zu sprechen?« forschte sie. »Es war nicht unfreundlich gemeint«, erwiderte ich. »Was fehlt dir überhaupt, Catriona? Was habe ich getan, daß du dich so von mir wendest?«
    »Ich wende mich durchaus nicht von Euch ab«, antwortete sie mit sorgfältigster Überlegung. »Ich werde meinem Freunde, der so gut zu mir war, stets dankbar sein; ich werde stets in allem, was mir möglich ist, seine Freundin sein. Aber jetzt, da mein Vater, James More, zurückgekehrt ist, muß wohl ein gewisser Unterschied gemacht werden, und ich glaube, Dinge sind gesagt und getan worden, die man am besten vergißt. Aber ich werde stets, soweit ich kann, Eure Freundin sein, und wenn das nicht genügt ... wenn das nicht so viel ist ... Aber Euch ist das sicherlich ganz gleich! Ich möchte nur nicht, daß Ihr zu hart von mir denkt. Ihr hattet recht, als Ihr sagtet, ich sei zu jung, um beraten zu werden, und ich hoffe, Ihr werdet nicht vergessen, daß ich ja nur ein Kind war. Ich möchte unter keinen Umständen Eure Freundschaft verlieren.« Sie war sehr bleich zu Beginn dieser Rede; aber noch bevor sie endete, flammte das Blut in ihrem Antlitz scharlachrot, daß nicht nur ihre Worte, nein, auch ihr Gesicht und ihre bebenden Hände um Schonung flehten. Da erkannte ich zum erstenmal, wie groß mein Unrecht war, dieses Kind in eine Lage gebracht zu haben, in der sie sich zu momentanen Schwäche hatte hinreißen lassen, derer sie sich jetzt schämte. »Miß Drummond«, sagte ich und stockte und begann noch einmal mit der gleichen Anrede. Dann rief ich: »O ich wollte, Ihr könntet in mein Herz sehen! Ihr würdet dort lesen, daß meine Achtung ungeschmälert ist. Ja, wenn es möglich wäre, würde ich Euch sagen, daß sie noch gewachsen ist. Das hier ist nur die Folge des Irrtums, dem wir verfielen; es mußte so kommen, und je weniger wir davon reden, um so besser. Von unserem ganzen Leben hier soll nicht eine Silbe über meine Lippen kommen, das verspreche ich Euch; ich wollte, ich könnte Euch auch versprechen, daß ich mit keinem Gedanken mehr daran denken werde, aber die Erinnerung wird mir ewig teuer sein. Und was Euern Freund betrifft, so habt Ihr einen hier, der für Euch sterben würde.«
    »Ich danke Euch«, sagte sie. Eine Weile standen wir schweigend, und in meinem Herzen begann das Mitleid mit mir selbst die Oberhand zu gewinnen; waren nicht alle meine Träume hier jämmerlich gescheitert? Hatte ich nicht meine Liebe verloren, und stand ich nicht wieder wie zu Anfang allein in der Welt? »Nun,« sagte ich, »wir werden immer Freunde bleiben, das ist sicher. Aber das hier ist auch eine Art Abschied, es ist wirklich eine Art Abschied; Miß Drummond werde ich immer kennen, aber dies ist der Abschied von meiner Catriona.«
    Ich blickte sie an, ich konnte sie kaum sehen, aber sie schien in meinen Augen größer und strahlender zu werden, und damit verlor ich, glaube ich, den Kopf, denn wieder rief ich sie mit Namen und trat mit ausgestreckten Händen einen Schritt auf sie zu. Wie ein Mensch, der einen Schlag empfängt, wich sie vor mir zurück;

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