Catullus - Der Tote im Ghetto - Eine Science Fiction Serie 1 (German Edition)
so), sie sieht die Armut, die Psychos, die vielen jungen Menschen, verloren, wütend oder resignierend, sich tapfer dem Schicksal ergebend. Sie hat keine Ahnung, dass das Auto, das neben ihr fährt, das Auto ist, das dasselbe Ziel hat wie ihres. Sie weiß ja nicht, dass Numa und Ramon beschlossen haben, Beer zu töten, dieses Bullenschwein, das bewusstlos in Michaelas Wohnung liegt.
- Ich wollte immer schon nen verfluchten Bullen umlegen.
- Heute tun wir's! Heute ziehen wir es durch!
- Sie foltern uns, sie stehlen uns das Leben, sie sind so mächtig und wir sind nur Müll in ihren Augen.
- Rache, Rache, heute ist's soweit!
- YEAH!
Ugi raucht, Ramon hat ihm einen zweiten Joint gebaut, einen größeren, einen stärkeren. Bestes Gras für den besten Mann. So nannte ihn seine Mama immer. Ihren besten Mann. Er war der jüngste der Bande, sechs Brüder, ein Nachzügler, und er war der beste Mann für seine Mama, die bei den Aufständen vor sieben Jahren ermordet wurde. Emil atmet schnell und heftig, er ist nervös, er weiß nicht mehr, ob die Jungs es ernst meinen oder es nur ein Spaß ist, ein Jux, oder eine Übertreibung. Er will nicht ins Gefängnis, nicht sterben, nur weil das Blut diesen Bullen fließen soll. Er sieht aus dem Fenster, sieht Doris und Doris sieht Emil, die beiden sehen sich an, für ein paar Sekunden treffen sich ihre Blicke. Dann biegt Doris nach rechts ab, die Jungs bleiben in der Spur, weil sie eine Abkürzung kennen, die kein Navigator kennt.
***
Michaela hat Beer gefesselt - auf altmodische Art - mit Klebeband und einem Strick. Beer ist immer noch bewusstlos, aber sie kann seinen Puls deutlich spüren, der Bulle ist quicklebendig, und Doris ist sich sicher, dass er jeden Moment aufwachen wird. Sie weiß nicht, ob es eine gute Idee war, die Jungs zu rufen, aber sie ist mit der Situation überfordert. Seitdem Alex' Leiche von Soldaten der Spezialeinheit abgeholt worden war, schläft sie unruhig, hat sie Albträume, und Ugis Festnahme hat ihre Angst nur noch verstärkt. Sie sucht nach Tattoos auf Beers Arm, sie schiebt das Hosenbein hoch und sucht nach Tattoos auf den Beinen, aber er scheint keine sichtbaren zu haben. Die ganze reiche Welt ist tätowiert, die besten Künstler der Welt haben sich darauf spezialisiert, Motive zu entwerfen, das Geschäft boomt, während der Kunstmarkt beinahe eingebrochen ist, seitdem jede Wand in einem Haus ein Bildschirm geworden ist - wer hängt noch Bilder auf? In den Ghettos hingegen stechen sich die Menschen gegenseitig mit Nadeln, es gibt Kulttätowierer, aber sie sind ausgebucht, sie werden von den Warlords manchmal entführt und als private Tätowierer gehalten.
Die Jungs kommen hereingepoltert, Numa stolpert und fällt beinahe auf die Matratze, auf der Beer liegt.
- Wow, wow, wow, da liegt er ja!
- Der Hurensohn muss sterben!
Michaela springt auf, schließt die Tür, nachdem Ugi es endlich in die Wohnung geschafft hat, sie musste ihn am Arm packen, damit er den richtigen Eingang fand. Emil verschränkt die Arme, er sieht blass aus, betrachtet Beer und schüttelt den Kopf.
- Wir können das nicht tun!
Michaela klatscht in die Hände, als Ramon Beer eine heftige Ohrfeige gibt.
- SCHLUSS JETZT!
- Er kann uns hören! Der stellt sich nur bewusstlos.
- Hier geschieht nichts, ohne dass ich es erlaube, ist das klar? IST DAS KLAR?!
Ramon zuckt mit den Schultern, lächelt überheblich. Numa hat ein Küchenmesser in der Hand, Michaela weiß nicht, ob er mit dem schon angekommen ist oder ob es das ihre ist. Sie stampft zu Numa und nimmt ihm das Messer ab.
- Seid ihr high? SEID IHR ALLE HIGH?!
Ugi lächelt, seine Oberlippe zittert.
- Yep. Ich bin high.
Emil klopft Michaela auf die Schulter.
- Recht hast du. Wir können keinen Bullen töten. Das können wir nicht machen! Das wäre Irrsinn, das wäre unser sicherer Tod.
Numa lächelt.
- Hast du Angst vor dem Tod, Emil?
Emil schweigt, Numa setzt nach.
- Warum bist du dann im Ghetto? Warum nicht auf der sicheren Seite der Welt? HIER kannst du STERBEN ... verstehst du mich? ... STERBEN JEDERZEIT.
- Ich sterbe lieber im Ghetto als im Staatsgefängnis, verstehst du? Die würden uns foltern, uns einsperren und wir würden nicht alt werden in dem Knast, das weißt du, das wisst ihr alle!
Als Beer die Augen aufschlägt, klammert Emil sich an Numa, woraufhin dieser ihn wegschubst. Beer öffnet den Mund, aber bringt kein Wort hervor. Michaela setzt sich vor Schreck erstmal auf den Stuhl, der unter ihr
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