Caylebs Plan - 6
gesucht haben sollte, hatte er es nicht gefunden. Sein Blick kehrte wieder zum Gesprächspartner zurück.
»Es ist nur ... es ist wichtig, dass ich mir sicher sein kann, das ist alles«, erklärte er.
»Warum?«, fragte sein Gegenüber sofort nach. Doch dann schüttelte er ebenfalls abwehrend den Kopf, deutlich rascher und heftiger, als Waimyn das getan hatte. »Nein, sagt es mir nicht! Ich glaube, ich möchte es gar nicht wissen.«
»Das denke ich auch«, gab Waimyn mit einem schiefen Grinsen zurück. »Ich hielte es sogar für besser, wenn Sie sich niemals an dieses Gespräch erinnerten.«
»Ich nehme das als einen Befehl von Mutter Kirche«, erklärte ihm sein Besucher. Auch er blickte sich nun in dem Lagerhaus um und zuckte dann mit den Schultern.
»Ich gehe dann jetzt«, sagte er und schritt durch die Tür hinaus in die leere, ruhige Geräuschlosigkeit des ungenutzten Warenhauses.
Waimyn blickte ihm hinterher. Dann holte er tief Luft und versenkte sich schweigend ins Gebet.
Ein Intendant musste sich oft um Dinge kümmern, die außerhalb der offiziellen Parameter seiner Pflichten lagen. Gelegentlich konnten diese zusätzlichen Aufgaben zu einem Gefühl tiefster Befriedigung führen - und zu der Gewissheit, etwas erreicht zu haben. In anderen Fällen wiederum lasteten diese Aufgaben schwer wie die Hand Schuelers selbst auf ihm.
Dies hier gehörte eindeutig zu den anderen Fällen. Bischof-Vollstrecker Thomys wusste nichts von den Weisungen, die sein Intendant vom Großinquisitor erhalten hatte. Oder zumindest glaubte Waimyn, der Bischof-Vollstrecker wisse nichts davon. Es war immer noch möglich, dass der Bischof-Vollstrecker über alles bestens Bescheid wusste und einfach nicht die Absicht hatte, das auch zuzugeben. Nicht, dass es für Waimyn irgendwie von Bedeutung gewesen wäre. Nein, eigentlich nicht.
Erneut atmete er tief durch, dann straffte er die Schultern, verließ sein Arbeitszimmer, schloss leise hinter sich die Tür und folgte dem anderen Mann in die Stille des Lagerhauses hinaus.
.III.
Manchyr, Corisande-Bund
Für einen Moment schloss Hektor Daykyn die Augen und genoss die sanfte Brise, die ihn umwehte. Auch wenn es offiziell Herbst war, hatte der Juli doch so viel an Hitze und Schwüle gebracht, vor allem im letzten Fünftag, dass das heutige Wetter besonders willkommen war. Es war immer noch unbestreitbar warm. Aber das Gewitter, das am Morgen über das Land gezogen war, hatte der elendiglichen Schwüle endlich ein Ende gemacht. Die sanfte Brise, die vom Hafen her wehte, stellte eine willkommene Erleichterung dar.
Es ist gut, endlich wieder einmal aus dem Palast herauszukommen, dachte der Prinz von Corisande. Hinter den Mauern des Palastes wurde man schnell zum Gefangenen. Eingesperrt zu sein war dabei kein Gefühl, dass sich nur auf das Körperliche beschränkte; man schien auch die geistige Beweglichkeit zu verlieren und die Unabhängigkeit des Herzens. Hektor brauchte die frische Luft, das Sonnenlicht und die Wolken, und er musste auch endlich wieder die Bewegungen eines Pferdes unter sich spüren. Seine regelmäßigen Inspektionsritte waren wichtig für die Moral seiner Soldaten und Matrosen, das wusste Hektor. Aber er wusste auch um die Wichtigkeit dieses Ausflugs: Er brauchte das für seine eigene Moral, und er fühlte sich nicht im Mindesten schuldig dabei.
Er warf einen Blick über die Schulter und beobachtete den jungen Burschen, der hinter ihm ritt. Hektor der Jüngere war deutlich weniger begeistert gewesen, den Palast zu verlassen, nachdem er herausgefunden hatte, dass wieder einmal von ihm verlangt wurde, an Bord einer Galeone der Flotte herumzuklettern und immer schön interessiert dreinzublicken. Momentan war er damit beschäftigt, den Gesichtsausdruck ›mürrischer Gehorsam‹ einzuüben. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund schien er die Verpflichtung, sich an der Inspektion der Flotte zu beteiligen, sogar noch mehr als Last zu empfinden als die Ausritte zu den Befestigungsanlagen, vor denen Caylebs Armee auf der landwärtigen Seite der Hauptstadt lag.
Hektor fragte sich, ob das wohl daran liegen könnte, dass sein Sohn sich noch sehr gut an den kurzen, aber sehr prägnanten Vortrag erinnerte, den er sich auf dem blutüberströmten Deck der Galeere Lanze hatte anhören dürfen. Wenn dem so war: Pech! Der Junge musste endlich damit klarkommen! Tatsächlich gab es sogar eine ganze Menge, mit dem er endlich klarkommen sollte!
Der Kronprinz war mürrisch und
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