Caylebs Plan - 6
jetzt anbiete, in Verhandlungen zu treten, habe ich noch eine gute Ausgangsposition; eine bessere werde ich kaum finden. Und«, er lächelte dünn, »wenigstens sind Irys und Daivyn für ihn unerreichbar.«
So sehr Tartarian sich auch bemühte: Sein Gesichtsausdruck verriet ihn doch, und Hektor stieß ein bellendes Lachen aus.
»Ach, ich bin sehr zuversichtlich, dass sie mittlerweile bei Phylyp in Sicherheit sind, Taryl! Entweder das, oder ...« Einen Moment lang wirkte seine Miene sehr angespannt. »Oder sie liegen auf dem Meeresgrund. Und wenn es Captain Harys geschafft hat, nach der Schlacht im Darcos-Sund die Lanze nach Hause zu bringen, wird er auch die Schwinge in die Shwei Bay schaffen. Und ich vertraue ganz darauf, dass Phylyp sie bis nach Delferahk bringt.« Tief holte er Luft und schüttelte sich, als wolle er einen Albtraum vertreiben »Abgesehen davon: Wenn ihr Schiff wirklich aufgebracht worden wäre, dann hätte mir Cayleb mittlerweile darüber berichtet! Das würde er gewiss nicht geheim halten. Schließlich weiß er ganz genau, dass er den Druck auf mich immens erhöhen würde, wenn sich die beiden in seiner Hand befänden.«
Tartarian nickte, und Hektor zuckte mit den Schultern.
»Gehen wir also davon aus«, fuhr der Prinz fort, »dass sie für ihn unerreichbar sind. Bedauerlicherweise gilt das für mich nicht, und das wird sich auch nicht ändern. Das heißt, von jetzt an wird meine eigene Position nur immer schwächer.«
»Das ist zweifellos wahr, Mein Prinz«, pflichtete ihm der Graf mit besorgter Miene bei, »aber das ist Cayleb doch gewiss auch bewusst. Wäre ich an seiner Stelle, dann wäre ich wohl geneigt, jeglichen Vorschlag, in Verhandlungen zu treten, geflissentlich zu ignorieren, bis die Lage der Gegenseite deutlich verzweifelter wäre - so Leid es mir tut, das sagen zu müssen.«
»Diese Möglichkeit besteht immer«, räumte Hektor ein. »Aber es gibt auch noch andere Dinge zu bedenken. Cayleb hasst mich aus tiefster Seele. Na gut, das beruht auf Gegenseitigkeit, und das wird er auch nicht vergessen. Wahrscheinlich wird er sich auch überlegen - und ich muss zugeben, dass er damit ganz und gar Recht hätte -, dass ich ihn zum frühestmöglichen Zeitpunkt verraten würde. Er wird also in der Tat geneigt sein, mich zumindest noch ein wenig länger im eigenen Saft schmoren zu lassen.
Aber er wird auch darüber nachdenken, was geschehen wird, nachdem er diese Schlacht gewonnen hat. Seien wir doch mal ehrlich!«, kurz bleckte Hektor die Zähne. »Auf die eine oder andere Weise wird er gewinnen. Das ist nicht Ihre Schuld, und auch nicht die von Rysel oder Koryn. Wenn es überhaupt einen Schuldigen gibt, dann bin ich das wohl. Der wahre Grund ist, dass uns einfach nie die Zeit geblieben ist, uns an diese kleinen Überraschungen anzupassen, die er uns immer wieder Freude hat zu bereiten.
Andererseits, darauf haben Sie mich selbst aufmerksam gemacht, ist Corisande nicht gerade klein. Ohne Zugriff auf Irys und Daivyn wird Cayleb sich Sorgen darum machen müssen, wie er das Fürstentum nach Kriegsende befrieden will. Und die beste Möglichkeit, die sich ihm bietet, um eine friedliche Kapitulation zu erreichen, wird darin bestehen, im Rahmen ordnungsgemäßer Verhandlungen eine Einigung mit mir zu erzielen.«
»Aber wenn er doch gar nicht damit rechnet, dass Ihr Euch länger als unvermeidbar ... als besiegt anseht, wird er Euch auch nicht mehr Macht zugestehen als unbedingt notwendig«, warf Tartarian ein.
»Richtig, wird er nicht. Tatsächlich wird er sogar darauf bestehen, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um mich handlungsunfähig zu halten«, bekräftigte Hektor grimmig. »Ich meinerseits werde mich den meisten seiner Kapitulationsbedingungen nicht widersetzen können. Das Beste, worauf ich mir derzeit berechtigt Hoffnung machen kann, wäre wohl, dass er mir rein formal den Thron lässt und mir ›Ratgeber‹ zur Seite stellt. Vielleicht läuft es auch auf einen echten Vizekönig mit einer ernst zu nehmenden Garnison heraus. Jedenfalls wird mir jemand bei jeder Entscheidung über die Schulter schauen und jeden Schritt, den ich unternehme, so aufmerksam beobachten wie eine Wyvern ein Kaninchen. Cayleb ist kein Narr, Taryl. Er weiß, dass der Tod seines Vaters auf meinen Befehl hin geschah. Er weiß auch, dass es mir herzlich egal ist, wer ihm, Cayleb, den Kopf abschlägt ... Hauptsache, jemand tut es!« Das Lächeln des Prinzen von Corisande war sehr schmallippig. »Wenn er
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