Caylebs Plan - 6
vielerlei Gründen. Dazu zählt nun einmal, dass ich sämtliche Eide Daivyns Vater geleistet habe, nicht Zhasyn. Und«, setzte er noch unwilliger hinzu, »selbst wenn dem nicht so wäre: Zhoel ist nicht darauf vorbereitet, eine solche Aufgabe zu übernehmen. Er ist dem nicht gewachsen, und das wissen Sie auch, Taryl!«
»Ich weiß nicht, ob unter den gegebenen Umständen irgendjemand dieser Aufgabe gewachsen ist«, gab Tartarian zurück. »Andererseits weiß ich sehr wohl, was Sie meinen«, gestand er dann ein. »Das Gute ist, dass Zhoel, wie ich glaube, dasselbe sagen würde.«
»Ja, das würde er«, stieß Anvil Rock schwerfällig hervor. »Er hat schon immer sein Bestes gegeben. Aber wenn ich schonungslos offen sein darf: Einen guten Baron abzugeben gelingt ihm gerade noch!«
Tartarian nickte. Der derzeitige Baron Wind Hook war erst achtzehn Jahre alt. Er hatte vor drei Jahren das Erbe seines Vaters angetreten - und zugleich die Vormundschaft über seine jüngeren Geschwister übernommen. Seine Eltern waren bei einem Kutschenunfall ums Leben gekommen. Im Gegensatz zu Prinz Hektor dem Jüngeren hatte er sich stets nach Kräften bemüht, die mit seiner hohen Geburt einhergehenden Pflichten zu erfüllen. Dennoch war er nicht reifer und klüger als andere in seinem Alter - wenn überhaupt. Wie Anvil Rock gerade schon erwähnt hatte, gelang es Zhoel, alle Pflichten zu erfüllen, die mit einer Baronie einhergingen, und sei es auch nur, weil er sich hartnäckig und zäh daran abarbeitete. Aber vermutlich wäre er als einfacher Gutsbesitzer glücklicher gewesen. Trüge man die Idee an ihn heran, den Thron von Corisande zu besteigen, würde die Vorstellung allein schon ihn zutiefst erschrecken. Und man würde die Idee an ihn herantragen müssen, weil er selbst gar nicht auf eine Idee wie diese verfiele - was nur betonte, wie gänzlich ungeeignet er als Thronprätendent war.
Zhoel wäre todunglücklich als Thronfolger. Tartarian hätte das nicht geschert, wäre ein Prinz Zhoel auf dem Thron zum Besten von Corisande. Bedauerlicherweise wäre es eben ganz eindeutig nicht zum Besten von Corisande. Alle Fraktionen im politischen Leben Corisandes würden den freundlichen, stets hart arbeitenden, äußerst sympathischen jungen Tor manipulieren wollen, und Zhoel wäre dem hilflos ausgeliefert - mit katastrophalen Folgen für das Fürstentum. Selbst Zhoels jüngerer Bruder Mahrak wäre eine deutlich bessere Wahl, obschon er erst vierzehn Jahre alt war. Doch Mahrak war eben der jüngere Bruder. Zhoel zu Mahraks Gunsten einfach zu übergehen, hieß, den Erbfolgestreit nur anzuheizen, der ohnehin schon ausbrechen würde, sobald man Daivyn zu irgendjemandes Gunsten einfach absetzte.
»Wenn nicht Zhoel, dann muss es doch Daivyn sein«, dachte Tartarian laut nach, »und damit entlässt man dann eine ganz eigene Peitschenechse in die Freiheit.«
»Da sagen Sie was!«, gab Anvil Rock trocken zurück.
»Zhames wird Daivyn aber nicht nach Corisande zurückschicken, nein, völlig ausgeschlossen!«, fuhr Tartarian fort. »Selbst wenn er geneigt wäre, genau das zu tun, müsste er sich doch ernstlich um Daivyns Sicherheit sorgen. Wenn Cayleb das Attentat auf den Prinzen und den jungen Hektor befohlen hat, wird er gewiss nicht zögern, auch Daivyn ermorden zu lassen. Aber selbst wenn Cayleb nicht der Drahtzieher war: Zhames muss doch bewusst sein, wie wertvoll Daivyn mit einem Mal geworden ist - vor allem, da sich Zhames ja schließlich auch mit Cayleb im Krieg befindet!«
»Und sollte es passieren und Zhames genau dieser Aspekt entgehen, wird es Clyntahn und Trynair auf jeden Fall auffallen.« Anvil Rocks Miene wirkte äußerst grimmig.
»Ganz genau!« Tartarian nickte. »Wenn wir also darauf bestehen, Daivyn sei der rechtmäßige neue Prinz von Corisande, müssen wir eine rechtmäßige Regierung in seinem Namen errichten. Und dann gnade uns Gott! Denn, wie Sie vorhin schon selbst so schön sagten, hat Prinz Hektor selig Euch in dem entsprechenden Schreiben als Regenten für den jungen Hektor eingesetzt, nicht für Daivyn. Also müssen wir den Rat dazu bewegen, einen neunjährigen Jungen, der sich noch nicht einmal im Fürstentum aufhält und der vermutlich von jedem einzelnen machthungrigen Politiker in der ganzen Welt als äußerst wertvolles Unterpfand angesehen werden dürfte, zum Prinzen von Corisande zu ernennen und auch noch einen Regenten in seinem Namen zu bestimmen.«
»Na, wunderbar!« Anvil Rock lehnte sich zurück und
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