Caylebs Plan - 6
Absicht, zu Ihrem Wort auch zu stehen - und davon gehe ich, nebenbei bemerkt, fest aus -, dann wären Sie für die Tempelgetreuen in doppelter Hinsicht verdammt.
Ich muss gestehen«, räumte Cayleb ein, »dass ich sehr wohl versucht war, Sie trotzdem um Ihr Ehrenwort zu ersuchen. Damit wäre die innere Stabilität von Corisande weiter geschwächt worden, und das kann meinen eigenen Zielen nur zuträglich sein. Aber nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, einen ehrenvollen Feind in dieser Art auszunutzen entspreche einfach nicht der Art und Weise, in der ich handeln möchte. Angesichts der Exkommunizierung bleibt mir daher nichts anderes übrig, Sie und Ihre Männer, sofern Sie kapitulieren, alle in die Gegend von Dairos zurückzubringen und dort ein Gefangenenlager aufzubauen. In diesem Falle würde man es Ihnen gestatten, sämtliche Zelte Ihrer Armee zu behalten, ebenso alles an Kochgeschirr und ähnlichen Gerätschaften. Sie bekämen selbstverständlich alles zur Verfügung gestellt, was Sie benötigen, seien es Lebensmittel oder Arzneien. Sobald die Kampfhandlungen und Feindseligkeiten zwischen unseren beiden Ländern eingestellt sind, wäre dann die förmliche Freilassung sämtlicher Ihrer Männer, Sie selbst eingeschlossen, gewiss Bestandteil zuvor getroffenen Waffenstillstandsvereinbarungen.«
Lange Zeit blickte Gahrvai ihn nur nachdenklich an. Cayleb erwiderte den Blick gelassen. Er wusste nicht genau, was Gahrvai in seinen Augen zu lesen imstande war. Dennoch wartete er geduldig ab. Schließlich sah er, wie die Nasenflügel des Corisandianers bebten.
»Ich verstehe Eure Besorgnis und auch die Gründe, die Euch zu dieser Entscheidung bewegen, Euer Majestät«, sagte er. »Um ehrlich zu sein: Dieser Gedanke war mir noch nicht gekommen. Ich habe durchaus, ganz ähnlich wie Ihr, gewisse ... Zweifel an der Rechtmäßigkeit Eurer Exkommunizierung. Aber Ihr habt zweifellos Recht mit Euren Vermutungen, was geschehen würde, wenn ich Euch mein Ehrenwort anböte. Unter diesen Umständen sind Eure Bedingungen äußerst großzügig - sogar deutlich großzügiger, als ich erwartet hatte. Ich werde nicht so tun, als falle mir diese Entscheidung leicht. Aber ich habe keine andere Wahl, als Eure Bedingungen anzunehmen ... und Euch für Eure Großzügigkeit zu danken.«
.VIII.
Königlicher Palast, Manchyr,
Corisande-Bund
Es war bemerkenswert still im Ratssaal.
Prinz Hektor saß am Kopfende des Tisches. Graf Tartarian hatte den Platz am Fußende eingenommen und saß ihm gegenüber. Graf Anvil Rock und Sir Lyndahr Raimynd, die zusätzlich zu ihren eigenen Pflichten auch noch die Aufgaben des Grafen Coris übernommen hatten, hatten rechts und links vom Prinzen Platz genommen. Sonst war niemand anwesend. Die Gesichter der Ratgeber des Prinzen hätten aus Stein gemeißelt sein können.
Hektors eigene Miene war ebenfalls wie versteinert. Vor weniger als einer Stunde war die Meldung aus dem Talbor-Pass eingetroffen. Dass jeder gewusst hatte, wie unausweichlich diese Entwicklung gewesen war, machte das Ganze keinen Deut besser. Vor allem Anvil Rocks Gesicht war aschfahl. Es war seine Armee gewesen, die dort geschlagen worden war ... und es war sein eigener Sohn, der die Kapitulation ausgesprochen hatte.
»Mein Prinz, ich bitte um Vergebung«, ergriff der Graf schließlich das Wort.
»Es gibt nichts, wofür Sie würden um Vergebung bitten müssen, Rysel«, gab Hektor zurück. »Koryn hat genau das getan, was wir ihm auch aufgetragen hatten. Es ist nicht seine Schuld, dass die Charisianer über bessere Waffen verfügen und uneingeschränkt über das Meer herrschen.«
»Aber er hat trotzdem ...«
»Hatten Sie mir nicht seinerzeit empfohlen, Barcor das Kommando zu entziehen, oder irre ich mich?«, fiel ihm Hektor ins Wort. Kurz blickte Anvil Rock seinen Fürsten an. Dann nickte er, und der Prinz zuckte mit den Schultern. »Ich hätte auf Ihren Rat hören sollen. So wichtig der Mann politisch gesehen auch gewesen sein mag, als Offizier war er ganz offenkundig eine Katastrophe. Sie, Rysel, haben das gewusst, Koryn hat das gewusst, und ich habe es auch gewusst. Aber statt zuzulassen, dass Koryn ihn ersetzen lässt, habe ich ihm gesagt, er solle für diesen Idioten eine Aufgabe finden, die wichtig scheine, aber bei der er nichts falsch machen könne. Solche Befehle vorausgesetzt, hätte ich an Koryns Stelle unter den gegebenen Umständen exakt dasselbe getan. In der Nachhut schien Barcor gut aufgehoben,
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