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Caylebs Plan - 6

Titel: Caylebs Plan - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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erfahren hatte, Caylebs Truppen seien an Land gegangen. Der Baron hatte mehr als vier Stunden gebraucht, seine Truppen in Marsch zu setzen. Danach hatte er sich in einem Schneckentempo fortbewegt, als leide er unter furchtbarem Rheuma. Ein Großteil der hinteren Truppenteile hatte sich immer noch am westlichen Ende des Passes befunden, als die geschlagenen Überreste von Windshares Kavallerie sich dorthin geflüchtet hatten.
    Selbst zu diesem Zeitpunkt hätte Barcor noch genügend Zeit gehabt, den Pass zu räumen. Dann wären die nächsten corisandianischen Einheiten aus dem engen Talbor heraus gewesen. Es hätten dort nicht alle Truppen festgesessen wie Wasser hinter einem Pfropfen in einem Flaschenhals. Doch nein, der Baron war in Panik geraten! Die übertriebenen Berichte über die Kampfstärke der Charisianer, die die geschlagenen Kavalleristen verbreiteten, als sie sich zu ihm retteten, hatten ihn den Kopf verlieren lassen. Auf eigene Faust widerrief Barcor den Befehl zum Vorrücken. Stattdessen wies er seine Männer an, sich an Ort und Stelle zu verschanzen. Gahrvai gelang zwar, Barcors Nachhut zu erreichen, um dessen Befehl persönlich zu widerrufen. Aber da waren die Charisianer schon mit beachtlicher Truppenstärke bis zum Pass vorgerückt. Der Versuch, sich aus der Falle freizukämpfen, hatte in einem Blutbad geendet. Dreitausend Mann hatte Gahrvai verloren: gefallen, verwundet, in Gefangenschaft geraten. Zusammen mit den Verlusten, die Windshares Kavallerie hatte hinnehmen müssen, ergab das mehr als sechstausend Mann Verlust - und am Ende befand sich die corisandianische Armee mehr als anderthalb Meilen weiter östlich: Gahrvai und seine Männer waren noch tiefer in den Pass hineingetrieben worden.
    Das war vor zweieinhalb Fünftagen gewesen. Im Laufe der letzten zwölf Tage hatte Gahrvai fünf Versuche unternommen, sich freizukämpfen - und die Verluste hatten sich dabei mehr als verdoppelt. Gahrvai war sich recht sicher gewesen, dass jeder dieser Versuche von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen war. Jeder einzelne Mann im Pass wusste das. Trotzdem reagierten die Männer auf Gahrvais Befehle mit unerschütterlichem Mut und der Bereitschaft, es trotzdem zu versuchen. Gahrvai begann sich ernstlich dafür zu schämen, solche Befehle auszugeben.
    Nur hast du ja wohl kaum eine andere Wahl, mein lieber Koryn! Du bist vom Nachschub abgeschnitten, also kannst du nicht einfach hier bleiben. Du kannst auch nicht einfach abwarten. Schließlich habt ihr schon die ersten Pferde und Drachen schlachten müssen, um überhaupt etwas zu beißen zu haben. Und selbst auf halber Ration werden die Vorräte innerhalb von Tagen zur Neige gehen, nicht erst innerhalb von Fünftagen. Du kannst dir hier den Weg freikämpfen, du kannst verhungern - oder du kannst kapitulieren!
    Vor diesem letzten Wort schrak sein Verstand regelrecht zurück. Dennoch musste Gahrvai sich auch mit dieser Möglichkeit befassen. Selbst wenn Corisande über eine weitere Armee verfügt hätte, wäre es auch diesen Truppen gänzlich unmöglich gewesen, zum Entsatz die feindlichen Linien zu durchbrechen: Es wäre ihnen nicht gelungen. Nicht bei der charisianischen Waffenüberlegenheit. Und nicht, so musste Gahrvai sich unwillig eingestehen, im Kampf gegen charisianische Befehlshaber.
    Zu essen gab es kaum noch, und den Heilern gingen allmählich Verbände und Arzneien aus. Schmerzmittel hatten sie fast überhaupt nicht mehr. Es war, wie es war: Seine Männer starben und litten hier für nichts und wieder nichts. Denn trotz all dem Leiden und Sterben gelang der corisandianischen Armee hier nicht das Geringste ... außer vielleicht noch die Charisianer dazu zu bringen, ihre Munition zu verschwenden, indem Chisholmianer sich immer weiter von ihnen erschießen ließen.
    Gahrvai ballte die Fäuste. Dann holte er tief Luft. Er hatte eine Entscheidung getroffen.
 
    »General Gahrvai«, sagte Cayleb Ahrmahk ruhig, als der corisandianische Kommandeur in sein Zelt geführt wurde.
    »Euer Majestät.«
    Cayleb stand da, Merlin an seiner Seite, und schaute zu, wie Gahrvai sich aus der respektvollen Verneigung wieder aufrichtete. Es entging dem Kaiser nicht, dass der Corisandianer sich redlich Mühe gegeben hatte, einen guten Eindruck zu machen: Er war frisch rasiert, seine Kleidung war sauber und frisch gebügelt. Sein Blick hingegen wirkte sehr angespannt, sein Gesicht beinahe schon ausgemergelt, und die makellose Uniform saß nicht, sondern hing schlaff an ihm

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