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Caylebs Plan - 6

Titel: Caylebs Plan - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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vermutlich schlimm genug, um die Überlebenden dauerhaft gegen mein Haus aufzubringen - vor allem, wenn die Leute erst einmal begreifen, dass ich die ganze Zeit über gewusst habe, wie schlimm die Lage wirklich ist. Und ich werde auch nicht vorschlagen, wie eine aufgescheuchte Heckenechse durch die Gegend zu rennen und ein Versteck zu suchen, während Cayleb rings um mich das Unterholz absucht. Wenn ich verloren habe, will ich meinem Schicksal aufrecht entgegentreten und mich nicht am Nacken aus dem Schrank schleifen lassen, in dem ich mich versteckt habe!«
    Wieder breitete sich Schweigen über den Tisch. Dieses Mal war es Anvil Rock, der es schließlich brach.
    »Es widerstrebt mir zutiefst, das so sagen zu müssen, Mein Prinz, aber ich fürchte, Ihr habt Recht. Zweifellos ist es schlicht nutzlos, sich dem Feind mit veralteten Waffen entgegenzustellen. Und nachdem ich nun weiß, wie Cayleb seine Gefangenen behandelt, muss ich sagen, dass er mir nicht wie jemand erscheint, der nur blindwütig auf Rache sinnt. Ich zweifle nicht daran, dass er Euch am liebsten tot wüsste. Wie sollte das anders sein angesichts der ... öhm ... Feindseligkeiten zwischen Eurem Haus und dem seinen und all dem Blut, das bereits vergossen wurde. Aber er hat die Wahl: Er kann Euren Kopf verlangen und Truppen zusammenstellen, um danach Corisande auch dann noch halten zu können, wenn sich Eure Untertanen gegen ihn auflehnen - was ich durchaus für wahrscheinlich halte. Oder er kann darauf verzichten, Euch exekutieren zu lassen.«
    »Das sehe ich genauso«, pflichtete Hektor ihm bei. »Und glauben Sie bloß nicht, mich machte diese Aussicht etwas anderes als wütend.« Das letzte Wort stieß er so rau aus, als hinge es an einem Dutzend Angelhaken. »Andererseits würde ich mir gern so viel Handlungsspielraum bewahren wie möglich. Zumindest, bis wir Irys und Daivyn sicher aus Corisande herausgebracht wissen.«
    Seinem Gesicht war die Anspannung deutlich anzusehen. Sein Blick, sein zusammengekniffener Mund verrieten die Sorge eines Vaters, der zwei seiner Kinder geradewegs in die Gefahr geschickt hatte, um sie vor einer noch größeren Gefahr zu bewahren. Doch dann schüttelte er sich kurz.
    »Ich habe nicht die Absicht, Cayleb schon bald meine Kapitulation anzubieten«, erklärte er seinen drei Ratgebern. »Wie ich schon sagte: Eine Chance mag es immer noch geben, so klein sie auch sein mag. Und so gnädig Cayleb sich auch wähnen mag, ich kann immer noch darauf hoffen, ein Tempelgetreuer aus seinem eigenen Land erwischt ihn irgendwann mitten in der Nacht mit einem Messer!«

.IX.
 
Kaiser Caylebs Zelt, Herzogtum Manchyr,
Corisande-Bund
 
    »Muss ich davon ausgehen, Colonel«, fragte Kaiser Cayleb kühl, »dass Sie meine Absichten missverstanden haben?«
    Colonel Bahrtol Rohzhyr stand in dem Zelt, das Cayleb als Kommandostand diente, und blickte seinen offenkundig erbosten Kaiser an. Der Colonel wirkte, als wünsche er sich von Herzen, jetzt irgendwo anders zu sein. Rohzhyr war Ressortoffizier für Verpflegungs- und Versorgungsfragen und damit effektiv der Quartiermeister von Caylebs Armee. Im Großen und Ganzen hatte er bislang ausgezeichnete Arbeit geleistet, nicht zuletzt dank der Unterstützung durch die Charisian Navy, die in der Lage war, große Mengen Versorgungsgüter auf dem Seeweg herbeizuschaffen. Doch im Moment rechnete er ganz offensichtlich nicht damit, seine bisherigen Leistungen könnten für Cayleb von allzu großer Bedeutung sein.
    »Nein, Euer Majestät«, erwiderte er.
    »Würden Sie mir dann vielleicht erklären, warum meine Anweisungen nicht befolgt wurden?«
    Caylebs Stimme klang nun noch kälter, und Rohzhyr versuchte unauffällig zu schlucken. Dann straffte er die Schultern und blickte seinem Kaiser geradewegs in die Augen.
    »Euer Majestät, die glauben uns nicht!«
    »Wer glaubt uns nicht? Die Unteroffiziere Ihrer Versorgungseinheit?«
    »Nein, Euer Majestät - die Corisandianer. Die Corisandianer glauben nicht, dass Ihr das ernst meint.«
    Cayleb hob die Augenbrauen. Merlin musste sich sehr zusammennehmen, nicht leise in sich hineinzulachen. Aber Rohzhyrs Gesichtsausdruck reizte dazu. Wie er seinen Kaiser anblickte: gleichermaßen flehentlich wie verwirrt und rechtschaffen empört!
    Im Gegensatz zu den meisten Versorgungsoffizieren auf Safehold war Rohzhyr tatsächlich eine ehrliche Haut. Traditionsgemäß nahmen die meisten Offiziere der Versorgungskompanien einen Abschlag von zehn Prozent auf alle Güter und

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