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Caylebs Plan - 6

Titel: Caylebs Plan - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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ihren Gesichtsausdruck.
    Sie sieht schrecklich aus, dachte er. Das Haar hatte sich aus der kunstvollen Frisur gelöst und hing in wilden Strähnen herab. Ihr Gesicht war verschmiert von Blut und Pulverdampf, und ihre Augen waren dunkel angesichts des Wissens, wie viele Männer - Männer, die sie gekannt und geschätzt hatte - dabei gestorben waren, sie zu beschützen. Doch trotz allem war in ihrem Blick auch der vertraute, wache Verstand zu erkennen. Trotz des Schocks, der Trauer, des Verlustes dachte sie immer noch angestrengt und klar nach, ging Probleme geradewegs an, statt sich in mutlose Betäubung oder schiere Leugnung zu flüchten. Ihr Verstand beschäftigte sich gerade mit der Unmöglichkeit seines Hierseins und ob sie sich damit abfinden könnte.
    Mein Gott, dachte er. Mein Gott, hat Cayleb mit Euch Glück gehabt, Lady!
    »Wie ...« Sharleyan stockte und räusperte sich. »Wie könnt Ihr jetzt hier sein, Merlin?« Sie schüttelte den Kopf. »Nicht einmal ein Seijin kann an zwei Orten gleichzeitig sein!«
    »Nein, Eure Majestät. Das kann er tatsächlich nicht.« Merlin deutete eine Verneigung an, blieb immer noch weit genug von ihr entfernt, um Seahamper nicht zu einer instinktiven Schutzreaktion zu bewegen, und holte tief Luft. »Vor zwei Stunden war ich noch in meinem Zelt in Corisande«, erklärte er der jungen Kaiserin.
    »Vor zwei Stunden?« Sharleyan starrte ihn an, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, das ist nicht möglich«, widersprach sie rundweg.
    »Doch, das ist es«, gab er in verständnisvollem Tonfall zurück. »Doch, durchaus, Eure Majestät! Es erfordert nur einige Dinge, von denen Ihr nichts wissen konntet ... bisher.«
    »Bisher?« Sie stürzte sich auf diesen Zusatz wie eine Katzenechse auf eine Fastratte, und Merlin nickte.
    »Cayleb, Majestät, weiß nicht, dass ich hier bin. Es war nicht mehr genug Zeit, ihn davon zu unterrichten, nicht, wenn ich rechtzeitig genug hier sein wollte, um noch etwas auszurichten. Ich bin auch so schon beinahe zu spät gekommen. Versteht, Eure Majestät: Es gibt Geheimnisse, die nicht einmal Cayleb mit anderen teilen darf - nicht einmal mit Euch, so sehr er sich das auch wünscht, schon seit Ihr in Tellesberg eingetroffen seid. Wie ich hierhergekommen bin, woher ich wusste, dass Ihr in Gefahr seid, gehört zu diesen Geheimnissen. Doch trotz all der guten Gründe, deretwegen er Euch nichts erzählen durfte, musste ich eigenmächtig entscheiden, ob ich es riskieren dürfe, dass Ihr davon erfahrt, oder tatenlos dazu verdammt sein sollte, zuzusehen, wie Ihr ermordet werdet. Das konnte ich nicht zulassen. Also habe ich nun keine andere Wahl, als Euch zumindest einen Teil der Wahrheit zu verraten.«
    »Eure Majestät ...«, setzte Seahamper an.
    »Warten Sie, Edwyrd!« Sanft legte sie ihm die Hand auf die gepanzerte Schulter. »Warten Sie!«, wiederholte sie dann und durchbohrte Merlin fast mit ihrem Blick.
    »Kein Sterblicher hätte schaffen können, was Ihr getan habt, Seijin Merlin«, sagte sie nach kurzem Schweigen. »Dass Ihr auf so ... wundersame Weise hier erschienen seid, um mein Leben zu retten - und das Edwyrds -, bringt mich dazu, nichts anderes zu empfinden als Dankbarkeit für Gottes wundersames«, bewusst benutzte sie das Wort ein zweites Mal, »Eingreifen. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten, dies zu erklären.«
    »Ja, Eure Majestät, so ist es. Und genau deswegen werden die Geheimnisse, von denen ich gesprochen habe, auch so sorgfältig gehütet. Die Feinde von Charis - Eure Feinde - würden augenblicklich verkünden, meine Fähigkeiten müssten dämonischen Ursprungs sein, und diese Anklage dann dazu nutzen, alles in den Schmutz zu ziehen, was Ihr und Cayleb zu erreichen hofft.«
    »Aber Ihr werdet mir jetzt sagen, dass sie damit Unrecht hätten, nicht wahr?«
    »Ganz genau. Andererseits ist mir durchaus bewusst, dass ich, wäre ich ein Dämon, Euch auch versichern würde, ich sei keiner. Vor der Schlacht im Darcos-Sund habe ich mit Cayleb genau das gleiche Gespräch geführt. Nur dass er mich damals schon seit mehr als einem Jahr gekannt hat. Für Euch gilt das nicht. Das wird es für Euch nur noch schwerer machen, die Erklärungen, die ich Euch geben kann, zu glauben und hinzunehmen. Aber ich flehe Euch an, es wenigstens zu versuchen!«
    »Seijin Merlin«, gab sie zurück, und ihre Lippen verzogen sich zum Anflug eines schiefen Grinsens, »was auch immer Ihr sein mögt: Ohne Euer Eingreifen wäre ich jetzt nicht mehr am Leben, um dieses

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