Celaenas Geschichte 02 - Throne of Glass
bestanden, dass sie zu dem Fest ging – und sei es nur, weil er selbst teilnehmen wollte. Der alte Mann tanzte in einem Rhythmus, den Celaena nicht hören oder nachvollziehen konnte, und sah eher aus wie ein lieber, tollpatschiger Opa als wie der Meister einiger der größten Assassinen der Welt.
Unwillkürlich musste Celaena an Arobynn mit seiner aufgesetzten Eleganz und seiner unterschwelligen Aggression denken, der nur mit einer Handvoll Auserwählter tanzte und dessen Lächeln scharf wie eine Rasierklinge war.
Mikhail hatte Ansel zu den Tanzenden gezogen, wo sie sich lächelnd wiegte und drehte und von Partner zu Partner wirbelte – nun folgten alle demselben stummen Rhythmus. Obwohl Ansel entsetzliche Dinge erlebt hatte, konnte sie doch auch unbeschwert und leidenschaftlich lebendig sein. Mikhail fing sie in seinen Armen auf und ließ sie tief nach hinten sinken, sodass Ansel ganz große Augen bekam.
Mikhail mochte Ansel wirklich – das war ganz offensichtlich. Er fand stets einen Vorwand, sie zu berühren, lächelte ihr immer zu und sah sie an, als wäre sie die einzige Person im Raum.
Celaena schwenkte den Wein in ihrem Glas. Um ehrlich zu sein, hatte sie manchmal das Gefühl, Sam sähe sie auch so an. Aber dannsagte er immer irgendetwas Absurdes oder versuchte ihre Position zu untergraben, sodass sie sich dafür tadelte, überhaupt so etwas gedacht zu haben.
Sie verspürte einen Druck in der Magengegend. Was mochte Arobynn in jener Nacht mit ihm gemacht haben? Sie hätte sich nach Sam erkundigen sollen. Aber in den folgenden Tagen war sie so beschäftigt und so hinter ihrer Wut verschanzt gewesen … Genau genommen hatte sie Angst davor gehabt, nach ihm zu sehen. Denn wenn Arobynn Sam genauso zugerichtet hatte wie sie – wenn er Sam schlimmer zugerichtet hatte als sie …
Celaena trank ihren Wein aus. In den zwei Tagen nach der Tracht Prügel hatte sie sich mit einem Großteil ihrer Ersparnisse eine eigene Bleibe zugelegt, weit entfernt vom Unterschlupf der Assassinen und gut getarnt. Sie hatte niemandem davon erzählt – auch aus Sorge, sie könnte es sich während ihrer Abwesenheit anders überlegen –, aber mit jedem Tag hier und mit jeder Lektion bei diesem freundlichen, sanften Meister festigte sich ihr Entschluss, Arobynn zu sagen, dass sie ausziehen würde. Im Grunde ging es ihr vor allem darum zu sehen, was für ein Gesicht er machen würde. Natürlich schuldete sie ihm immer noch Geld – er hatte schon dafür gesorgt, dass ihre Schulden sie noch eine Weile bei ihm halten würden –, aber es gab keine Regel, die besagte, dass sie bei ihm wohnen musste. Und falls er je wieder Hand an sie legte …
Falls Arobynn je wieder Hand an sie oder Sam legte, würde sie dafür sorgen, dass er diese Hand verlor. Oder noch besser, sie würde dafür sorgen, dass er den ganzen Unterarm verlor.
Als jemand sie an der Schulter berührte, sah sie von ihrem leeren Weinbecher auf. Neben ihr stand Ilias. Sie hatte ihn in den letzten Tagen nur bei den Mahlzeiten gesehen, wo er sie nach wie vor beobachtete und sie immer wieder so schön anlächelte. Er streckte ihr die Hand entgegen.
Augenblicklich schoss Celaena Röte ins Gesicht. Sie schüttelte den Kopf und versuchte ihm so gut wie möglich zu vermitteln, dass sie diese Tänze nicht kannte.
Achselzuckend strahlte er sie weiter an, seine Hand blieb ausgestreckt.
Celaena biss sich auf die Lippe und starrte demonstrativ auf seine Füße. Ilias zuckte wieder mit den Schultern, als wollte er sagen, dass seine Zehen einiges aushalten konnten.
Celaena sah zu Mikhail und Ansel, die sich wild in einem Rhythmus drehten, den nur sie beide hören konnten. Ilias hob die Augenbrauen. Genieß das Leben, Sardothien!, hatte Ansel an dem Tag gesagt, als sie die Pferde gestohlen hatten. Warum sollte sie heute Abend das Leben nicht auch ein bisschen genießen?
Mit einem übertriebenen Achselzucken ergriff sie Ilias’ Hand und warf ihm ein schiefes Lächeln zu. Ein, zwei Tänze kann ich vielleicht schon riskieren, wollte sie sagen.
Obwohl es keine Musik gab, führte Ilias sie mühelos und mit sicheren, stetigen Bewegungen durch die Tänze. Sie konnte kaum den Blick von ihm lösen – nicht nur von seinem Gesicht, sondern auch von der Zufriedenheit, die er ausstrahlte. Und er erwiderte ihren Blick so intensiv, dass sie sich fragen musste, ob er sie in all diesen Wochen vielleicht doch nicht nur beobachtet hatte, um seinen Vater zu schützen.
Sie tanzten bis weit nach
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