Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
Saxum ausgewählten Ziel und wieder zurück. Nicht selten mussten sie dabei auf freiem Feld übernachten.
Die Arbeiter auf den Feldern unterbrachen ihre Arbeit, wenn sie vorbeizogen, und sahen ihnen erstaunt nach. Es war ein allzu ungewöhnliches Bild: ein junger Mann mit Schild, der vorneweg zog, und ein alter Mann, Wein trinkend und singend, der auf einem Maultier hinterherschaukelte. Die Reisenden, denen sie unterwegs begegneten, warfen ihnen misstrauische Blicke zu. Lucius biss die Zähne zusammen und versuchte, nicht darüber nachzudenken, was sie von ihm dachten.
Ab und zu erhielt er Briefe aus Arausio von seinen Freunden, die ihm vom neuesten Stadtklatsch berichteten. Am meisten freute Lucius sich aber wie immer über den Brief, den ihm Marcus aus Rom schickte:
Grüße von Marcus Cornelius Plautus an Lucius Justinius Marcellus, der sich jetzt als Erwachsener bezeichnen darf!
Ich beglückwünsche dich dazu, dass du jetzt die Toga der Männer tragen darfst. Hoffentlich hat der alte Schleifer dich richtig feiern lassen. Sofern das bei euch in der Provinz überhaupt möglich ist. Bevor du dich jetzt unnötig aufregst: Feiern kann man in der Provinz, aber RICHTIG feiern kann man nur in Rom. Hier war an den Liberalien so viel los wie an den Saturnalien bei euch. Und was an den Saturnalien los ist? Das willst du gar nicht wissen, sonst wirst du nur grün vor Neid. Glaube mir, Bruder, hier in Rom versteht man es, zu feiern. Ich habe einen Denar gewonnen. Wir haben im Vorfeld der Saturnalien Wetten abgeschlossen, ob es so wild zugehen würde wie in den vergangenen Jahren, oder ob die neue Sitten-Gesetzgebung Erfolg haben würde. Ich hatte recht. Die Römer lassen sich in ihren Festen und Feiern nicht beeindrucken
.
Nächstes Jahr steht uns noch eine besondere Feier bevor, denn es beginnt ein neues Saeculum. Die Ponitifices und Auguren haben die Zeichen und die heiligen Bücher befragt und entschieden, dass nächstes Jahr das richtige Jahr ist. Was gibt es noch zu berichten? Ach ja, es gibt keine Senatoren mehr. Sehe ich dich beim Lesen auffahren? Was, wer, wann, wieso? Nachdem vor vier Jahren die Zensoren ein klägliches Bild abgaben, hat man letztes Jahr Augustus gebeten, Zensor zu werden, aber er hat abgelehnt. Dieses Jahr hat man ihn wieder bedrängt und er hat zugestimmt. Bestimmt widerstrebend, der alte Schauspieler. Unter den Hinterbänklern gab es einige Unruhe, denn es ist ein offenes Geheimnis, dass Augustus achthundert Senatoren als zu viel erachtet, und man war gespannt, wen er aus dem Senat werfen würde. Ergebnis: alle. Er hat alle rausgeworfen und ein furchtbar kompliziertes Verfahren ins Leben gerufen, um die Senatoren wieder zuzulassen. Eine Kommission von dreißig Männern soll Vorschläge machen, aber keiner darf sich oder einen Verwandten vorschlagen. So sollen nur die besten wieder aufgenommen werden. Wie naiv, natürlich wird viel Geld hin und her fließen für die Aufnahme in die Kommission. Ich halte dich auf dem Laufenden
.
Vale
Marcus
Lucius marschierte mit der Sarcina auf der Schulter über die befestigte Straße. Die Sonne hatte den Boden verbrannt. Da es seit Tagen nicht geregnet hatte, war die Luft voller Staub. Saxum ritt gleichmütig auf seinem Maultier hinter ihm her. Ihm schien der Staub nichts auszumachen. Lucius staunte wieder einmal, wie der alte Veteran es schaffte, mit einer Hand das Maultier zu lenken und sich zwischendurch am Weinschlauch gütlich zu tun.
„Oh, oh!“, bemerkte der plötzlich. „Das sieht nach Ärger aus!“
Auch Lucius hatte die Kutsche vor ihnen gesehen. „Warum Ärger?“, fragte er durch zusammengebissene Zähne, um keinen Staub zu schlucken.
„Ich wette einen Jahressold gegen einen räudigen Hund, dass da vor uns eine Amtsperson reist. So was sehe ich auf den ersten Blick.“ Er musterte Lucius’ Gesicht. „Gut, mit dem Dreck im Gesicht erkennt dich niemand!“
Lucius besah sich die Begleitung der Kutsche genauer. Saxum hatte recht. Die Männer erinnerten ihn an den Trupp, mit dem Gaius das erste Mal zur Amtsausübung losgezogen war. Zehn Männer in roten Tunicen, bewaffnet mit Knüppeln. Zwei, drei Jungen, die gerade die Toga der Männer angelegt hatten und jetzt erste Erfahrungen im öffentlichen Leben machen sollten. Schreiber, Feldmesser und wen ein Quatrovir auf seinen Inspektionen sonst noch benötigte. Er musste lachen. Was wäre, wenn Gaius in der Kutsche saß? Aber er wusste, dass das nicht möglich war, da Gaius nach Osten
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