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Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Pollmann
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Sarcina auf. Für die Übungsläufe befanden sich in dem Bündel nur Steine. Alle drei Tage musste Lucius das Lauftraining mit voller Ausrüstung, also zusätzlich mit Schild, Schwert und Helm, absolvieren.
    Lucius keuchte und war vollkommen außer Atem. Mit jeder Runde kam ihm der Hügel steiler vor. Der April war in diesem Jahr ungewöhnlich heiß. Es war verrückt: Noch vor sechs Wochen hatte er den Regen verflucht, jetzt wünschte er ihn zurück. Er machte kurz Halt, um abzuschätzen, wie lange er noch zur Kuppe des Hügels brauchen würde. Er seufzte und kletterte weiter bergauf. Oben angekommen, gönnte er sich keine Pause, sondern machte sich direkt an den Abstieg.
    Unten am Fuße des Hügels saß Saxum auf einem Felsen, genoss die Sonne und wartete, während Lucius seine Runden drehte.
    Als Lucius schweißgebadet bei ihm ankam, warf Saxum ihm einen Schlauch zu. Lucius trank gierig die Posca. Der Geschmack war ihm mittlerweile egal. Hauptsache, sie stillte den Durst.
    „Noch eine Runde“, rief Saxum fröhlich und nippte genüsslich an seinem eigenen Schlauch. Er selbst trank natürlich keine Posca, sondern gönnte sich einen halbwegs vernünftigen Wein. Lucius trank noch einen großen Schluck und warf den Schlauch zurück, ehe er sich an seine letzte Runde machte.
    Nachdem sie sich auf diese Art und Weise „ein bisschen aufgewärmt“ hatten, wie Saxum es nannte, würden sie nachmittags „ein bisschen mit den Waffen spielen“. Zuerst sollte Lucius seine Arme lockern und mit den leichten Wurfspeeren trainieren, so hatte ihm Saxum den Trainingsplan erläutert. Danach stünde das Werfen mit dem schweren Pilum auf dem Programm.
    Dies stellte sich als wahre Tortur heraus. Nach den ersten Trainingseinheiten hatte Lucius das Gefühl, dass seine Arme abfallen würden.
    „Memme!“, kommentierte Saxum lakonisch Lucius’ Stöhnen.
    Das Schwertkampftraining mit Pertinax, der einige Tage nach Lucius auf dem Hof eingetroffen war, durfte jedoch auch keinesfalls vernachlässigt werden. Pertinax ließ keine Ausflüchte zu und trieb Lucius selbst dann gnadenlos an, wenn der eigentlich schon glaubte, keinen Finger mehr heben zu können. So war Lucius’ Zeit komplett ausgefüllt. Abends war er meist zu erschlagen und zu müde, um sofort einzuschlafen. Eigentlich mache ich gute Fortschritte, lobte sich Lucius selbst. Ich hätte mal eine kleine Belohnung verdient, dachte er bei sich. Ein paar Tage in Arausio mit Wein und Mädchen wären jetzt genau das Richtige!
    Saxum wies am nächsten Morgen dieses Ansinnen entrüstet zurück: „Das Training scheint dich nicht genug zu fordern, wenn du Zeit für Müßiggang und Flausen hast. Der Sieg liebt die Sorgfalt, also werden wir ab sofort dein Training verschärfen!“
    VERSCHÄRFEN?! Lucius glaubte, sich verhört zu haben. „Was soll … willst … was meinst du?“, stammelte er erschrocken.
    „Der Sommer steht bevor und wir werden ein paar Marschausflüge in die Umgebung unternehmen!“, erläuterte der alte Legionär.
    Lucius war nicht mehr erschrocken, sondern entsetzt. Er, der Sohn des Gnaeus Justinius Marcellus, sollte mit Legionärsgepäck beladen durch die Gegend marschieren, in der ihn alle Nachbarn kannten und die Kinder mit dem Finger auf ihn zeigen würden? Niemals.
    „Du tust das, was ich dir sage! Ist das klar?“, fragte Saxum schneidend und fügte mit lauerndem Gesichtsausdruck hinzu: „Du kannst das natürlich auch mit deinem Alten diskutieren!“ Lucius zog es vor, zu schweigen.
    „Wer soll dich schon erkennen – und wenn doch, wen interessiert das schon?“
    „Mich!“, fauchte Lucius. „Es geht um meine
dignitas
, es geht um mein Ansehen! Ich kann mich doch nicht wie ein Landstreicher oder ein Verrückter aufführen!“
    „Du redest eine Scheiße!“, lachte Saxum spöttisch. „Auf einem Feldzug laufen alle dreckig, stinkend und unrasiert herum. Vom kleinsten Maulttiertreiber bis zum Feldherrn. Scheiß auf die hochgelobte
dignitas
! Wen interessiert’s? Keine Sau, glaub mir. Das Training soll helfen, dich auf die Strapazen vorzubereiten. Dadurch steigen deine Überlebenschancen. Was kümmert es dich also, was die Leute auf dem Feld von dir denken?“ Er machte eine kunstvolle Pause. „Und jetzt nimm deinen Kram und marschiere los!“, bellte er, so scharf und plötzlich, dass Lucius zusammenzuckte und widerstandslos sein Bündel schulterte.
    Damit begannen die langen Märsche. Sie marschierten einmal rund um das Grundstück oder bis zu einem von

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