Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
unbedingt Sympathien einbrachte. Doch die positiven Auswirkungen waren schon erkennbar.
Canidius würde seine Schwierigkeiten haben, Valens von der Zweckmäßigkeit des neuen Befehls zu überzeugen, mochte dieser Befehl auch von ganz oben kommen.
Canidius war sich dessen bewusst. Seine Augen flackerten unruhig, während er von einem zum anderen sah und versuchte, die Stimmung zu ergründen. Vor einer Woche hatte er ihnen eröffnet, was bevorstand: „Es gibt ein Gebot des Augustus, wonach Söhne von Rittern und Söhne ehemaliger Primipili direkt und ohne zuvor gedient zu haben als Centurionen in die Legion eintreten können!“ Was für eine Empörung diese Anordnung auslöste! Wenn er ihnen mitgeteilt hätte, dass sie alle an ein Bordell verkauft worden seien, hätte die Empörung nicht größer sein können. Zwei Stunden lang tobten und fluchten die
primi ordines
, sie beschworen Jupiter Optimus und Jupiter Stator, Mars und Quirinius, schworen heilige Eide, lieber zu sterben als so eine Schweinerei mitzumachen. Canidius war nicht mehr Herr der Situation. Einzig Titus Valens hatte sich im Griff. Er war genauso entrüstet und wütend wie die anderen, doch ein Mann mit seiner Disziplin und Selbstbeherrschung vermochte seine Wut zu zügeln. Schließlich schlug Galarius selbst mit seiner großen Pranke auf den Tisch und rief: „Seid ihr Soldaten oder Weiber? Dies ist ein Befehl! Ein Befehl von eurem Feldherrn und Patron – und damit Schluss!“ Flavus war so rot angelaufen, dass Galarius befürchtete, ihm würde der Kopf platzen. Dann riss er auch noch den Mund auf – alle erwarteten einen fürchterlichen Schrei. Aber im Gegenteil, Flavus atmete tief durch, schloss den Mund, und mit einem herausgewürgten „Zu Befehl!“ setzte er sich wieder hin.
Heute war eine Wiederholung der Szene nicht zu erwarten. Sie hatten ja nun alle eine Woche Zeit gehabt, sich an den Gedanken zu gewöhnen.
Canidius räusperte sich und begann: „Die neuen Rekruten werden in Kürze eintreffen. Wir werden aus ihnen die 4., 5. und 6. Kohorte bilden. Die drei neuen Centurionen, das heißt die, die es werden wollen, werden der 4. Kohorte zugeteilt.“ Canidius sah den Männern fest in die Augen: „Sie werden die ganz normale Grundausbildung durchlaufen und am Ende der Ausbildung zu Centurionen ernannt werden. Es wird keinen, ich wiederhole, keinen tödlichen Unfall geben! Ist das klar?“
Keiner antwortete. Doch dann meldete sich Aulus Ebeneus zu Wort: „Warum nicht? So eine Ausbildung ist kein Spaziergang!“, fragte er mit seiner dröhnenden Stimme.
„Es gibt eine ganz klare Anweisung von Marcus Agrippa: Sollte einer der Centurionen-Anwärter einen tödlichen Unfall erleiden, wird dem verantwortlichen Centurio der Prozess gemacht und er
ad bestia
verurteilt. Titus Valens, du wirst die Ausbildung beaufsichtigen und gewährleisten, dass nichts Derartiges passiert!“
Valens zog die Augenbraue hoch. „Was ist, wenn sie die Ausbildung nicht durchhalten?“, fragte er mit ruhiger Stimme. Galarius runzelte die Stirn. Worauf wollte er hinaus?
„Wie meinst du das?“, fragte Canidius vorsichtig.
„Nun“, sagte Valens gedehnt. „So eine Ausbildung ist anstrengend und ein Centurio oder einer, der es werden will, sollte mit gutem Beispiel vorangehen. Schließlich muss er mehr leisten können als seine Männer. Was ist, wenn einer der drei die Grundausbildung nicht durchhält und zusammenbricht?“
Canidius und Galarius sahen sich an. Es gab immer wieder Rekruten, die einen kräftigen Eindruck machten, aber die Grundausbildung nicht durchstanden.
„Ich würde sagen“, begann Galarius zögernd, „dann haben sie keine Möglichkeit, Centurio zu werden. Aber ich werde zur Sicherheit beim Statthalter nachfragen!“
„Gut.“ Valens sprang auf. „Dann wäre das ja geklärt.“
„Kein Unfall!“, Canidius stand ebenfalls hastig auf. „Titus, ich warne dich!“
„Wie kommst du auf einen Unfall?“ Valens schüttelte den Kopf. „Ich habe nichts von einem Unfall gesagt! Ihr entschuldigt mich, ich muss mich um die Wachen kümmern!“
„Was wirst du tun?“ Canidius’ Stimme klang beinahe ängstlich.
„Meine Pflicht!“
Bei Jupiter, benimmt der sich anmaßend – wenn ich sein Primipilus wäre, würde ich den mal gründlich zusammenstauchen, dachte sich Galarius. Aber Canidius muss damit allein zurechtkommen.
„Bei Plutos Arsch, hört auf, mich anzustarren, als ob ihr eine Gorgone erblickt hättet!“, polterte Valens
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