Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
Schwafeleien! Wir erwarten schließlich Gäste und es ist sicher noch etwas vorzubereiten!“
Kurz darauf trafen die ersten Gäste zum Festmahl ein: Magistratskollegen aus der Stadt, Kaufleute, mit denen Gnaeus Marcellus Geschäfte machte oder deren Patron er war. Außerdem noch ehemalige Kampfgefährten aus der Umgebung. Saxum war, Mars sei Dank, nicht darunter. Er war, wenn er betrunken war, eine echte Plage. Und er war eigentlich immer betrunken. So sehr Lucius die Ratschläge des alten Veteranen zu schätzen gelernt hatte, so wenig vermisste er seine Gesellschaft.
Lucius begrüßte die Gäste am Eingang und wies ihnen den Weg ins Atrium. Er fühlte sich ein wenig unwohl in seiner Toga, da er sie bislang, wenn überhaupt, nur in der Stadt bei offiziellen Anlässen getragen hatte. Und die vergangenen zwölf Monate hatte er ausschließlich auf dem Hof verbracht, also war das eine Weile her. Dabei hatte er sich vorgestellt, wenn er erst die Toga der Männer angelegt hätte, würde er sie dauernd anbehalten. Na ja, sie war sowieso zu unbequem und zu unpraktisch, um sie im Alltag zu tragen. Wie sagte es der Dichter? Die Römer, das Volk in Toga. Marcus hatte erzählt, in Rom werde die Toga so selten getragen, dass Gesetze erlassen wurden, die das Tragen der Toga in der Öffentlichkeit vorschrieben.
Während des Essens gab es die üblichen Gespräche: Beamte sprachen über die Belange der
colonia
, Veteranen tauschten Erinnerungen aus und die weltpolitisch Interessierten erzählten sich die Neuigkeiten aus dem Imperium und aus Rom.
Einer der Veteranen namens Glaucus ergriff das Wort und brachte das Gespräch auf die Unruhen, die überall in Gallien aufgeflackert waren. Angeblich sei es am Rhenus sogar zu Übergriffen durch die Germanen gekommen. Marcus Lollius, der Statthalter, war mit der V Alaudae nach Norden geeilt, um die Eindringlinge zurückzudrängen.
„Offensichtlich wird es Zeit, dass die Germanen eine Lektion bekommen.“
Ein anderer griff den Faden auf: „Zuerst sollten sich die Legionen allerdings die Raeter vornehmen.“
„In der Tat!“, ereiferte sich ein Kaufmann. „Die Routen über die Alpen sind wieder so unsicher. König Coteius hält sich an die Verträge, aber den Weg nach Noricum kann man unbewaffnet und ohne Eskorte nicht antreten.“
Lucius’ Vater mischte sich in die Diskussion ein: „Ihr habt doch nicht wirklich geglaubt, dass mit der Unterwerfung der Salasser die Alpen befriedet sind. Natürlich ist die Straße bis Vitudurum sicher, aber unmittelbar dahinter beginnt das Gebiet der Briganten. Sie fahren mit ihren Booten über den Lacus Venetus und plündern in der Umgebung von Vindonissa und Vitudurum. Also, bevor die Vindelicer und die Raeter nicht unterworfen sind, wird diese Region nicht sicher sein.“
Zustimmendes Gemurmel erhob sich.
„Die Publicani in Lugdunum haben bereits zahlreiche Beschwerdebriefe nach Rom geschickt. Außerdem haben sie jedem Senator oder Eques, der die Stadt besucht, jedem Beamten und natürlich auch dem Statthalter in den Ohren gelegen und sie um Hilfe ersucht“, berichtete Onkel Sextus und wischte sich die fettverschmierten Hände sauber. „Vielleicht ändert sich etwas, nachdem Augustus in Lugdunum eingetroffen ist.“
Die Nachricht, dass Augustus nach Gallien und auch nach Arausio kommen würde, war im Vorjahr eingeschlagen wie ein Stein von einem Katapult. Nach Abschluss der Säkularspiele hatte Augustus verkündet, die Statthalterschaft von Gallia Comata für drei Jahre zu übernehmen und endlich die überfällige Neuordnung durchzuführen. Die Adoption seiner beiden Enkelsöhne Gaius und Lucius hatte ebenfalls für Aufsehen gesorgt. Agrippa war der leibliche Vater, aber jetzt trugen sie Augustus’ Namen. Jeder vermutete, dass Gaius Caesar und Lucius Caesar als Erben von Augustus’ riesigem Vermögen und seiner Heerschar von Klienten vorgesehen waren. „Eine perfekte Lösung!“, war die allgemeine Auffassung. „Claudius Marcellus als Erbe hätte keine drei Tage überlebt. Agrippa hätte ihn umgebracht.“
Das Gespräch wandte sich den unvermeidlichen Geschichten von früher zu, den Erzählungen von Feldzügen, Kämpfen und Schlachten. Lucius hatte ihnen bislang immer begeistert zugehört, aber jetzt, da er selbst bald zu den Adlern ziehen würde, zog er dem Trubel ein bisschen Ruhe vor. Er nahm einen Weinbecher, warf seinen Freunden einen Blick zu und ging in den Garten. Sie folgten ihm.
„Lucius, ist das nicht ein bisschen früh im
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