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Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Pollmann
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war unversehens vor ihm aufgetaucht und Lucius fuhr erschrocken zurück. Sie lachte gellend auf und zeigte ihren zahnlosen Mund: „So schreckhaft, Soldat? Dann brauchst du unbedingt meinen Schutz!“ Damit hielt sie ihm ein Amulett in der Form eines Phallus direkt vor das Gesicht.
    „ Nein!“ Er stieß ihren Arm weg und hastete weiter.
    „Sollen dich doch die Larven und Manien heimsuchen, wenn du den Schutz der Götter verachtest!“, kreischte die Alte hinter ihm her. Die Passanten sahen entgeistert auf die Szene, einige machten das Zeichen gegen den bösen Blick. Lucius stolperte um die Ecke und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Ein Huhn flatterte vor ihm auf und er zuckte erneut erschrocken zusammen. Verdammte Hexe, fluchte er in sich hinein. Jetzt habe ich schon Angst vor einem Huhn.
    Die Verwünschungen der Alten im Ohr, ging er weiter. „Und wenn sie wirklich die Geister der Unterwelt auf mich beschworen hat?“, meldete sich eine Stimme in seinem Kopf zu Wort. „Klar“, höhnte eine andere Stimme, „und eine alte, heruntergekommene Vettel hat Macht über sie. Wenn sie so mächtig wäre, würde sie kaum an diesem Ort hausen!“ Der Gedanke beruhigte ihn, zur Sicherheit beschloss er aber, den Hausgöttern heute Abend ein Opfer zu bringen. Er beeilte sich, diesen Ort hinter sich zu lassen, und näherte sich dem Lagertor. Die Wache sah ihn gelangweilt an und warf nur einen flüchtigen Blick auf das Schreiben, das ihm Lucius hinhielt. „Optio!“, rief sie über die Schulter nach hinten und nach einem kurzen Moment tauchte eine Gestalt aus einem der Schatten der Tortürme auf.
    „Was ist?“, fragte die Gestalt scharf den Posten und dieser deutete mit dem Daumen auf Lucius.
    „Wenn du etwas abzugeben hast, geh gefälligst zur Porta Praetoria, du bist hier falsch!“
    „Ich will nichts abgeben!“, rief Lucius zurück. „Ich bin ein neuer Rekrut!“
    Er hatte erst „ein neuer Centurio“ sagen wollen, aber etwas hatte ihn zurückgehalten. Der Optio sah ihn aufmerksam von Kopf bis Fuß an.
    „Hm, ein neuer Rekrut“, sagte er ein wenig freundlicher. „Trotzdem hättest du dich an der Porta Praetoria melden sollen. Aber na gut. Tritt ein und geh einfach immer geradeaus. Komm nicht auf die Idee, links oder rechts abzubiegen. Du gelangst automatisch zum Prätorium. Dort meldest du dich beim Wachhabenden. Verstanden?“
    „Geradeaus bis zum Prätorium und dort beim Wachhabenden melden!“, wiederholte Lucius. Er ging mit klopfenden Herzen in das Lager.
    Zwei Hauptstraßen führten durch das Lager: Die Via Praetoria verlief in Längsrichtung von der Porta Praetoria zur Porta Decumana und teilte das Lager in zwei Hälften. Die Porta Principalis Sinistra und die Porta Principalis Dextra wurden von der kreuzenden Via Principalis miteinander verbunden.
    Da, wo sich die Straßen kreuzten, lagen das Forum und das Prätorium. Hier waren die Unterkünfte des Legaten, des Lagerpräfekten und des Feldherrn, und natürlich befand sich hier auch das Fahnenheiligtum. Darin wurden neben den Feldzeichen die Ersparnisse der Legionäre aufbewahrt. Das gab den Legionären einen guten Anreiz, die Feldzeichen angemessen zu verteidigen.
    Außerdem stand hier der Altar der Disciplina. Die
disciplina
, die militärische Zucht und Ordnung, genoss in der Legion göttliche Verehrung.
    Lucius sah sich neugierig um und beobachtete überall geschäftiges Treiben. Einheiten marschierten die Lagerstraße entlang, Männer saßen vor den Baracken, besserten Kettenhemden aus, besohlten ihre Stiefel oder führten Ausbesserungsarbeiten an den Schilden durch.
    Lucius meldete sich beim Wachhabenden. Dieser zeigte wortlos auf eine Ansammlung von Männern, die bereits warteten. Lucius musterte neugierig die anderen Rekruten. Einige waren an ihrer Kleidung unschwer als Arbeiter und Tagelöhner zu erkennen, andere trugen die typische Kleidung der Hirten. Vor denen musste man sich in Acht nehmen, hatte Saxum ihn gewarnt. Das ganze Jahr auf sich gestellt, hatten die Hirten ihre eigenen Regeln und Gesetze. Wenn sie auch nicht viel redeten, so handelten sie doch ohne Umschweife. Vor allem waren sie schnell mit der Waffe zur Hand. Viele Prozesse in Arausio hatten mit Streitigkeiten zwischen Hirten und Bauern zu tun.
    Drei Centurionen standen abseits und beobachteten die Rekruten, die sich angeregt unterhielten. Die drei hielten alle einen Stock, oder besser: einen Knüppel in der Hand. Das musste die Vitis sein, der Rebstock, das Rangabzeichen und

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