Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
es nur zu langsam ausgeführt, fielen die Ausbilder mit Verwünschungen und Beschimpfungen über die Rekruten her. Carvus, Mellonius und Lucius wurden mit Argusaugen beobachtet. Jeder ihrer Fehler wurde sofort bestraft. Zunächst wurden sie nur angebrüllt oder bekamen die Vitis zu spüren. Aber als eine Einheit in Unordnung geriet, machte Vulso sie als die Schuldigen aus und setzte sie für eine Woche auf Gerste.
Der harte Drill sorgte dafür, dass Lucius sein Zeitgefühl völlig verlor – ein Monat? Oder bereits fünf? Immer wieder war Lucius dankbar für das harte Training und die Vorbereitung, die sein Vater ihm hatte angedeihen lassen. Ihm machten die Märsche und das Exerzieren nicht viel aus, und er erduldete die Schikanen mit stoischer Ruhe. Nach einem Jahr mit Saxums weinlaunigen Temperamentsausbrüchen hatte er gelernt, einiges zu ertragen, ohne weiter darüber nachzudenken. Er musste grinsen, als er an Saxum dachte. Er war schon eine echte Plage gewesen!
Lucius verließ die Baracke mit Mellonius und Carvus. Die Rekruten versammelten sich auf dem Exerzierplatz. Als Lucius die aufgestellten Pfähle und die vier Markierungen in Kopf-, Brust- und Magenhöhe sah, wusste er schon, was auf sie zukam. Holzschwerter wurden an die Rekruten verteilt.
Dann begann Antinius mit seinen Instruktionen: „Ihr könnt den Feind auf zweierlei Arten töten: durch einen Schlag oder durch einen Stoß. Der Schlag ist der vermeintlich leichtere Weg, aber dies ist ein Trugschluss. Erstens raubt euch der Schlag mehr von eurer Kraft und zweitens beschädigt ihr nur gute Waffen, wenn ihr euer Schwert an einem Helm oder Schild schartig schlagt. Der Gladius könnte außerdem im Schild des Barbaren stecken bleiben. Das wäre ausgesprochen schlecht für euch, denn wenn der Barbar mit seinem Schild und eurem Schwert abhaut, werde ich mich genötigt sehen, euch aufzufordern, euer Schwert zurückzuholen. Schließlich kosten Schwerter Geld. Also stoßt nach Möglichkeit mit dem Schwert zu!“ Er machte eine Pause und zeigte auf den Pfahl. „Trotzdem werden wir beides trainieren. Die Übung ist ganz einfach. Ein Schlag links an den Kopf, ein Schlag rechts an den Kopf, ein Stoß in die Brust und ein Stoß in den Leib – und wieder von vorne. Ihr müsst die Markierungen treffen. Die sind deswegen so klein, weil eure Feinde selten mit entblößter Brust vorbeikommen und sagen: Bitte töte mich! Merkt euch: Der Sieg liebt die Sorgfalt!“
Er zeigte auf Lucius, Mellonius und Carvus. „Los, unsere drei Edelrekruten machen euch mal vor, wie es geht!“
Sie traten vor und begannen mit der Übung. Lucius fand schnell seinen Rhythmus und bearbeitete den Pfahl gleichmäßig. Links, rechts, Stoß, Stoß. Links, rechts, Stoß, Stoß. Wie er es bei Pertinax gelernt hatte, benutzte er den Schwung für elegante Schläge und Stöße, um Kraft zu sparen. Mellonius und Carvus hatten offensichtlich auch schon Schwertkampftraining gehabt, aber ihre Bewegungen waren nicht so flüssig wie die von Lucius. Antinius sah ihnen eine Weile zu und ließ dann die anderen auch beginnen.
Vulso beobachtete das Schwerttraining vom Rande des Platzes. Antinius ging von Pfahl zu Pfahl und gab Anweisungen oder korrigierte falsche Techniken. Je vier Mann teilten sich einen Pfahl, auf ein Hornsignal wurde gewechselt. Lucius beobachtete die anderen Rekruten. Einige hackten wie besessen auf den Pfahl ein. Es dauerte nicht lange, da ließ der Erste das Schwert fallen. Ein harter Schlag gegen den Pfahl hatte ihm das Schwert aus der Hand geprellt. Viele der Rekruten rieben sich bereits die Oberarme. Lucius dankte im Stillen Pertinax dafür, dass ihm zumindest nun die Schmerzen erspart blieben, die die anderen am nächsten Morgen haben würden. Die hatte er bereits oft genug durchlitten! Titus Valens gesellte sich zu Vulso und musterte mit durchdringendem Blick die Rekruten.
Mellonius stieß Carvus an: „Sieh mal, Valens ist wieder auf seinem Kontrollgang. Der Kerl verursacht mir eine Gänsehaut.“
Carvus nickte und spuckte aus: „Wenn der mich ansieht, habe ich das Gefühl, nackt dazustehen!“ – „Seine Augen sind ohne jede Gefühlsregung, wenn ich dem nachts auf der Straße begegnen würde, würde ich mir vor Angst in die Hose scheißen!“
„Du trägst Hosen?“, bemerkte Lucius grinsend, ergriff sein Holzschwert und trat wieder an den Pfahl.
„Das ist eine gallische Redensart!“, erklärte Mellonius ernst. Als er Lucius’ Grinsen bemerkte, fügte er nur noch
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