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Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Pollmann
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passiert?
    „Centurio.“ Mallius grüßte schlampig. „Ich habe gerade meine Runde gedreht und sah bei dir noch Licht. Da wollte ich mal vorbeischauen.“
    Lucius richtete sich auf und verließ gebückt das Zelt. Vor dem Zelt standen unter einem Vordach aus Plane ein Klapptisch und zwei Stühle. Hier saß man trocken. Trocken, solange der Wind nicht den Regen unter das Vordach blies. Lucius knallte seinen Weinbecher auf den Tisch und bedeutete Ajax, der vor dem Zelt im Matsch hockte, Mallius auch einen Becher Wein einzuschenken. Mallius nahm den Becher und ließ sich auf den zweiten Stuhl fallen. Sie tranken schweigend. „Du machst dir Sorgen um die Moral der Männer und den weiteren Marsch“, begann Mallius schließlich.
    Lucius nickte müde.
    „Wir haben sechzehn Tage für eine Strecke gebraucht, die in zwölf zu schaffen sein müsste. Die Männer sind langsam“, fügte Mallius hinzu, und Lucius hätte ihn am liebsten angeschrien. „Und sie hassen dich“, ergänzte er erbarmungslos.
    „Ja, ich weiß!“, versetzte Lucius heftig und war froh, dass der Signifer verstummte. Bloß keine Tirade über Alter und Erfahrung. Mallius sah ihn wartend an und nach einer Pause sagte Lucius leise: „Und ich weiß nicht, wieso.“
    „Wenn es weiter nichts ist. Das kann ich dir sagen.“ Der Signifer zeigte sein überlegenes Lächeln, das Lucius so hasste. Ich erkläre dir die Welt, kleiner Junge, schien es zu sagen.
    „Sie hassen dich, weil du sie im Stich lässt.“
    Lucius verschlug diese Aussage für einen Augenblick den Atem.
    „Was?“, fuhr er auf. „Ich lasse sie doch nicht im Stich.“ Dieser Vorwurf stellte alles in Frage, was er sich vorgenommen hatte und woran er glaubte.
    „Doch. Sie werden am Tag von einem Schläger drangsaliert und bei Nacht von einem Erpresser ausgenommen – und du als Kommandeur greifst nicht ein.“
    Lucius schüttelte entgeistert den Kopf. „Was meinst du mit ‚ausgenommen’? Und ‚drangsaliert’? Der Optio treibt sie nur an.“
    „Der Optio treibt sie an“, wiederholte Mallius und zeigte immer noch das überlegene Lächeln. „Kontrollierst du ihn denn? Oder Celsonius? Oder deinen Schreiber?“
    „Kontrollieren?“ Lucius war wie vor den Kopf geschlagen. Hatten nicht alle großen Befehlshaber ihre Männer angespornt, indem sie gezeigt hatten, dass sie ihnen vertrauten?
    „Ja. Wenn du ihnen einen Befehl erteilst, überwachst du dann auch, ob der Befehl richtig ausgeführt wird?“
    „Nein. Natürlich nicht. Ich kann doch meinen Stellvertreter nicht überwachen. Außerdem sind es altgediente Soldaten. Die werden doch wissen, was richtig ist.“
    Der Signifer schnaubte. „Du bist ein Idiot. Wenn du einen Befehl gibst, musst du aufpassen, dass er so ausgeführt wird, wie du es willst. Sonst könnte jeder Schafskopf eine Armee führen.“ Das Lächeln war verschwunden. „Ist dir außerdem nicht aufgefallen, dass der Tesserarius, und nur er, dir jeden Morgen Soldaten zur Bestrafung wegen Wachvergehen meldet? Bist du einmal nachts aufgestanden, um zu überprüfen, was er treibt? Nein.“ Der Signifer hatte sich in Rage geredet, sprach aber immer noch mit gedämpfter Stimme. „Du lässt deinen Offizieren in allen Dingen freie Hand. Und deswegen hassen dich die Leute. Egal, wie viel Diensterfahrung wir haben, du bist verantwortlich für uns alle. Gute Nacht.“ Er trank den Becher leer und stand auf, um seine Wache wieder aufzunehmen.
    Lucius starrte ihm nach. Hatte Mallius recht? Hatte er sich zu sehr auf seine
principales
und
immunes
verlassen? Aber dafür waren sie doch da, oder etwa nicht?
    „Minerva, erleuchte mich!“, flehte er und stand auf. Der Signifer hatte heute die erste Wache. Danach folgten der Tesserarius mit der zweiten und der Optio mit der dritten. Er warf einen Blick auf die Wasseruhr, die mitten auf dem Forum stand.
    „Ungefähr die Hälfte der ersten Wache ist herum“, sagte er halblaut zu sich selbst. „Also habe ich noch Zeit, bis Celsonius seine Wache antritt.“
    Er schickte Ajax schlafen, zog sich in sein Zelt zurück, legte sich auf sein Lager, löschte das Licht und wartete.
    Die zweite Stunde der zweiten Wache war vorüber, als er das Zelt verließ. Er grüßte die Wache auf dem Forum und fragte nach Celsonius. Die Wache zeigte wortlos zum Nordwall.
    Lucius ging in diese Richtung durchs Lager. Als er sich dem Ende der Zeltreihen näherte, sah er zwei Wachen an der Nordwestecke des Lagers. Sie standen mit dem Rücken zueinander und starrten

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