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Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Pollmann
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schweigend in die Dunkelheit. Lucius blieb im Schatten eines Zeltes stehen und sah sich um. Der Tesserarius war nicht zu sehen. Sollte er warten, bis er vorbeikam? Eine der Wachen reckte sich, drehte sich zu ihrem Kameraden um und brummte ihm etwas zu. Dieser antwortete, dann hoben beide ihre Schilde auf und wollten ihre Runde wieder aufnehmen, als sie plötzlich angerufen wurden: „WACHE!“
    Die beiden Männer schraken zusammen und fuhren herum. Zwei Gestalten traten auf sie zu. Lucius hörte jetzt die Stimme des Tesserarius: „Wache zu haben bedeutet nicht, dass man herumsteht und ein gemütliches Schwätzchen halten kann. Ihr habt eure Runden zu drehen und das Gelände außerhalb zu beobachten!“
    Eine der Wachen protestierte, Lucius erkannte Promptus an der Stimme: „Wir haben uns nicht unterhalten und die ganze Zeit den Bereich außerhalb des Lagers beobachtet.“
    Celsonius trat ganz nahe an Promptus heran. „Nennst du mich etwa ein Lügner, du Sohn einer Hündin?“
    Der zog es vor zu schweigen.
    „Wie sind eure Namen?“
    „Gaius Julius Tertinius, drittes Contubernium!“, beeilte sich der andere Legionär ängstlich zu melden. Tertinius war einer der neuen Rekruten, erinnerte sich Lucius.
    „Gnaeus Promptus!“ Promptus’ Stimme klang ausdruckslos.
    „Natürlich drittes Contubernium. Glaubst du, ich bin als Wachhabender zu dumm, um zu wissen, welche Einheit heute Wache hat?“, blaffte Celsonius den jungen Legionär an. „Ist bei den beiden was zu holen?“, fragte der Tesserarius seine Begleiter.
    „Oh, ja!“, lachte dieser. „Das dritte Contubernium ist heute zum ersten Mal in unserer Wache.“
    Lucius schloss vor Scham die Augen, als er die Stimme hörte. Dies war Pullio, sein Schreiber. Mallius hatte recht gehabt: Er war blind und taub gewesen. Er hatte sich nie etwas dabei gedacht, dass der Tesserarius und der Schreiber so vertraut miteinander taten.
    „Umso besser. Mach es ihnen klar.“
    Pullio wandte sich an die beiden Wachen. „Hört zu, ihr mutterloser Abschaum! Entweder ihr macht hier euer Zeichen und erklärt euch damit einverstanden, dass ihr uns am nächsten Zahltag eine Kleinigkeit von eurem Sold abgebt, dann werden wir großmütig über euer Wachvergehen hinwegsehen. Oder aber ihr werdet morgen früh gemeldet und bestraft.“
    Lucius hatte genug gehört. Bei Jupiter, war er einfältig gewesen! Celsionus war Wachoffizier und Pullio hatte Einblick in die Wachlisten. Pullio war als
immunis
von den Routinediensten befreit, aber er bezog den gleichen Sold wie ein Legionär, den er auf Kosten der Männer aufbesserte. Die Rekruten waren zu unerfahren, um aufzubegehren, und die wenigen Legionäre mit mehr Erfahrung, wie Promptus, hielten die Klappe. An wen sollten sie sich auch wenden? Etwa an ihn? Lucius Marcellus, den Centurio, der offensichtlich mit Taub- und Blindheit geschlagen war? Lucius geißelte sich mit Selbstvorwürfen und musste sich zähneknirschend eingestehen, dass er tatsächlich nichts getan hatte, um das Vertrauen der Männer zu verdienen.
    Der Tesserarius hörte ihn näher kommen und fuhr herum. „Wer da?“
    Lucius antwortete nicht und da er keinen Helm trug, war er im Dunkeln nicht so leicht zu erkennen. Celsionus stieß Pullio an. Dieser ließ die Wachstafel sinken, die er den Wachen hingehalten hatte, und ging auf Lucius zu.
    „Verschwinde auf deinen Posten! Sonst werde ich dir Beine machen! Du … AHHHRG!“
    Mit einem Schmerzensschrei brach er zusammen, denn Lucius hatte ihm die Vitis mit voller Wucht auf die Schulter geschlagen. Es kümmerte ihn nicht, ob Pullio schwer verletzt wurde, denn er war außer sich vor Scham und Wut. Als der Schreiber vor Schmerzen gekrümmt am Boden lag, zog Lucius ihm noch einen Schlag über den Rücken. Celsionus sprang herbei und packte Lucius am rechten Arm. „Was erlaubst du dir …“ ‚fing er an, aber Lucius stieß ihm die Faust so heftig ins Gesicht, dass er zu Boden ging.
    „WACHE!“, donnerte Lucius in die Dunkelheit.
    Im Lager wurde es auf einmal lebendig, da die Schmerzensschreie und Lucius’ lauter Ruf die Männer alarmiert hatten. Schon sah er zwischen den Zelten die Männer der übrigen Wache herbeistürmen. Sie trugen Fackeln und verliehen der Szene so einen geradezu gespenstischen Charakter. Ein vor Schmerzen stöhnender Pullio lag am Boden. Der Tesserarius rappelte sich mit blutender Lippe auf. Zwischen den beiden stand Lucius, vor Wut bebend, dahinter Promptus und Tertinius mit ausdruckslosen Gesichtern.

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