Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Pollmann
Vom Netzwerk:
ein kleines, unbedeutendes Oppidum. Aber die Legionäre wussten, hier lebten Menschen, hier gab es bestimmt Wein und vielleicht sogar Frauen. Die Stimmung hatte sich verschlechtert. Die Männer waren nicht nur gegenüber ihren Vorgesetzten kurz angebunden, sondern auch untereinander. Lucius war ebenfalls missgelaunt, weil die Marschleistung unverändert schlecht war. Wegen der nicht vorhandenen Meilensteine konnte er die Tagesleistung nicht ausrechnen, aber mehr als sechs Meilen pro Tag konnten es nicht sein und jetzt hatten sie zudem die gute römische Straße verlassen und marschierten nur noch auf einem befestigten Weg. Der war von den Soldaten der Gallica befestigt worden und damit komfortabler als die Wege, die die Barbaren gemeinhin benutzten. Aber, so dachte Lucius, wenn sie auf einer Straße nur sechs Meilen schafften, wie würde das jetzt werden? Das vor ihnen liegende Gelände erweckte keine Hoffnung, ein schnelleres Marschtempo anschlagen zu können. Lucius schlug daher Scapula vor, den Ruhetag zu streichen. Dieser überlegte eine Weile. Lucius konnte sich vorstellen, was in ihm vorging. Auf der einen Seite versprach der Ort eine gewisse Bequemlichkeit und der Tribun hätte die Möglichkeit, seine Kleidung zu trocknen, dem Wein zuzusprechen und vielleicht eine Frau zu bekommen. Auf der anderen Seite würde, wenn sie direkt weiterzogen, die Reise schneller zu Ende gehen. Scapula warf einen Blick zum Himmel und gab dann sein Einverständnis. Lucius war egal, ob er das Wetter begutachtet oder auf eine göttliche Inspiration gewartet hatte. Froh, dass sie etwas verlorene Zeit aufholen konnten, ging er los, um seine Offiziere zu informieren, dass sie am nächsten Tag weitermarschieren würden.
    Ihm fiel es schwer, ihre Reaktionen zu deuten. Drusillus’ Miene war unergründlich, Mallius dagegen sah aus, als ob er etwas sagen wollte, dann überlegte er es sich anders.
    Die Legionäre reagierten keinesfalls schweigend auf die Ankündigung, dass am nächsten Tag ohne Pause weitermarschiert würde. Lucius hörte ihre Protestrufe und ihr verärgertes Gemurmel, aber es war ihm egal. Bei dem Tempo hatten sie sich kaum verausgabt und es widerstrebte ihm, nur aus traditionellen Gründen einen Ruhetag einzulegen. Es entging ihm nicht, dass die Männer sehnsüchtige Blicke auf die kleine Ortschaft mit ihren Häusern und rauchenden Schornsteine warfen, als sie am nächsten Morgen aufbrachen.
    Wenn Lucius gedacht hatte, die Stimmung könnte nicht schlechter werden, so wurde er in den nächsten Tagen eines Besseren belehrt. Nach weiteren Regentagen war die Stimmung nicht mehr schlecht, sondern katastrophal. Die ganze Ausrüstung war nass, Kleidung, Zelte, Essen, Waffen, einfach alles. Die Legionäre waren übellaunig und gehorchten den Befehlen nur mürrisch und aufsässig. Der Tesserarius meldete jede Nacht Männer wegen Wachvergehen, so dass die halbe Centurie mit Strafarbeiten beschäftigt war und nicht mehr zum Ausruhen kam. Hatten sich die Männer am Anfang der Reise noch Scherzworte zugeworfen oder Lieder gesungen und gepfiffen, gab es jetzt nur noch Flüche und Verwünschungen.
    Am Abend saß Lucius in seinem Zelt vor seinem Weinbecher und brütete vor sich hin. Er war am Ende seiner Weisheit. Was sollte er nur tun? Er versuchte seinen Männern ein gutes Vorbild zu sein, so, wie er es in Caesars Kommentaren über den Gallischen Krieg gelesen und wie sein Vater ihm geraten hatte. Er nahm die gleichen Strapazen auf sich wie seine Soldaten. Er misshandelte und schikanierte sie nicht – und trotzdem sah er in den Blicken der Männer Hass, wenn sie ihn ansahen. Im Zeitplan waren sie auch weit zurück, da die Marschleistung weiter gesunken war. Hatte Scapula noch mit der Aussage übertrieben, die Lager lägen von Tag zu Tag in Sichtweite, so war dies nun wirklich der Fall. Dabei hätten sie bei normalem Marschtempo schon längst in Vindonissa sein müssen.
    Am nächsten Tag hatten sie stattdessen ein besonders schwieriges Stück Weg zu bewältigen, da sie die Wagen durch eine Furt bringen mussten.
    Lucius dachte sehnsüchtig an das gemütliche Heim in Arausio oder an die gepflegten Räume auf dem Hof. War es wirklich erst ein halbes Jahr her, dass er als Zivilist gelebt hatte und es gar nicht hatte erwarten können, zur Legion zu kommen? Er schrak zusammen, als er einen Schatten vor dem Zelt wahrnahm. Die Plane wurde zurückgeschlagen und Mallius, der gerade Wache hatte, sah herein. Was war jetzt schon wieder

Weitere Kostenlose Bücher