Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
das genützt hat.«
    »Und was ist mit Königinwitwe Ista? Trägt auch sie den Schatten, wie Sara?«
    Umegat zog an seinem Zopf und legte nachdenklich die Stirn in Falten. »Ich könnte Euch verlässlicher Auskunft geben, wäre ich ihr jemals von Angesicht zu Angesicht begegnet. Doch die Familie dy Baocia hat sie von Cardegoss fortgebracht, kurz bevor ich eingetroffen bin.«
    »Ist Kanzler dy Jironal eingeweiht?«
    Die Falten auf Umegats Stirn vertieften sich. »Falls ja, hat er es nicht von mir erfahren. Ich habe Orico oft zur Vorsicht ermahnt, mit keinem über das Wunder der Menagerie zu reden, aber …«
    »Es wäre das erste Mal, dass Orico irgendetwas vor dy Jironal geheim gehalten hätte.«
    Umegat zuckte die Achseln, fügte aber hinzu: »Angesichts der frühen Fehlschläge während seiner Herrschaft nimmt Orico an, dass alles, was er tut, Chalion letztendlich zum Nachteil gereicht. Der Kanzler ist gleichsam das Werkzeug, mit dem der König sämtliche Staatsangelegenheiten zu regeln versucht, ohne seinen Fluch wirken zu lassen.«
    »Manch einer wird sich fragen, ob dy Jironal nun ein Mittel gegen den Fluch ist oder ein Teil davon.«
    »Zu Anfang schien die Vertretung ihren Zweck zu erfüllen.«
    »Und in letzter Zeit?«
    »In letzter Zeit haben wir unsere Bemühungen verdoppelt, von den Göttern Hilfe zu erflehen.«
    »Und wie haben die Götter darauf geantwortet?«
    »Anscheinend, indem sie Euch geschickt haben.«
    Von wieder erwachter Furcht gepackt, setzte Cazaril sich auf. »Mich hat niemand geschickt! Ich bin durch Zufall da hineingeraten!«
    »Über diese Zufälle würde ich mich gern einmal mit Euch unterhalten, irgendwann in nächster Zeit. Wann immer es Euch beliebt, Herr.« Umegat verabschiedete sich mit einer Verbeugung und warf Cazaril einen Blick voll tiefster Hoffnung zu, der diesem ebenso viel Angst einflößte wie irgendwelche prophetische Andeutungen.
     
    Nachdem er sich für einige weitere Stunden unter seinen Decken verkrochen hatte, gelangte Cazaril zu der Ansicht, an diesem Nachmittag noch nicht den Tod zu finden – es sei denn, man konnte an Unentschlossenheit dahinscheiden. Und sein Magen knurrte auf eine Weise, die entschieden nichts Übernatürliches an sich hatte. Während das kühle Licht des Herbsttages allmählich verblasste, kroch er aus dem Bett, streckte seine schmerzenden Muskeln, zog sich an und ging zum Abendessen.
    Die Stimmung im Zangre war äußerst gedrückt. Nachdem der Hof in tiefste Trauer versunken war, standen an diesem Abend weder Feierlichkeiten noch musikalische Darbietungen an. Im Bankettsaal fand Cazaril nur eine spärliche Gesellschaft vor. Weder Iselles Haushalt noch der von Teidez waren zugegen.
    Königin Sara zog sich früh zurück, und König O rico aß hastig und verließ den Saal bald darauf, begleitet von seinem dunklen Schatten.
    Rasch erfuhr Cazaril den Grund für Teidez’ Abwesenheit: Kanzler dy Jironal hatte den Prinzen mitgenommen, als er zu seinen Ermittlungen ausgeritten war. Als Cazaril diese Neuigkeiten vernahm, wurde er still. Kanzler dy Jironal würde doch wohl nicht versuchen, den Jungen weiterhin zu korrumpieren und das Werk fortzusetzen, das sein Bruder so gerissen vorangetrieben hatte? Verglichen mit Dondo lebte Martou dy Jironal beinahe asketisch; solch kindliche Vergnügungen entsprachen weder seinem Stil noch seinem Geschmack. Es war schwer vorstellbar, dass er mit einem Heranwachsenden zechte und feierte. War es etwa zu viel gehofft, dass der Kanzler nun auf umgekehrte Weise versuchen würde, Teidez’ Geist zu beherrschen – indem er den Jungen auf wirklich väterliche Art förderte und ihn in der Kunst der Staatsführung unterwies? Der junge Prinz gab sich auf beinahe krankhafte Weise dem Müßiggang und Ausschweifungen hin; fast jede Berührung mit sinnvollen Tätigkeiten musste wie Medizin auf ihn wirken. Allerdings war es wahrscheinlicher, wie Cazaril sich eingestand, dass dy Jironal es schlichtweg nicht wagte, seinen künftigen Zugang zur Macht in Chalion auch nur für einen Augenblick aus den Augen zu lassen.
    Lord dy Rinal, der Cazaril gegenübersaß, verzog beim Anblick des halb leeren Saales das Gesicht und meinte: »Jeder macht sich davon. Auf die Landgüter, sofern man welche besitzt, vor dem Schneefall. Das wird ein trostloses Fest zum Tag des Vaters, möchte ich wetten. Nur die Schneider und Näherinnen haben was zu tun, wenn sie die Trauerkleidung herrichten.«
    Cazaril griff durch den Geisterfleck, der in der Nähe

Weitere Kostenlose Bücher