Chalions Fluch
Euer Tod. Sobald Eure Seele ihren körperlichen Ankerplatz verlässt, könnte der Dämon mit euch beiden davonziehen.«
Cazaril erinnerte sich daran, wie sein Magenkrampf ihn beinahe zum Absturz gebracht hätte, als er im Morgengrauen über die Lücke zwischen den Dächern gesprungen war. Ihm fröstelte. Vor Angst flüchtete er sich in einen Sarkasmus, der dem Umegats ebenbürtig war. »Oh, wunderbar. Habt Ihr noch irgendwelche anderen Heilmittel als den Tod, Doktor?«
Umegats Lippen zuckten. »Andersherum … sollte das Wunder, das Ihr derzeit beherbergt, aufhören zu bestehen … sollte die Herrin die Hand von Euch nehmen«, Umegat tat so, als würde er seine Hände öffnen und einen Vogel freilassen, »würde der Dämon sogleich versuchen, seiner Bestimmung nachzukommen. Nicht dass er eine Wahl hätte – die Dämonen des Bastards haben keinen freien Willen. Man kann nicht mit ihnen handeln oder sie zu irgendetwas überreden.«
»Da heißt, ich könnte jeden Augenblick sterben …?«
»Ja. Und wo liegt da der Unterschied zu Eurem gestrigen Leben?« Umegat legte in ironischem Interesse den Kopf zur Seite.
Cazaril schnaubte. Das war ein schwacher Trost … aber es war ein Trost, wenn auch auf zweifelhafte Weise. Umegat war ein verständnisvoller Heiliger, wie es schien.
Mit einem Anflug wissenschaftlicher Neugier stellte Umegat fest: »Tatsächlich könnte das eine Frage beantworten, die ich mir seit langem stelle: Hat der Bastard eine ganze Schar von Todesdämonen in seinen Diensten, oder nur einen einzigen? Wenn es nun kein einziges Todeswunder in der Welt mehr gibt, solange der Dämon in Euch gebunden ist, wäre das ein zwingender Beweis für die Einzigartigkeit dieser heiligen Macht.«
Cazaril stieß ein grässliches Gelächter aus. »Mein Beitrag zur quintarischen Theologie! Bei den Göttern – Umegat – was soll ich nur tun? Es gab niemals einen Fall von, von religiösem Wahnsinn in meiner Familie. Ich bin auf dieses Geschäft nicht vorbereitet. Ich bin kein Heiliger!«
Umegat öffnete den Mund, schloss ihn dann aber wieder. Endlich sagte er: »Mit der Zeit gewöhnt man sich daran. Als ich zum ersten Mal ein Wunder in mich aufgenommen habe, war ich auch nicht sonderlich glücklich. Und ich bin in diesem Geschäft tätig, könnte man sagen! Meine persönliche Empfehlung für Euch lautet: Besauft Euch bis zum Umfallen und geht dann schlafen.«
»Damit ich morgen früh beim Aufwachen sowohl von einem Dämon wie auch von einem Kater geplagt werde?« Allerdings konnte er sich auch keine andere Möglichkeit vorstellen, in dieser Nacht Schlaf zu finden.
»Nun, bei mir hat es einst geholfen. Der Kater ist ein annehmbarer Preis dafür, dass man erst mal außer Gefecht gesetzt ist und eine Zeit lang keine Dummheiten anstellen kann.« Umegat blickte kurz zur Seite. »Die Götter gewähren Wunder nicht für unsere Zwecke, sondern für ihre eigenen. Wenn man zu ihrem Werkzeug wird, dient das einem höheren Ziel, einem dringenden Grund. Aber man ist ihr Werkzeug. Und so wird man auch behandelt.«
Während Cazaril immer noch versuchte, dies alles zu entwirren, beugte Umegat sich vor und schenkte wieder Wein in seinen Becher. Cazaril hatte keine Kraft mehr, abzulehnen.
Ungefähr eine Stunde später bedurfte es zweier Hilfspfleger, um seine unsicheren Schritte über das nasse Pflaster des Hofes vor den Ställen zu lenken, durch die Tore und die Treppen hinauf, wo sie seinen schlaffen Körper ins Bett legten. Cazaril war sich nicht sicher, wann genau er sich von seinem bedrängten Bewusstsein löste, aber er hatte es noch nie so gern getan.
14
U
megats Wein sorgte dafür, dass Cazaril sich während der ersten Stunden des nächsten Tages den Tod eher herbeisehnte, als dass er ihn fürchtete. Erst als sein Kater nachließ und die Furcht wieder die Oberhand gewann, wusste Cazaril, dass das Schlimmste vorüber war.
In seinem Innern empfand er bemerkenswert wenig Bedauern über seinen bevorstehenden Tod. Er hatte mehr von der Welt gesehen als die meisten Männer im Verlauf ihres Lebens, und er hatte seine Gelegenheiten gehabt, auch wenn er nicht allzu viel daraus gemacht hatte. Als er im Schutz der Decken seine Gedanken ordnete, stellte Cazaril mit einigem Erstaunen fest, dass ihn am meisten die Arbeit belastete, die er unerledigt zurücklassen musste.
Nun beherrschten ihn Ängste, für die während des Tages, an dem er Dondo nachgestellt hatte, keine Zeit geblieben waren. Wer würde seine Damen
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