Chalions Fluch
Kleinkind Iselle, und in Teidez, der noch ein Säugling im Arm seiner Amme war.
Ihr Glück wurde verfinstert durch die unglückliche Tragödie um den Verrat des Lord dy Lutez. Der Kummer hatte den Tod des alternden Königs beschleunigt, wie die meisten Beobachter einhellig befanden. Unwillkürlich fragte sich Cazaril, ob die Krankheit, die Königin Ista augenscheinlich vom Hof ihres Stiefsohns vertrieben hatte, nicht auf irgendwelche unglücklichen politischen Begleitumstände zurückzuführen war. Der neue König Orico jedoch hatte seine Stiefmutter mit Respekt behandelt, und allen Berichten zufolge war er freundlich zu seinen Halbgeschwistern.
Cazaril räusperte sich, um seinen knurrenden Magen zu übertönten, und widmete seine Aufmerksamkeit dem Privatlehrer des Prinzen, der am entfernten Ende der Tafel neben Lady Betriz saß. Die Herzogin forderte den Tutor mit würdevollem Kopfnicken auf, das Dankgebet an die heilige Familie zu sprechen und um den Segen für das anstehende Mahl zu bitten. Cazaril hoffte, es stand wirklich bald an!
Das Geheimnis des ungenutzten Stuhls wurde gelüftet, als der Majordomus Ser dy Ferrej mit Verspätung erschien und sich bei jedem kurz entschuldigte, ehe er Platz nahm.
»Der Geistliche von der Kirche des Bastards hat mich abgefangen«, erklärte er, während Brot, Fleisch und getrocknete Früchte herumgereicht wurden.
Cazaril musste gegen die Versuchung kämpfen, wie ein halb verhungerter Hund über sein Essen herzufallen. Er gab einen höflichen, fragenden Laut von sich und nahm dann den ersten Bissen.
»Ein überaus umständlicher junger Mann«, fügte dy Ferrej hinzu.
»Was möchte er diesmal?«, fragte die Herzogin. »Höhere Zuwendungen für das Findelhaus? Wir haben erst letzte Woche eine Ladung hingeschickt. Die Dienerschaft der Burg weigert sich schon, noch mehr von ihrer alten Kleidung abzugeben.«
»Säugammen«, entgegnete dy Ferrej kauend.
Die Herzogin schnaubte. »Nicht aus meinem Haushalt!«
»Nein, ich sollte nur die Botschaft verbreiten, dass der Tempel nach einer solchen Hilfe Ausschau hält. Er hoffte, jemand könne eine Verwandte haben, die sich zu solch frommer Barmherzigkeit bewogen fühlt. Letzte Woche wurde erneut ein Säugling an der Hintertür abgelegt, und der Geistliche erwartet noch weitere. Jetzt ist anscheinend die rechte Jahreszeit dafür.«
Nach ihrer Glaubenslehre zählte die Kirche des Bastards ungewollte Schwangerschaften zu den ungelegenen Ereignissen, die unter die Verantwortung ihres Gottes fielen. Das schloss natürlich auch uneheliche Kinder und junge Waisen mit ein. Die Findel- und Waisenhäuser des Tempels waren eines der Hauptanliegen der Kirche. Alles in allem war Cazaril der Ansicht, dass ein Gott, der eine Legion von Dämonen befehligte, weniger Mühe haben sollte, Zuwendungen für wohltätige Arbeit einzutreiben.
Vorsichtig gab Cazaril Wasser in seinen Wein. Es war ein Verbrechen, diesen Jahrgang so unsanft zu behandeln, doch angesichts seines leeren Magens würde der Wein ihm sonst rasch zu Kopf steigen. Die Herzogin nickte ihm ermunternd zu, lieferte sich dann aber eine Auseinandersetzung über das gleiche Thema mit ihrer Cousine. Aus diesem Streit ging sie mit einem halben Glas unverdünnten Weines als Beinahe-Siegerin hervor.
Ser dy Ferrej fuhr fort: »Trotzdem, der Geistliche hat eine interessante Geschichte mitgebracht: Ratet mal, wer letzte Nacht verstorben ist.«
»Wer denn, Vater?«, warf Lady Betriz ein.
»Ser dy Naoza, der gefeierte Zweikämpfer.«
Cazaril kannte den Namen nicht, aber die Herzogin rümpfte die Nase. »Das wurde auch Zeit. Ein schrecklicher Mensch. Ich hatte nie etwas für ihn übrig, aber ich nehme an, er hatte genug Narren auf seiner Seite. Hat er endlich mal eines seiner Opfer unterschätzt? Pardon, ich meinte, einen seiner Gegner!«
»Nun, hier wird die Geschichte interessant. Er wurde offensichtlich mit einem Todeszauber ermordet!« Als erfahrener Erzähler nutzte dy Ferrej die Pause und trank einige Schluck Wein, während sich am Tisch entsetztes Gemurmel erhob. Cazaril erstarrte mitten im Bissen.
»Wird der Tempel sich dieses Rätsels annehmen?«, fragte Prinzessin Iselle.
»Da gibt es kein Rätsel. Ich würde es eher eine Tragödie nennen. Vor ungefähr einem Jahr wurde dy Naoza auf offener Straße vom einzigen Sohn eines einheimischen Wollhändlers angerempelt, mit dem üblichen Ergebnis. Nun gut, dy Naoza bezeichnete es als Duell, aber es gab Zeugen, die es einen blutigen Mord
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