Chalions Fluch
denselben Voraussetzungen, würdet Ihr wieder genauso handeln?«
»Mit dem, was ich inzwischen weiß, wäre es schwieriger. Aber ich würde hoffen … ich würde beten, Ho heit, dass die Götter mir immer noch diese Art von Dummheit verleihen mögen, wenn ich sie brauche.«
»Was ist das für eine erstaunliche Dummheit, die heller strahlt als alles Gold meines Vaters? Könnt Ihr mich lehren, auch auf diese Weise dumm zu sein, Caz?«
»Oh«, sagte Cazaril. »Da bin ich mir sicher.«
Cazaril traf sich mit dem Fuchs in der Morgenkühle des folgenden Tages. Ein weiteres Mal wurde er in den hohen, hellen Raum geführt, der aufs Meer blickte. Diesmal war die Unterredung vertraulicher; nur Cazaril, der König und dessen Schreiber waren anwesend. Der Schreiber saß am Ende des Tisches vor einem Stapel Papier, neuen Schreibfedern und einem reichlichen Tintenvorrat. An einer Längsseite saß der Fuchs vor einem Burgen-und-Reiter-Spiel, dessen Figuren vorzüglich aus Jade und Koralle geschnitzt waren. Das Spielbrett bestand aus poliertem Malachit, Onyx und weißem Marmor. Cazaril verneigte sich und nahm auf einen einladenden Wink des Königs diesem gegenüber Platz.
»Spielt Ihr?«, wollte der Fuchs wissen.
»Nein, Majestät«, erwiderte Cazaril bedauernd. »Allenfalls nur mittelmäßig.«
»Oh. Schade.« Der Fuchs schob das Spielbrett ein wenig zur Seite. »Bergon ist recht angetan von Eurer Beschreibung dieser mustergültigen Braut aus Chalion. Ihr leistet gute Arbeit, Botschafter.«
»Das hoffe ich sehr.«
Der König berührte Iselles Beglaubigungsschreiben, das auf dem glänzenden Holz lag. »Ein außergewöhnliches Dokument. Ihr wisst, dass es die Prinzessin an jede Vereinbarung bindet, die Ihr in ihrem Namen unterzeichnet?«
»Jawohl, Majestät.«
»Die Autorität, mit der sie Euch dazu ermächtigt, ist zweifelhaft, wie Ihr wisst. Zum einen ist da die Sache mit ihrem Alter …«
»Nun, Majestät, wenn Ihr Iselle das Recht absprecht, ihren eigenen Ehevertrag auszuhandeln, muss ich wohl wieder auf mein Pferd steigen und zurück nach Chalion reiten.«
»Nein, nein – ich sage ja nicht, dass ich ihr Recht in Frage stelle!« Ein Anflug von Furcht lag in der Stimme des alten Königs.
Cazaril unterdrückte ein Lächeln. »So ist es, Majestät. Eure Verhandlung mit uns ist eine öffentliche Anerkennung ihrer Rechte.«
»Allerdings, allerdings. Junge Leute sind so vertrauensselig! Das ist der Grund, weshalb wir Älteren ihre Interessen wahren müssen.« Er nahm die andere Liste zur Hand, die Cazaril ihm am Abend zuvor ausgehändigt hatte. »Ich habe die Klauseln studiert, die Ihr für den Ehevertrag vorgeschlagen habt. Wir haben viel zu besprechen.«
»Verzeiht, Majestät. Das sind keine Vorschläge. Das sind Bedingungen. Wenn Ihr zusätzliche Punkte ergänzen möchtet, werde ich sie mir gern anhören.«
Der König warf ihm einen grimmigen Blick zu: »Ganz sicher nicht. Nehmen wir nur einmal diesen einen Punkt – diese Sache mit der Nachfolge während der Minderjährigkeit des Erben, wenn sie mit einem solchen gesegnet sind. Es braucht nur einen Unfall beim Reiten, und die Königin Chalions wird Regentin von Ibra! Das geht nicht! Bergon ist den Gefahren des Schlachtfelds ausgesetzt, vor denen seine Frau verschont bleibt.«
»Wollen wir hoffen, dass sie tatsächlich davon verschont bleibt. Aber wenn Ihr das als gegeben hinnehmt, muss ich über die Geschichte Ibras erstaunlich schlecht unterrichtet sein, Majestät. Ich dachte, die Mutter des Prinzen ging siegreich aus zwei Belagerungen hervor?«
Der Fuchs räusperte sich.
»Auf jeden Fall«, fuhr Cazaril fort, »können wir festhalten, dass das Risiko auf Gegenseitigkeit beruht. Iselle ist den Gefahren der Schwangerschaft ausgesetzt, in die Bergon naturgemäß niemals geraten wird. Es braucht Komplikationen bei der Geburt, und er könnte Regent von Chalion werden. Wie viele Eurer Frauen sind im Kindbett gestorben, Majestät?«
Der Fuchs holte tief Luft, überlegte kurz und fuhr dann fort: »Und dann ist da noch diese Klausel über die Namensgebung …«
Einige Minuten höflicher Streitgesprächs stellten klar, dass Bergon dy Ibra-Chalion keineswegs wohlklingender war als Bergon dy Chalion-Ibra, und auch dieser Punkt blieb ungeklärt.
Der Fuchs schürzte die Lippen und legte nachdenklich die Stirn in Falten. »Wenn ich es richtig verstanden habe, seid Ihr ein Mann ohne Grundbesitz, Lord Cazaril. Wie kommt es, dass die Prinzessin Euch nicht so entlohnt,
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