Chalions Fluch
liebenswürdig! Als man Cazaril behutsam auf dem Bett ablegte und Betriz seine Hand hielt, griff er nach der ihren und ließ nicht mehr los.
28
E
in behutsames Klopfen an der Tür und leise Stimmen dahinter rissen Cazaril aus dem Schlummer. Es war düster im Gemach. Eine einsame Kerzenflamme kämpfte gegen die tiefe Finsternis an und verriet ihm, dass die Nacht hereingebrochen war. Vor der Tür hörte er den Arzt murmeln, der zuvor an seiner Seite gesessen hatte: »Er schläft, Majestät.«
»Nein, ich schlafe nicht«, rief Cazaril. »Kommt nur herein.« Er spannte seine Arme an, um sich aufzurichten, überlegte es sich dann aber anders. »Macht mehr Licht«, sagte er. »Ich möchte euch sehen.«
Eine große Anzahl Personen betrat den Raum und versuchte, leise und behutsam aufzutreten, wie eine Parade von Pantomimen. Iselle und Bergon, mit Betriz und Palli an ihrer Seite; der Erzprälat von Taryoon mit dem beisitzenden Richter des Vaters, der in seinem Kielwasser folgte und befangen dreinblickte. Als sie hereinkamen, wurde es ziemlich voll im Gemach. Cazaril lächelte liebenswürdig zu ihnen auf, von seinem Paradies aus sauberer Bettwäsche und behaglicher Ruhe, während Kerzen aneinander gehalten wurden und die Flammen sich vervielfältigten.
Bergon blickte besorgt auf ihn herab und flüsterte dem Arzt heiser zu: »Wie geht es ihm?«
»Vor einer Weile hatte er noch eine Menge Blut im Urin, aber heute Abend ist es schon weniger. Und bisher hat er kein Fieber. Ich wage es aber nicht, ihn mehr als ein paar Schluck Tee trinken zu lassen, solange ich nicht genau weiß, wie die Verletzung in seinen Eingeweiden sich entwickelt. Wie groß seine Schmerzen sind, kann ich nicht sagen …«
Cazaril beschloss, lieber für sich selbst zu sprechen. »Natürlich habe ich Schmerzen.« Er unternahm einen weiteren müden Versuch, sich aufzurichten, und zuckte zusammen. »Ich würde mich gern ein wenig setzen. Solange ich zu euch hinaufblicken muss, kann ich nicht richtig reden.« Palli und Bergon eilten herbei, hoben ihn sanft an und schoben ihm Kissen in den Rücken.
»Vielen Dank«, beschied Iselle dem Arzt. Der verstand den königlichen Hinweis, verneigt sich und trat beiseite.
Seufzend ließ Cazaril sich zurücksinken und fragte: »Was ist passiert? Wird Taryoon angegriffen? Und flüstert nicht wie bei einer Beerdigung!«
Iselle stand am Fuß des Bettes und lächelte. »Es ist viel geschehen«, ließ sie ihn wissen. Ihre Stimme fand zu dem üblichen festen Tonfall zurück. »Dy Jironal hatte seine Truppen angewiesen, so rasch wie möglich vorzurücken – sowohl vom Land seines Schwiegersohnes in Thistan aus wie auch von Valenda. Sie sollten nachkommen, um seine Spione und Entführer zu unterstützen, die er während der Festlichkeiten in die Stadt eingeschleust hatte. Spät am gestrigen Abend traf die Marschkolonne, die über die Straße von Valenda kam, auf die Abordnung, die unseren Brief nach Cardegoss zu Orico bringen sollte. Die Boten wurden gefangen genommen.«
»Lebend, hoffe ich«, sagte Cazaril erschrocken.
»Es gab zwar Handgreiflichkeiten, aber niemand wurde getötet, den Göttern sei Dank. Im Lager unserer Gegner gab es anschließend einige Auseinandersetzungen.«
Nun, er hatte für diese Gesandtschaft die vernünftigsten und überzeugendsten Männer von Rang und Einfluss ausgesucht, die Taryoon aufbieten konnte.
»Später am Nachmittag haben wir unsere Unterhändler entsandt. Wir haben auch einige von dy Jironals eigenen Leuten mitgeschickt, die den Kampf im Innenhof erlebt hatten und dieses wundersame blaue Feuer gesehen haben, das den Kanzler niederstreckte, was immer es gewesen sein mag. Sie sollten Zeugnis ablegen und berichten, was geschehen war. Sie haben geweint und gestammelt, waren aber sehr überzeugend. Cazaril … und es heißt, Orico sei gestorben.«
Cazaril seufzte. Ich wusste es. »Wann?«
»Was das betrifft, herrscht einige Verwirrung«, erwiderte der Erzprälat von Taryoon. »Eine Botin der Kirche erreichte uns heute mit den Neuigkeiten. Sie überbrachte mir ein Schreiben des Erzprälaten Men denal in Cardegoss, in dem es hieß, es sei in der Nacht nach der Hochzeit der Prinzessin gewesen … der Königin. Aber die Männer von dy Jironal behaupten allesamt, der Kanzler hätte ihnen gesagt, Orico sei in der Nacht zuvor gestorben, und er wäre somit der rechtmäßige Regent von Chalion. Ich nehme an, er hat gelogen. Ich weiß nicht, ob es jetzt noch eine Rolle spielt
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