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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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»Und wenn wir Leinenhemden tragen?«
    »Das ist richtig«, warf Cazaril hilfreich ein. »Wenn man jemals in Not gerät und schwimmen muss, hat man wahrscheinlich auch noch Kleidung an.«
    Leise und sehnsüchtig fügte Betriz hinzu: »Und wir hätten eine zweifache Abkühlung: Erst einmal beim Schwimmen, und dann später noch einmal, wenn wir herumsitzen und wieder trocken werden.«
    »Könnt Ihr nicht eine Dame aus Eurem Haushalt für den Schwimmunterricht der Prinzessin abstellen?«, drängte Cazaril die Herzogin.
    »Keine der Damen meines Haushalts kann schwimmen«, gab diese mit Bestimmtheit zurück.
    Betriz nickte. »Die können nur durchs Wasser waten.« Sie blickte auf. »Könnt Ihr uns nicht das Schwimmen beibringen, Lord Caz?«
    Iselle klatschte in die Hände. »O ja!«
    »Ich, äh …«, stammelte Cazaril. »Ich denke schon … Falls Eure Kammerfrauen Euch begleiten.« Er blickte über den Tisch hinweg die Herzogin an. »Und falls Eure Großmutter mir die Erlaubnis erteilt.«
    Nach einer langen Pause sagte die Herzogin unwillig: »Passt auf, dass ihr euch nicht alle eine Erkältung holt!«
    Klugerweise enthielten sich Iselle und Betriz jeglicher Triumphbekundung, strahlten Cazaril aber dankbar an. Er fragte sich, ob sie seine Geschichte vom Tod durch Ertrinken während des nächtlichen Rittes für eine Erfindung hielten.
     
    Der Unterricht begann noch am gleichen Nachmittag. Cazaril stand in der Flussmitte und versuchte, zwei verkrampfte junge Frauen davon zu überzeugen, dass sie nicht gleich ertrinken würden, wenn ihre Haare ein wenig nass wurden. Er fürchtete schon, dass er es mit seinen Warnungen vor den Gefahren für Nichtschwimmer übertrieben hatte; schließlich aber entspannten sich die Frauen und lernten, sich vom Wasser tragen zu lassen. Tatsächlich waren sie letztlich sogar besser für den Aufenthalt im Wasser gerüstet als Cazaril, auch wenn sein bärtiges Gesicht in den Monaten an der Tafel der Herzogin einen Gutteil seiner wölfischen Hagerkeit eingebüßt hatte.
    Seine Geduld zahlte sich aus. Am Ende des Sommers platschten und tauchten die Mädchen wie die Fischotter durch den Flusslauf, der infolge der langen Trockenheit sichtlich geschrumpft war. Cazaril konnte sich damit begnügen, bis zur Taille im flachen Wasser zu sitzen und mit gelegentlichen Ratschlägen auszuhelfen.
    Die Wahl seines Aussichtspunkts hing nur zum Teil mit seinem Bedürfnis nach Abkühlung zusammen. In einem musste er der Herzogin nämlich beipflichten: Schwimmen war unanständig! Und die durchnässten Leinenhemden, die eng an den geschmeidigen Leibern klebten, sprachen der Sittsamkeit Hohn, die sie eigentlich bewahren sollten. Cazaril bemühte sich, seine beiden unbekümmerten Zöglinge diese überwältigende Wirkung nicht merken zu lassen. Doch zu seinem Unglück zeigte sich die Wirkung sich in beiden Richtungen: Auch an seinen Lenden klebte eng die nasse Leinenhose und enthüllte nur allzu deutlich seinen Geisteszustand – genauer, seinen körperlichen Zustand, oder noch genauer: seine wieder erstarkende Konstitution. Er betete inbrünstig, dass die beiden nichts davon bemerkten. Iselle machte nicht den Eindruck, immerhin. Bei Betriz war er sich nicht so sicher. Nan dy Vrit allerdings – die Kammerfrau mittleren Alters, die nicht an den Unterrichtsstunden teilnahm, sondern stattdessen vollständig bekleidet und mit bis über die Waden hochgezogenen Röcken im seichten Wasser watete – entging keine Einzelheit dieses Schauspiels. Sie hatte offensichtlich Mühe, ein Kichern zu unterdrücken. Glücklicherweise schien sie auf Cazarils Ehrbarkeit zu vertrauen; weder machte sie sich offen über ihn lustig, noch brachte sie ihn bei der Herzogin in Gerede.
    Unangenehm berührt musste Cazaril sich eingestehen, dass sein Interesse an Betriz von Tag zu Tag zunahm. Er hatte noch nicht jenen Punkt erreicht, dass er insgeheim Gedichte unter ihrer Tür hindurchgeschoben hätte – den Göttern sei Dank für diesen Rest seiner geistigen Gesundheit. Unter ihrem Fenster mit der Flöte aufzuspielen lag inzwischen – glücklicherweise, sollte er wohl sagen – außerhalb seiner Möglichkeiten. Und dennoch, während der langen Sommerruhe in Valenda wagte er wieder, über ein Leben jenseits der Drehung eines Stundenglases nachzudenken.
    Betriz lächelte ihm zu. Und sie war freundlich. Aber sie lächelte auch ihrem Pferd zu und war freundlich zu dem Tier. Ihre offene, wohl wollende Höflichkeit war schwerlich ein hinreichendes

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