Chamäleon-Zauber
so wie bei unserer Rückkehr nach Xanth. Die sollten dann die Tatsache verschleiern, daß Ihnen nichts wirklich Schlimmes widerfahren war. Anstatt sich selbst preiszugeben, hat Ihr Talent es zugelassen, daß Sie verbannt wurden – denn schließlich war das ja auch im Grunde eine juristische oder gesellschaftliche Sache, nichts wirklich Magisches. Und doch hat Ihnen der Schild nichts anhaben können…«
Er hatte das Prickeln des Schilds gespürt. Jetzt begriff er, daß er die geballte Kraft des Schilds überstanden hatte. Er hätte jederzeit hindurchgehen können. Aber hätte er davon gewußt, so hätte er es vielleicht auch getan – und damit sein Talent preisgegeben. Also hatte es sich versteckt, vor ihm selbst.
Doch nun war es enthüllt worden. Aber da stimmte etwas nicht. »Sie sind doch auch nicht von dem Schild verletzt worden!« rief Bink und führte einen harten Hieb mit seinem Stock.
»Ich habe Sie angefaßt, während wir eindrangen«, sagte Trent. »Chamäleon auch. Sie waren bewußtlos, aber Ihr Talent hat trotzdem funktioniert. Wenn wir beide gestorben wären und Sie überlebt hätten, dann hätte es sich preisgegeben. Vielleicht umgibt Sie ja auch ein kleines Kraftfeld, mit dessen Hilfe Sie alle schützen können, die Sie berühren. Oder das Talent besaß Voraussicht und wußte, daß Sie sonst allein dem Krakentang ausgeliefert gewesen wären, ohne eine eigene Fluchtmöglichkeit. Sie brauchten mich und meine Fähigkeit der Verwandlung, um den magischen Gefahren zu entgehen, deshalb wurde ich auch verschont. Und Chamäleon auch, weil Sie ohne sie nicht mit mir zusammengearbeitet hätten. Also haben wir alle überlebt, um IhrÜberleben zu ermöglichen, und wir haben nie den wahren Grund dafür geahnt. So hat uns Ihre Magie auch während unserer Wanderschaft durch die Wildnis beschützt. Ich dachte, daß ich Sie brauchen würde, um in der Wildnis geschützt zu sein, aber in Wirklichkeit verhielt es sich andersherum. Mein Talent wurde zu einem bloßen Aspekt des Ihren. Als Sie von den Zapplern bedroht wurden und von dem unsichtbaren Riesen, da haben Sie sich meiner Fähigkeit der Verwandlung bedient, um diese Bedrohung abzuwehren. Und immer, ohne zu verraten…«
Trent schüttelte den Kopf und wehrte Binks unbeholfene Hiebe mühelos ab. »Plötzlich ist alles viel weniger erstaunlich. Und je mehr man darüber nachdenkt, um so beeindruckender ist Ihr Talent auch. Sie sind ein Magier, der nicht nur kompliziertere Talente besitzt, sondern auch noch alle ihre Verästelungen beherrscht. Magier sind ja nicht einfach nur kraftvoller als andere Leute, unsere Zauber unterscheiden sich auch qualitativ von denen anderer Menschen, nicht quantitativ. Und das auf eine Weise, wie gewöhnliche Bürger es oft nicht merken und begreifen. Sie stehen auf gleicher Stufe wie Humfrey, Iris und – ich. Ich wüßte wirklich zu gern, wie weit Ihre Macht eigentlich reicht.«
»Ich auch«, erwiderte Bink keuchend. Er war völlig außer Atem, während die Anstrengung dem Magier nicht das geringste auszumachen schien. Das war wirklich frustrierend.
»Aber leider kann ich wohl nicht König werden, solange sich ein Talent wie das Ihrige gegen mich stellt. Es tut mir aufrichtig leid, Ihr Leben opfern zu müssen, und ich möchte, daß Sie wissen, daß ich das nicht von Anfang an vorgehabt habe. Ich hätte es vorgezogen, Sie ganz harmlos zu verwandeln. Aber das Schwert ist nun einmal weniger raffiniert als die Magie. Es kann nur verletzen oder töten.«
Bink erinnerte sich plötzlich an Herman den Zentauren, dessen Kopf vom Körper getrennt worden war. Wenn Trent sich endlich dazu entschloß, den Todesstoß zu führen…
Trent machte einen flinken Ausfall, und Bink sprang beiseite. Die Spitze der Klinge ritzte seine Hand, und Bink ließ mit einem Schmerzensschrei seinen Stock fallen. Offenbar konnten ihm mundanische Mittel durchaus Schaden zufügen. Trent hatte auf die Hand gezielt, um sich seiner Sache völlig sicher zu sein.
Diese Erkenntnis löste die geistige Lähmung, die ihn zu einer Unterschätzung seiner eigenen Verteidigungsmöglichkeiten geführt hatte. Er war zwar verwundbar, aber in einem Kampf von Mann zu Mann hatte er durchaus eine Chance. Die schreckliche Macht des Bösen Magiers hatte ihn ständig eingeschüchtert, doch nun war Trent auch nur ein Mann für ihn. Man konnte ihn auch überraschen.
Als Trent sich gerade anschickte, den Todesstoß zu führen, bewegte Bink sich mit geradezu hellsichtiger Sicherheit. Er
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