Chamäleon-Zauber
Theorie der Magie?
»Na ja, du hast dich jedenfalls wacker geschlagen«, sagte Fanchon gerade. »Den Soldaten haben sie schon begraben. Im Lager herrscht eine Totenstille.«
Totenstille – war das die Bedeutung des Omens gewesen? Er war nicht selbst gestorben, aber er hatte getötet, ohne es zu wollen, auf eine Weise, die seiner ganzen Natur fremd gewesen war. War das Omen damit in Erfüllung gegangen?
Bink setzte sich auf, als ihm auch noch etwas anderes klar wurde. »Trents Talent ist also echt. Wir sind verwandelt worden. Wir sind tatsächlich verwandelt worden!«
»Es ist echt. Wir sind wirklich verwandelt worden«, stimmte sie ihm mißmutig zu. »Ich gebe zu, daß ich Zweifel hatte, aber jetzt bin ich überzeugt.«
»Er muß uns zurückverwandelt haben, als wir ohnmächtig waren.«
»Ja, es war nur eine Vorführung.«
»Aber eine wirkungsvolle.«
»Das kann man wohl sagen.« Sie erschauerte. »Bink… ich… ich weiß nicht, ob ich das noch einmal aushalte. Es war ja nicht nur die Verwandlung, es war auch…«
»Ich weiß. Du hast wirklich einen verdammt häßlichen Basilisken abgegeben.«
»Ich würde ein verdammt häßliches Irgendwas abgeben, egal, was es wäre. Aber diese pure Bösartigkeit, diese Dummheit und Schrecklichkeit… das ist wirklich übel! Den Rest meines Lebens so zuzubringen…«
»Ich kann es dir nicht verdenken«, erwiderte Bink. Doch noch immer nagte irgend etwas in seinem Hirn. Das Erlebnis war so überwältigend gewesen, daß er noch eine ganze Weile brauchen würde, um es voll zu durchdenken.
»Ich hätte niemals gedacht, daß jemand mich dazu zwingen könnte, gegen mein Gewissen zu handeln. Aber das hier… das hier…« Sie legte das Gesicht in die Hände. Bink nickte schweigend. Dann wechselte er das Thema. »Hast du bemerkt, daß diese beiden Wesen männlich und weiblich waren?«
»Natürlich«, sagte sie und beherrschte sich wieder, weil sie sich auf etwas Neues konzentrieren konnte. »Wir sind doch auch männlich und weiblich. Der Magier kann unsere Gestalt verändern, aber nicht unser Geschlecht.«
»Aber Basilisken sollten neutral sein. Sie werden aus Hahneiern ausgebrütet… Es gibt keine Basiliskeneltern, nur Hähne.«
Sie nickte nachdenklich, als sie merkte, worauf er hinauswollte. »Du hast recht. Wenn es Männchen und Weibchen gäbe, dann müßten sie sich paaren und fortpflanzen. Was aber dann per definitionem bedeutet, daß es keine Basilisken sind. Das ist ein Paradox.«
»An dieser Definition kann irgend etwas nicht stimmen«, meinte Bink. »Entweder ist da, was den Ursprung dieser Ungeheuer
angeht, eine Menge Aberglaube mit im Spiel, oder wir waren keine echten Basilisken.«
»Wir waren echt«, sagte sie und machte erneut eine Grimasse. »Davon bin ich jetzt überzeugt. Zum erstenmal in meinem Leben bin ich froh über meine menschliche Gestalt.« Was für sie ein bemerkenswertes Geständnis war!
»Das bedeutet aber, daß Trents Magie vollkommen wirklich ist«, sagte Bink. »Er verwandelt nicht nur die Gestalt, er macht Dinge zu anderen Dingen, wenn du verstehst, was ich meine.« Dann wurde ihm klar, was ihn so beschäftigt hatte. »Aber wenn die Magie außerhalb von Xanth nachläßt, außerhalb von dem schmalen Randgebiet vor dem Schild, dann müßten wir uns…«
»Müßten wir nur nach Mundania!« rief sie. »Mit der Zeit würden wir dann unsere ursprüngliche Gestalt wiedererlangen. Also wäre es nicht von Dauer.«
»Also ist seine Fähigkeit, andere zu verwandeln, doch nur ein Bluff, auch wenn sie wirklich ist«, fuhr er fort. »Er müßte uns hier im Käfig behalten, sonst würden wir ihm entfliehen und uns seiner Macht entziehen. Er muß nach Xanth, sonst besitzt er wirklich kaum Macht. Nicht mehr Macht, als er jetzt schon als General dieser Armee besitzt – die Macht, zu töten.«
»Alles, was er jetzt bekommen kann, ist nur ein verführerischer Vorgeschmack auf die Macht«, sagte sie. »Ja, daß er wirklich nach Xanth will, darauf kann man wetten!«
»Aber in der Zwischenzeit sind wir immer noch in seiner Gewalt.«
Sie holte die Ziegel hervor und legte sie in das schwächer werdende Sonnenlicht. »Was wirst du tun?« fragte sie.
»Wenn er mich freiläßt, dann werde ich weiter nach Mundania reisen. Da wollte ich ja sowieso hin, bevor ich überfallen wurde. Eins hat Trent mir jedenfalls gezeigt: Man kann da draußen überleben. Aber ich werde meine Route sorgfältig notieren, denn es sieht ja so aus, als wäre Xanth nur sehr schwer
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