Champagner-Fonds
einen Beirat aus Personen mit dem entsprechenden fachlichen Hintergrund ...«
»Sie verfügen über den Beirat? Heißt verfügen, dass Sie bestimmen ...«
»Das ist Wortklauberei, Monsieur. Man sagt das so, wenn Sie so wollen. Es besteht ein Beirat aus Fachleuten, wenn Ihnen das besser gefällt, der die Performance der Fonds überwacht. Jeweils drei Mitglieder – ein Wirtschaftsprüfer, ein Anwalt und ein Finanzfachmann – überzeugen sich gemeinsam vom ordnungsgemäßen Zustand unserer Lager. Ich habe sie mehr als einmal begleitet. In unserer Depotbank in Luxemburg prüfen sie die Papiere, Rechnungen, Versicherungspolicen ... Das alles hat seine Ordnung.«
Die wird es wohl haben, dachte Philipp, aber von dieser Ordnung würde er sich gern selbst ein Bild machen. Er lächelte jetzt wohlwollend, um seine Skepsis nicht zu zeigen.
Touraine reagierte darauf wie Thomas und viele andere, mit denen er zu tun hatte, er interpretierte Philipps Ausdruck genau entgegengesetzt.
»Ich spüre bei Ihnen, Monsieur Achenbach, ein unbegründetes Misstrauen«, Touraine lächelte noch immer, »es ist mir nicht klar, worauf es sich gründet. Das stört mich. Gibt es irgendetwas Nachteiliges, haben Sie etwas gehört, das unseren Ruf schädigt? Hat man Ihnen etwas zugetragen, das ich aufklären könnte?«
Strategisch gesehen verhielt sich Touraine richtig, er wählte die Vorne-Verteidigung und forderte Offenheit. Gerade die hatte Philipp bei dem Besuch in Villers-Allerand vermisst, bei der Wahl des Termins für ihr erstes Treffen und auch beim Beantworten einiger Fragen.
»Gestatten Sie mir Einblick in die Bestandslisten? Ich möchte mir ein Bild machen, welche Champagnerhäuser ich demnächst unserem Kunden anbieten werde. Und ich muss wissen, welche Marken zu welchem Zeitpunkt freigegeben werden.«
Da war es wieder, dieses Zögern, Touraine brauchte eine Sekunde zu lange, um eine Antwort zu finden. Entweder wusste er nicht Bescheid, oder er legte sich eine Antwort zurecht. Genau das nährte Philipps Argwohn.
»Mit welchen Häusern wir arbeiten, steht in unserem Prospekt. Die Einkaufsrechnungen liegen als Kopie vor, wie ich sagte, das wird Ihnen reichen. Die Originale befinden sich bei der Depotbank. Da hilft Ihnen Mister Goodhouse nötigenfalls. In Köln werden Sie alles Weitere mit ihm besprechen.«
Alles hatte seine Ordnung. Über drei Jahre war ein Stock an Champagner gekauft und in Villers-Allerand eingelagert worden. Da mussten ungefähr 1,6 Millionen Flaschen liegen.Bei einem Durchschnittspreis von achtzehn Euro, wenn man die einfachen Blanc de Blancs zugrunde legte, sowie die teuren Millésimes und die Premiers Cru, kam ein Warenwert von mehr als achtundzwanzig Millionen Euro zusammen. Goodhouse musste ein guter Geldeintreiber sein, um diese Summe zusammenzukriegen. Jetzt kam es darauf an, welche Preise man erzielte, die Anleger wollten etwas davon haben. Sie erhielten, wie Touraine erklärte, eine Grundrendite und wie bei einer Lebensversicherung zusätzlich eine Überschussbeteiligung. Der Fonds kaufte und verkaufte, und aus den Erlösen wurde die Rendite bezahlt. Und die Anteile am Fonds konnten jederzeit verkauft werden. Bisher sollte ein Verkäufer in Kassel den Champagner verkauft haben.
»Wer entscheidet, welcher Champagner eingekauft wird?«, fragte Philipp, der eben die Transportrechnungen durchsah. Innerhalb der Champagne waren die Kosten niedrig, aber für den Verkauf mussten die Flaschen zuvor nach Köln gebracht werden.
»Mister Goodhouse hat Analysten ausgebildet, sie beobachten die Preisentwicklung beim Champagner und kaufen wie bei Aktien die entsprechenden Marken.«
»Sind das Finanz- oder Weinexperten?«
»In erster Linie sind wir ein Fonds und orientieren uns an möglichen Erträgen. Wir wollen keinen Schönheitswettbewerb gewinnen. Die offiziellen Bewertungen spielen zwar eine Rolle ...«
»Menschen, die bereit sind, für Champagner Geld auszugeben«, unterbrach Philipp, »für hochwertigen Champagner, können meistens ein gutes von einem weniger guten Produkt unterscheiden.«
Wenn Touraine so ordinär grinste wie jetzt, bekam er einen sehr herablassenden Zug. Es passte zu dem, was er sagte. »Wissen Sie, und da sind wir uns doch bestimmt einig, die wenigsten Menschen haben Geschmack. Wannwird Champagner getrunken? Wenn ein alter Knacker eine junge Frau rumkriegen will, deshalb nennen es viele Hoteliers die Nutten-Brause. Filmsternchen feiern ihren neuen Plastikbusen mit
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