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Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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bestimmt, beziehungsweise ihre Köchin, und dass wir von den leichten zu den schweren Weinen übergehen, verlangt nicht nur die Etikette. Seine Lehre beschloss Brillat-Savarin übrigens mit dem Hinweis auf ein gemäßigtes Tempo der Gangfolge, denn wie er sagte, ›das Diner ist die letzte Beschäftigung des Tages. Gäste sind Reisende, die zugleich am selben Ziel ankommen wollen.‹«
    Es war genug, er war auch am Ziel, es waren genügend Ideen da, die aufgegriffen werden konnten, um sich näherzukommen und peinliche Pausen zu überbrücken: Gedanken zum Weiterspinnen, weit weg von jeder Debatte über Männerthemen wie Fußball, Autos und Politik. Es ging weiter mit Spargel, dann kam ein Fisch im Salzmantel auf den Tisch, danach am Spieß gegrilltes Rindfleisch mit Pampelmuse, Koriander und Thymian.
    Vom Champagner blieb Philipp besonders der Brut Rosé in Erinnerung, Wildkirsche, Feige und Johannisbeere. Es war ein Wein für Sterne und nicht für Sternchen, nicht das billig Spritzige, sondern das ruhig Tragende für Kenner. Als Krönung empfand er den Authentis, einen Premier Cru,ausschließlich Pinot noir, und der Grundwein war im Barrique ausgebaut. Eigentlich mochte er die wenigsten Weine dieser Art. Die wenigsten Winzer konnten das Holzaroma, das der Wein in der Eiche annahm, richtig dosieren, und es blieb wenig von der Fruchtigkeit der Weintraube, um die es eigentlich ging. Dieser Champagner hier war aber so komplex, die einzelnen Komponenten hatten sich so gut miteinander verbunden, dass eines vom anderen nicht mehr zu trennen war.
    Louise sah ihm an, dass ihm der Wein gefiel, er hätte gern mit ihr darüber gesprochen, doch in ihrem Kreis kam man immer wieder auf das Thema Wirtschaft zurück. Sie waren schließlich Händler.
    Als der Brite darauf angesprochen wurde, dass sich die notleidenden Banker der Londoner City wieder auf dem Wege der Besserung befanden, was sich auch im Champagnerabsatz zeige, konnte Louises Importeur von der Insel, Mister Gabriel Wallace, mit Insiderwissen aufwarten. Das brachte Philipp auf die Idee, ihn nach Goodhouse zu fragen.
    »Ich kenne jemanden mit diesem Namen, wenn wir denselben meinen. Ich habe ihn vor Jahren mal getroffen, bei der Verkostung kalifornischer Weine. Er war ein erfolgreicher Investmentbanker, sehr erfolgreich, seriös, er hatte einen ausgezeichneten Ruf. Kann es sich um den Mann handeln, den Sie meinen?«
    »Durchaus. Aber gesehen habe ich ihn nie, und dass er Weinliebhaber ist, wusste ich nicht.«
    »Das ist das Besondere an ihm. Er ist ein international ausgewiesener Weinkenner und Weinliebhaber mit einer umfangreichen Sammlung. Ich bin ihm später noch einmal bei einer Versteigerung bei Acker, Meryll & Condit begegnet. Wenn ich mich richtig erinnere, hat er den Zuschlag für eine Kiste Cheval-Blanc-Weine von 1957 bekommen. Wenn Sie mehr wissen wollen, Mister Achenbach, dann bringe ich Sie mit einem Freund von mir in Kontakt, der bei derMidland Bank gearbeitet hat, der kennt die ganze Bande.« Wallace lachte glucksend.
    »Es freut mich, dass Sie die so nennen.« Philipp stimmte in sein Lachen ein. »Ich empfinde das ähnlich«, sagte er, ohne zu ahnen, dass er der Holländerin das Stichwort für einen Sturzflugangriff gegeben hatte. Wie eine gereizte Hornisse stieß sie auf den Engländer herab.
    »Ich empfinde es geradezu als Vaterlandsverrat, dass Sie als Brite die Banken, die Bankiers und Investoren der City durch den Begriff ›Bande‹ mit Kriminellen auf eine Stufe stellen.«
    »Sind sie das nicht?«, fragte der Brite und lächelte so vornehm, wie man es von ihm erwarten konnte. »Sie wollen ausschließlich unser Bestes, nämlich unser Geld. Sie haben wissentlich Millionen ins Unglück gestürzt und Milliarden einfach in nichts aufgelöst. Sie sind rücksichtslos, gnadenlos, egozentrisch   ...«
    »Niemand hat gegen Regeln verstoßen, gegen Gesetze!«
    »Es geht auch nicht darum, meine Liebe.« Jetzt wurde sein Ton scharf. »Meinen Sie nicht, dass es vielmehr um Verantwortung, um Ethik und Anstand geht?«
    Darauf ging sie nicht ein, stattdessen zog sie atemlos über die sensationsgierigen Medien her (wobei sie nicht ganz unrecht hatte), die schuld daran seien, dass die Krise sich in derartiger Geschwindigkeit weltweit hatte ausbreiten können (was nun wieder Unsinn war). Sie insistierte auf System- und Sachzwängen und den falschen Bewertungen der Ratingagenturen, wodurch die Banken zum Handeln genötigt seien, wie durch die Gier der Anleger. Die

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