Champagner und Stilettos
gerade einen Anruf bekommen, dass er bei Jay Leno auftreten soll.« Ihre Stimme bebte vor Stolz. Obwohl es nicht nur unprofessionell, sondern auch dumm war, einer jungen Patientin von ihren privaten Belangen zu erzählen, war sie momentan viel zu glücklich, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen.
Kaylies Kopf fuhr hoch. »In der Tonight Show ?«
Brooke nickte, während sie in den Unterlagen auf ihrem Schreibtisch kramte, um sich ihre Freude nicht allzu sehr anmerken zu lassen.
»Wie geil ist das denn? Das ist ja das Coolste, was ich je gehört hab!« Kaylies Pferdeschwanz wippte vor Begeisterung. »Wie heißt er, und wann tritt er auf? Das will ich auf keinen Fall verpassen.«
»Julian Alter, Dienstagabend.«
»Glückwunsch, Mrs. A. Ihr Mann muss ja ein toller Typ sein, wenn Leno ihn in seiner Sendung haben will. Sie fahren dann doch sicher mit nach L.A. , oder?«
»Nach L.A. ?« Brooke war überhaupt noch nicht dazu gekommen, über die Logistik des Ganzen nachzudenken, und auch Julian hatte kein Wort davon erwähnt.
»Wird denn die Tonight Show nicht in L.A. aufgezeichnet? Da müssen Sie unbedingt mit.«
»Unbedingt«, antwortete Brooke mechanisch, obwohl sie das ungute Gefühl hatte, dass Julian nicht nur vor lauter Aufregung vergessen hatte, sie einzuladen.
Eigentlich wäre das Beratungsgespräch erst in zehn Minuten zu Ende gewesen, aber Brooke konnte sich einfach nicht mehr konzentrieren. Sie beschloss, es für heute gut sein zu lassen.
»Entschuldige, Kaylie, ich muss heute etwas früher Schluss machen. Aber am Freitag bin ich wieder da, und ich sag deiner Lehrerin Bescheid, dass wir die komplette sechste Stunde brauchen, weil wir heute nicht ganz fertig geworden sind. Einverstanden?«
Kaylie nickte. »Klar, Mrs. A. Das ist doch ein großer Tag für Sie. Gratulieren Sie ihrem Mann von mir, ja?«
Brooke lächelte. »Danke, das mach ich. Noch etwas, Kaylie. Wir sind noch nicht fertig mit diesem Thema. Tipps zum Abnehmen werde ich dir nicht geben, das fände ich nicht richtig. Aber wenn du über gesunde Ernährung sprechen möchtest, bin ich immer für dich da. Okay?«
Kaylie nickte, und Brooke meinte, noch ein kleines Lächeln erspäht zu haben, bevor sie den Raum verließ. Obwohl es dem Mädchen nichts auszumachen schien, dass sie die Sitzung abgebrochen hatte, plagte Brooke das schlechte Gewissen. Es war nicht leicht, das Vertrauen der Schülerinnen zu gewinnen, und gerade bei Kaylie hatte sie den Eindruck, dass sie in der letzten Zeit ein bisschen zugänglicher geworden war.
Sie schwor sich, am Freitag alles wiedergutzumachen, meldete sich schnell noch mit einer Mail bei Rhonda, der Direktorin der Huntley, wegen angeblichen Unwohlseins ab, schmiss ihren Krempel in eine Leinentasche und sprang direkt in ein wartendes Taxi. Wenn man an einem solchen Tag nicht mal ein bisschen Geld auf den Kopf hauen konnte, wann dann?
Trotz des Stoßverkehrs ging die Fahrt deutlich schneller als im üblichen Schritttempo voran, und Brooke war bereits um halb sieben zu Hause. Sie kniete sich hin und ließ sich von Walter zur Begrüßung das Gesicht abschlecken. Anschließend beglückte sie ihn als Ersatz mit einem dicken, stinkigen Kauknochen – seinem Lieblingsleckerli. Nachdem sie sich aus einer offenen Flasche ein Glas Pinot Grigio eingeschenkt hatte, spielte sie mit dem Gedanken, Julians frohe Botschaft auf Facebook unter »Neuigkeiten« ins Netz zu stellen, ließ es dann aber doch lieber bleiben; sie wollte nichts hinausposaunen, ohne ihn vorher gefragt zu haben.
Die erste Neuigkeit auf ihrer Homepage war leider von Leo. Offenbar hatte er seinen Twitter-Account mit seiner Facebook-Seite gekoppelt, und obwohl er normalerweise nichts, aber auch gar nichts Interessantes zu vermelden hatte, nutzte er die permanente Update-Funktion jetzt weidlich aus.
Leo Walsh … HAMMERHART : SHOOTINGSTAR JULIAN ALTER TRITT AM DIENSTAG IN DER TONIGHT SHOW AUF ! L.A. , WIR KOMMEN …
Der reißerische Ton war ihr ebenso unangenehm wie die Vorstellung, dass Leo zusammen mit Julian nach Los Angeles fliegen würde, während von ihr natürlich keine Rede war.
Sie duschte, rasierte sich die Beine, putzte sich die Zähne. War es vermessen von ihr, anzunehmen, Julian würde sie als Verstärkung in L.A. dabeihaben wollen? Oder dachte er vielleicht, eine Geschäftsreise machte man besser mit seinem Manager statt mit seiner Frau?
Während sie eine unparfümierte Feuchtigkeitslotion auftrug – Julian hasste alles, was duftete –,
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