Champagner und Stilettos
die Rollos runterzulassen.« Dass sie zuerst Julian angerufen hatte, verschwieg sie lieber; sie solle nicht so überreagieren, hatte er geantwortet, sie müsse mit solchen Dingen allein fertig werden, ohne ihn »immer sofort so panisch« anzurufen.
Heather schüttelte sich. »Das ist ja grauenhaft. Hast du wenigstens eine Alarmanlage?«
»Noch nicht, aber die kommt als Nächstes.« Insgeheim hoffte Brooke, sie würden vorher umziehen – gestern am Telefon hatte Julian etwas von einer »besseren Wohngegend« gemunkelt –, aber sie wusste nicht, wie ernst diese Idee gemeint war.
»Entschuldige mich mal eben«, sagte Heather und nahm ihre Handtasche von der Stuhllehne.
Kaum war die Toilettentür hinter ihr ins Schloss gefallen, schnappte Brooke sich die Zeitschrift. Obwohl sie die Fotos vor nicht einmal einer Stunde zuletzt gesehen hatte, konnte sie es sich nicht verkneifen, direkt bis Seite vierzehn vorzublättern. Automatisch wanderten ihre Augen zur unteren linken Ecke, wo das Bild ganz unschuldig zwischen lauter Promiaufnahmen eingepasst war: Ashton mit der Hand auf Demis straff trainiertem Po, Suri auf Toms Schultern, daneben Katie und Posh Seite an Seite.
Brooke strich die Zeitschrift auf dem Tisch glatt und beugte sich darüber. Das Foto war noch genauso verstörend wie sechzig Minuten zuvor. Wenn sie nur einen flüchtigen Blick darauf geworfen hätte und nicht zufällig ihr Mann und ein weltberühmtes Starlet darauf zu sehen wären, hätte sie nichts weiter daran gefunden. Am unteren Bildrand konnte man die erhobenen Arme in den ersten Zuschauerreihen erkennen. Julian hatte den rechten Arm triumphierend emporgereckt, und seine Hand umklammerte das Mikrofon, als ob es ein Schwert mit magischen Kräften wäre. Jedes Mal, wenn Brooke ihn in dieser Pose sah, lief es ihr kalt über den Rücken. Sie konnte es kaum fassen, wie sehr er einem echten Rockstar glich.
Layla trug ein unverschämt kurzes geblümtes Kleidchen und nietenbesetzte weiße Cowboystiefel. Sie war gebräunt, geschminkt, mit künstlich verlängerten Haaren aufgetakelt bis zum Gehtnichtmehr, und die glückselige Miene, mit der sie zu Julian aufschaute, war ekelerregend. Noch schlimmer aber war sein Ausdruck. Die schmachtende Entrückung stand ihm dank der professionellen Nikon unübersehbar mit flammenden Farben ins Gesicht geschrieben. Es war die Art von Blick, die eine Ehefrau sich ein, zweimal im Leben erhoffen würde, am Tag ihrer Hochzeit vielleicht oder auch noch bei der Geburt ihres ersten Kindes. Genau die Art von Blick also, auf die man gut verzichten konnte, wenn ihn der eigene Mann auf den Seiten eines Klatschmagazins einer anderen Frau zuwarf.
Hinter der Tür rauschte der Wasserhahn. Schnell schlug Brooke das Heft zu und legte es mit der Titelseite nach unten wieder an seinen Platz. Als Heather zurückkam, ließ sie den Blick zerknirscht von Brooke zu der Zeitschrift hinüberwandern, als ob es ihr leidtäte, sie liegen gelassen zu haben. Am liebsten hätte Brooke ihr gesagt, dass es ihr nichts ausmachte, dass sie sich allmählich an das ganze Drumherum des Ruhms gewöhnte, aber das ließ sie natürlich bleiben. Stattdessen platzte sie mit dem Erstbesten heraus, das ihr in den Sinn kam, um den peinlichen Augenblick zu überspielen.
»Es war echt super, dass wir uns hier getroffen haben. Ist doch schade, da verbringen wir jede Woche so viele Stunden in der Schule und sehen uns nie auch mal privat. Das sollten wir ändern! Vielleicht verabreden wir uns am Wochenende mal zum Brunch oder zum Abendessen …«
»Klingt gut, ja. Viel Spaß noch!« Heather winkte ihr im Hinausgehen zu. »Dann also bis nächste Woche.«
Brooke winkte zurück, aber Heather war schon draußen. Während sie sich noch fragte, ob sie wohl zu offenherzig gewesen war, und nach ihrer Tasche griff, um ebenfalls aufzubrechen, klingelte ihr Handy. Das Display zeigte ihre alte Studienkollegin Neha an.
»Hi!«, sagte Brooke, warf zwei Dollarscheine auf den Tresen und trat aus der Tür. »Wie geht’s?«
»Brooke! Ich wollte bloß mal Hallo sagen. Wir haben so lange nichts mehr voneinander gehört.«
»Ja, eine halbe Ewigkeit. Wie ist die Lage in Boston? Gefällt dir dein Job in der Klinik? Und wann zum Teufel kommt ihr uns endlich mal wieder besuchen?«
Sie hatten sich zuletzt vor einem halben Jahr gesehen, als Neha mit ihrem Mann Rohan über die Weihnachtstage in New York gewesen war. An der Uni waren sie eng befreundet gewesen und hatten später in der
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