Champagnerkuesschen
signalisieren, und schon hat man ihre volle Aufmerksamkeit. Das hat die Natur gut eingerichtet.
Aus dem Augenwinkel beobachte ich, wie die Bedienung zu Bennis Tisch geht. Oh Gott! Sind die beiden etwa schon fertig und wollen gehen? Neeein! Zu meiner Erleichterung bestellen sie etwas. Puh! Das gibt mir Zeit, einen Schlachtplan zu entwickeln. Ich nehme einen weiteren Schluck aus meinem Glas. Schon leer! Bei dem Preis, den die hier verlangen, könnten die wirklich größere Gläser servieren.
„Entschuldige mich“, sage ich und stehe auf. „Ich muss mal kurz für kleine Mädchen.“ Mir ist leicht schwindelig. Die Gläser mögen zwar klein sein, aber die Alkoholmenge darin ist es definitiv nicht. Vielleicht hätte ich eine Kleinigkeit davor essen sollen?
„Kein Problem“, sagt Andreas und lächelt. „Ich werde nicht weglaufen.“ Haha!
„Hast du Lust, uns noch ein Glas zu bestellen?“ Mein Blick fällt auf Andreas´ Glas, das noch halb voll ist. „Der Aperol Sprizz , den die hier machen, ist wirklich lecker.“
Andreas nickt.
„Danke. Bis gleich.“
In der Toilette angekommen, stürze ich zum Spiegel. Oh je! Meine Haare sehen aus, als hätten Vögel darin genistet. Und mein Make-up hat sich schon wieder verabschiedet. Hastig öffne ich meine Clutch und beginne mit den Restaurationsarbeiten. Ein bisschen Wimperntusche, Concealer für die Augenringe und etwas Rouge frischen mein Äußeres auf. Schließlich kann ich Benni unmöglich so vor die Augen treten – und genau das ist mein Plan. Wenn Benni glaubt, er könne mich betrügen, werde ich ihm zeigen, dass ich das viel besser kann. Ich bin die Meisterin des Betrügens ...
Da meine Lippen unter dem gleichen Volumenmangel wie mein Busen leiden, trage ich eine ordentliche Portion meines neu erworbenen Lipgloss‘ auf. Ich liebe die moderne Hightechkosmetik! Der Hersteller wirbt damit, dass man davon Schmolllippen wie Angelina Jolie bekomme. Meine Lippen kribbeln leicht. Interessiert betrachte ich meinen Mund. Tatsächlich bilde ich mir ein, dass meine Lippen schon voller erscheinen. Ich lächele mein Spiegelbild an. Julia Zoe Löhmer – der neue Inbegriff männlicher Fantasien! Ja, so könnte es gehen. Julia Zoe Jolie Löhmer geht zum Angriff über.
Moment! Fast hätte ich ein wichtiges Detail vergessen. Ich knöpfe meine Bluse ein Stück weiter auf als gewöhnlich. Mein weißer Spitzen-BH blitzt hervor. Man soll schließlich zeigen, was man hat. In meinem Fall eine gut gepushte Körbchengröße 75 ½ B. Ich streiche meine Bluse glatt, strecke meinen Rücken durch und nehme meine Schultern zurück. Ein letzter Kontrollblick in den Spiegel. Aufrecht wie eine Amazone verlasse ich die Toilette.
Ich schlucke bei dem Anblick der beiden. Benni und Annika sind noch immer in ihr Gespräch vertieft. Die können die Augen gar nicht voneinander lassen! Meine Hände sind ganz feucht, und mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Am besten tue ich so, als käme ich ganz zufällig an ihrem Tisch vorbei. Betont lässig und etwas langsamer als normal nähere ich mich Bennis Tisch. Keine Reaktion! Hilfe! Wenn ich noch langsamer gehe, könnte man den Eindruck bekommen, ich ginge rückwärts.
Gleich bin ich vorbei!
„Julia?“
Gott sei Dank! Er hat mich gesehen. Okay, it’s Showtime, Baby! Jetzt schön cool bleiben. Nur keine hektischen Bewegungen.
Ich lasse meinen Blick scheinbar wahllos über die Menge gleiten. Bloß nichts anmerken lassen. Ich mache erneut einen Schritt.
„Julia!“, ruft es erneut direkt hinter mir. Ha!
Benni sieht mich mit großen, erstaunten Augen an.
Ich tue sichtlich überrascht. „Benni?! Was für ein Zufall. Was machst du denn hier?“ Mein Blick fällt auf Annika, die mich ebenfalls mit hochgezogenen Augenbrauen mustert. „Ach, wie ich sehe, bist du nicht alleine.“ Um das nicht zu bemerken, müsste ich schon blind sein!
„Äh ... ja ... Annika ist ganz neu in Hamburg, und ich wollte ihr die Umgebung zeigen.“
Haha! Das kann der seiner Großmutter erzählen.
„Ach, wie nett von dir“, antworte ich betont fröhlich. „Hallo Annika. Schön, dich wiederzusehen.“ Das ist zwar eine glatte Lüge. Aber, wie sagte Omi Trude schon immer: Kannst du deinen Feind nicht besiegen, verbünde dich mit ihm.
„Und du?“, fragt Benni und schaut hinter meinen Rücken. Als ob ich da einen Mann versteckt hätte.
„Ich bin mit Andreas Neumann hier.“ Ich deute auf unseren Tisch, wo Andreas gelangweilt in die Ferne schaut. Bennis
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