Champagnerkuesschen
zurück. Der Kerl ist knapp 1,68 m und somit kaum größer als ich. Abgerundet wird das Bild eines Schwächlings und potenziellen Losers durch seine hängenden Schultern und die milchig weiße Haut. Ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, was Harald an diesem Mann attraktiv finden könnte.
„Äh, wir sind hier für einen Freund, der leider nicht kommen kann“, fange ich zaghaft an. Nach der Erfahrung von vorhin habe ich keine Lust, mir noch eine Abfuhr zu holen. Der Mann reißt fragend die traurigen Äuglein auf, was mich ermutigt, weiterzumachen.
„Wir suchen jemanden, der unter dem Namen Toyboy hier mit ihm verabredet war.“ Katja nickt zustimmend. Ihre Mundwinkel zucken verdächtig und kündigen einen Lachkrampf an. Das Männlein zieht misstrauisch die Augenbrauen zusammen. „Wer will das wissen?“
„ Schwarzer Hengst 6 “, antworten Katja und ich wie aus einem Munde.
„Bist du Toyboy ?“, frage ich. Wenn das Toyboy ist, möchte ich nicht wissen, wie Mr Blond oder Loverboy aussehen.
„Warum?“
Ich stöhne leise auf. Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Angelegenheit derart schwierig gestalten würde.
„Ist das irgendein Trick oder ein schlechter Scherz?“, fragt der Mann weiter.
„Also, hör mal zu, Toyboy , oder wer du auch bist. Wir sind nur die Übermittler, sonst weiter nichts. Schwarzer Hengst6 ist krank und kann nicht kommen. Geht das in deinen kleinen quadratischen Schädel, oder möchtest du es lieber schriftlich haben?“ Katja kann manchmal wirklich ziemlich direkt werden. Toyboy sieht aus, als breche er gleich in Tränen aus.
Ich lege ihm die Hand auf die Schulter, wa s Toyboy zum Anlass nimmt, sich in meine Arme zu werfen. Katja zuckt nur mit den Schultern.
„Ich hätte es wissen müssen. Keiner will mich“, flüstert Toyboy betrübt. „Das ist schon mein drittes Date, wo man mich versetzt.“
„Ich hätte nicht gedacht, dass es nach Harald noch eine Steigerung gibt“, brummt Katja.
Im Hintergrund johlen immer noch diverse Männer:
... Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht ...
Wie passend!
„Das stimmt doch nicht. Schwarzer Hengst6 wäre bestimmt gekommen, wenn er nicht krank geworden wäre“, widerspreche ich halbherzig.
„Wirklich?“ Toyboy hebt seinen Kopf und sieht mich mit traurigen Basset-Augen an. Anscheinend ist es für manche Schwule genauso schwer, einen passenden Partner zu finden wie für ledige Frauen um die dreißig.
„Wirklich“, nicke ich. „Ich kenne ihn schon ziemlich lange, und er hält immer sein Wort, außer es kommt etwas dazwischen, so wie heute. Außerdem – sieh‘ dich doch nur mal um.“ Ich deute auf eine Gruppe tanzender Modelschönheiten. „Hier sind ja wohl genügend Männer.“
„Aber keiner, der mich will“, beharrt Toyboy .
Ein Mann ohne Selbstwertgefühl. Das ist ja mal eine ganz neue Erfahrung. Selbst Harald hält sich für den Nabel der Welt, und er ist definitiv kein Mann im klassischen Sinne. Männer betreten normalerweise einen Raum voll Frauen, und, egal wie unattraktiv sie sind, halten sie sich für das Beste, was diesen Frauen passieren kann. Bei Schwulen scheint das irgendwie anders zu sein.
„Alles wird gut!“, höre ich mich sagen. „Du findest auch noch den Richtigen.“ Ach du meine Güte! Ich höre mich schon an wie diese verknöcherte Nina Ruge. Ich bin kurz davor, Toyboy an die Hand zu nehmen und zu sagen: So mein Kleiner, jetzt bringt dich die Tante Julia zum Spielen nach Hause.
Katja gibt mir einen Knuff in die Seite, was so viel bedeutet wie: Lass uns endlich abhauen!
„Tja, du ... wir müssen dann mal los“, stottere ich.
„Wirklich?“ Jammerlappen alias Toyboy sieht noch jammerlappiger aus.
„Na ja, nicht sofort. Wir könnten ...“ Katja versetzt mir einen Seitenhieb, sodass ich fast umfalle. „Äh, ich meine ...“
„Ich möchte euch auf einen Drink einladen“, piepst Toyboy plötzlich. „Schließlich seid ihr extra wegen mir gekommen. Dürfte nicht der bevorzugte Laden für zwei Frauen sein. Oder seid ihr ...?“ Er legt seinen Kopf leicht schräg und mustert uns interessiert.
„Äh, du meinst, ob wir beide ...“ Ich deute mit dem Finger auf mich und dann auf Katja, die kurz davor ist, vor Lachen zu explodieren.
Toyboy nickt.
„Nein, sind wir nicht, aber wir könnten es ja mal versuchen!“ Katja zwinkert mir zu. „Was meinst du?“
Ich breche in Lachen aus.
„Egal. Was möchtet ihr trinken?“ Er beäugt unsere Gläser mit
Weitere Kostenlose Bücher