Champagnerkuesschen
an der Tür,
und ich weiß, er bleibt hier,
nie vergess ich unseren ersten Tag,
Naaa naa naa na, na na na,
denn ich fühlte gleich, dass er mich mag,…
Der Song war schon ein Oldie, als ich jung war, aber meine Mutter ist ein absoluter Fan des deutschen Schlagers, und so kann ich bis heute jedes deutsche Lied fehlerfrei mitsingen. Ich springe auf die Tanzfläche, in der Hand das imaginäre Mikrofon, und singe lauthals mit:
… Naaa naa naa na, na na na.
Ist es wahre Liebe (uuuhhhuuuhhuuuu),
die nie vergeht (uhuuuhuu),
oder wird die Liebe vom Winde verweht?
Der Saal tobt. Völlig losgelassen tanzen lauter Männermodels um mich herum, als gäbe es keinen Morgen. Leider nicht mit mir! Ich schnappe mir Katja und halte ihr das imaginäre Mikrofon unter die Nase.
„Los, mitmachen!“, brülle ich gegen den Lärm an.
„Ist das ein Befehl?!“, ziert sich Katja. Ich nicke und breche in lautes Lachen aus, als ich Katjas Gesicht sehe. Die absolut perfekte Katja hat genau einen Fehler, soweit man das als Fehler bezeichnen kann: Sie ist nämlich absolut unmusikalisch. Wenn Katja singt, rollen sich dem Zuhörer die Fußnägel auf. Aber hier, bei der Lautstärke, die um uns herum herrscht, spielt das absolut keine Rolle. Katja holt tief Luft und dann legen wir los ...
Er gehört zu mir, wie mein Name an der Tür,
und ich weiß, er bleibt hier,
alles fangen wir gemeinsam an,
Naaa naa naa na, na na na,
doch vergess ich nie, wie man allein sein kann,
Naaa naa naa na, na na na.
Steht es in der Sternen (uuhhuuuhhhuuuuu),
was die Zukunft bringt (uuhuhuu),
oder muss ich lernen, dass alles zerrinnt ...
„In meinem nächsten Leben werde ich schwul. Die Jungs wissen wenigstens, wie man Feste feiert“, keuche ich völlig außer Atem, während mich Katja von der Tanzfläche bugsiert.
„Wir sind nicht zum Vergnügen da“, schreit mir Katja ins Ohr. Tinnitus lässt grüßen. „Wir müssen Toyboy finden. Da hinten ist einer, der genau auf die Beschreibung passt.“
Ich folge Katjas Zeigefinger mit den Augen. Tatsächlich hüpft auf der Tanzfläche ein mittelgroßer blonder Mann in roter Hose herum. Ich schlängele mich durch die schwitzenden Leiber der Tanzenden hindurch.
„Hallo“, nehme ich den Kontakt zu Toyboy auf.
Toyboy glotzt mich mit großen Augen an. „Hey Schwester, bei mir bist du an der falschen Adresse.“ Er dreht sich um und tanzt einen jungen Mann in hautenger Lederhose neben sich an.
Ich drängele mich mit rhythmischen Hüftbewegungen zwischen die beiden Tänzer. Toyboy macht eine elegante Drehung und schwups – starre ich auf seinen Rücken. So langsam nervt mich der Kerl. Ich tippe ihm von hinten auf die Schulter.
„Hallooo. Toyboy ?“ Er dreht sich zu mir. Ich grinse ihn breit an.
Der Mann mustert mich mit hochgezogener Augenbraue.
„Sag mal, Mutti. Hast du den Schuss nicht gehört? Das hier ist ne Schwulenkneipe und kein Kontakthof für Singles. Wenn du einen Toyboy für dich suchst, bist du hier falsch! Kapiert!“ Dann dreht er sich wieder von mir weg, um Sekunden später mit seinem Gegenüber zu züngeln.
Ja, das war dann wohl Fehlanzeige! Ich mache mich so schnell ich kann von der Tanzfläche.
„Und?“ Katja schielt über meine Schulter, um zu sehen, was der vermeintliche Toyboy macht und verzieht das Gesicht.
„Der war es definitiv nicht.“ Ich setze mich auf den Hocker neben Katja und lasse meinen Blick erneut über die Tanzenden schweifen. Der falsche Toyboy scheint sich mit seinem Gegenüber einig geworden sein, jedenfalls verschwinden beide gerade in Richtung Toiletten.
Okay! Mein Blick bleibt an einem kleinen Mann mit roter Hose hängen, der schräg gegenüber am Tresen steht und etwas verloren wirkt. Er hat schiefe Zähne, eine lange Nase und volles braunes Haar. So, wie er sich an seine Bierflasche klammert, bekommt man den Eindruck, er habe Angst, jemand könnte sie ihm wegnehmen.
„Ich wette, das ist unser Zielobjekt“, sage ich. „Der gehört genau zu den Typen, die sich in solchen Singlebörsen herumtreiben. Hässliches Entlein, das im wahren Leben keinen findet.“
Katja trinkt einen Schluck Kiba und beugt sich vor. „Ja, damit könntest du recht haben.“
„Na dann, Versuch Nummer zwei!“ Wir schnappen uns unsere Gläser und schlängeln uns durch die Männerreihen aufs Zielobjekt zu. Diesmal fange ich das Gespräch geschickter an.
„Hallo, ich bin Julia und das ist meine Freundin Katja.“
„Hallo“, piepst es traurig
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