Champagnerkuesschen
hastig und senke meinen Blick.
„Wirklich?“ Er schiebt seine Hand unter mein Kinn und zwingt mich, ihm in die Augen zu sehen.
„Wirklich!“, bestätige ich. Mein Gesicht straft mich Lügen, denn ich spüre, wie ich feuerrot werde. Scheiß vegetatives Nervensystem!
„Mmh!“ Benni lässt mein Kinn los. Ich greife nach meinem Glas. Wir stoßen an. Ich trinke mein Glas aus, ohne abzusetzen.
„Hey, du hast aber einen Zug drauf“, kommentiert Benni.
„Ja!“ Ich winke den Kellner herbei und lasse mir nachschenken. Vergessen sind meine Diät und meine guten Vorsätze.
„Julia! Ich habe großartige Neuigkeiten!“, fängt Benni an, als ich mein Glas absetze. „Du bist die Erste, die davon erfährt!“ Noch vor einer halben Stunde hing mein Himmel noch voller Geigen, jetzt klingeln bei mir sämtliche Alarmglocken. Was kann es nach dieser Niederlage noch für tolle Neuigkeiten geben? Irgendwie werde ich das Gefühl nicht mehr los, dass gleich etwas kommt, was mir auch nicht gefallen wird. Erst jetzt fällt mir auf, wie nervös Benni ist. Sein Adamsapfel hüpft auf und ab, und auf seiner Oberlippe haben sich kleine Schweißperlen gebildet.
„Welche Neuigkeiten?“, unterbreche ich ihn. Oh Gott! Ich muss meiner Mutter sagen, dass Benni und ich nicht heiraten werden. Damit ist mein Schicksal als lesbische Tochter besiegelt!
„Aber das will ich dir doch gerade erzählen.“
„Entschuldige bitte, ich bin immer noch ganz durcheinander wegen der Ohrringe“, sage ich. Und das ist noch untertrieben. Ich bin völlig durch den Wind! Ich muss unbedingt die Brautzeitschriften stornieren, die ich kurz bevor mich Benni abgeholt hat, im Internet bestellt habe. Ich muss meine Eltern anrufen. Ich bin erledigt!
Benni runzelt die Stirn und fährt dann fort. „Du kennst meine Pläne, mit dem Verlag zu expandieren.“
Ich nicke.
„Wir müssen andere Geschäftsfelder eröffnen, wenn die Hirsekorn Verlagsgruppe auf dem Markt bestehen soll.“
Ich nicke erneut.
„Ich habe es geschafft!“ Benni strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Seine Augen glänzen, und sein Mund verzieht sich zu einem breiten Grinsen.
„Was?“, frage ich verwirrt.
„Ich habe heute den Vertrag mit einer großen Investorengruppe unterschrieben. Der Eröffnung eines Verlagshauses in München mit neuen Geschäftsfeldern steht nun nichts mehr im Weg.“ Er sieht Beifall heischend zu mir.
„Benni, ich freue mich für dich.“ Ich gebe ihm halbherzig einen Kuss. „Das sind wirklich tolle Neuigkeiten.“
„Ich dachte mir, dass du dich freuen würdest. Deswegen liebe ich dich ja auch. Du bist immer verständnisvoll.“
Wenn der wüsste. Mein Verständnis hält sich gerade schwer in Grenzen.
„Ich bin mir sicher, dass unsere Beziehung dieser Herausforderung gewachsen ist“, fährt Benni fort.
Äh, wie jetzt?! Was meint er mit Herausforderung?
„Gott sei Dank gibt es ja stündlich Flüge zwischen Hamburg und München.“ Benni nimmt einen Schluck aus seinem Glas.
Wahrscheinlich bin ich in einer Art Schockzustand gefangen und verstehe deshalb nicht, was Benni meint. Um etwas Zeit zu gewinnen, nehme ich ebenfalls mein Glas zur Hand.
„Und so eine Wochenendbeziehung hat ja auch durchaus seinen Reiz“, beendet Benni seine kleine Ansprache. Ich verschlucke mich und fange ganz fürchterlich an zu husten.
Benni klopft mir auf die Schulter. Ich huste noch stärker. Der Alkohol brennt in meiner Luftröhre. „Julia, alles okay?“
„Nein!“, sage ich lauter als gewollt. „Nichts ist okay!“ Der Mann am Nachbartisch sieht interessiert zu uns rüber. Aber das ist mir egal. Ich wäre schließlich keine Frau, wenn ich meine Krisen nicht laut und emotional ausleben würde. Männer gehen sich in schwierigen Zeiten betrinken, während wir Frauen uns die Seele aus dem Leib heulen.
„Julia, was ist los?“
„Ich dachte, du und ich ...“ Benni sieht mich mit seinen großen braunen Dackelaugen an. „Ich dachte, wir sind ein Paar ...“ Ich verstumme und schüttele den Kopf.
„Ja, sind wir doch auch!“ In seinem Gesicht steht ein großes Fragezeichen geschrieben.
„Ach, ist schon gut“, winke ich ab. Ich befinde mich in meinem persönlichen Albtraum. Soviel ist sicher.
„Hey, alles in okay mit dir?“ Benni beugt sich zu mir und streichelt meine Wange. Ich ziehe meinen Kopf zurück.
„Nein“, sage ich. Ich balle meine Hände unter dem Tisch z u einer Faust. „Ich bin stocksauer. Wir hatten eine Abmachung, falls du es vergessen haben
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