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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Möller
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sich eindeutig zu oft Gedanken über ihre Gedanken machen. Sie sollten diese Tätigkeit dringlichst auf ein Minimum reduzieren.«
    »Verstehe.«
    Ich schlurfe im Frotteebademantel und mit einem Cappuccino in der Hand durch die langsam heller werdende Wohnung. Es ist erst fünf Uhr, aber ich kann meinen Körper nicht mehr von ein, zwei weiteren Stunden Schlaf überzeugen. Also beschließe ich, die Zeit sinnvoll zu nutzen, wenn ich schon mal so früh wach bin. Ich könnte im Park joggen gehen. – Nein, bin noch viel zu müde. Oder die Wohnung sauber machen. Hmmm? – Ich glaube, das macht zu viel Krach. Soll ich die PR-Strategie für Softilette weiter ausarbeiten? –Ich denke nicht. Ich gehöre zu den Menschen, die morgens noch zu unkreativ sind. Mittags und abends aber leider auch.
    Wie wäre es mit der Kleiderzusammenstellung für Marks Praxiseröffnung heute Abend? – Eine sehr gute Idee! Das ist eine wichtige und zeitintensive Sache, die sorgfältig erledigt werden muss!
    Nach 36 auf dem Boden verteilten Outfits steht das Urteil fest. Ich brauche unbedingt einen neuen Hosenanzug! Am besten in Schneeweiß.
    Und vielleicht ein kleines Glitzertop darunter.
    Und neue Schuhe.
    Mittlerweile haben wir zehn Uhr. Ich streife mir eine Blue Jeans und ein weißes T-Shirt über, knote meine Haare zu einem Zopf zusammen, lege Mascara, Puder und Lipgloss auf und schnappe mir meine Kreditkarte.
    In Bezug auf konsumhaltige Aktivitäten braucht Frau wirklich nur drei Wörter zu kennen:
    AGGREGIEREN – KAPRIZIEREN – HABITUALISIEREN!
    Zudem ist das Shoppengehen eine sehr homogene Sache, die immer wieder nach dem gleichen Schema abläuft. Das ist wie Kaffee kochen oder Haare waschen. Der Prozess ist immer derselbe, das Ziel ist vorher bekannt und das ständige Wiederholen dieses Prozesses eine Notwendigkeit!
Durch die Geschäfte schlendern, mit geschärftem Blick für den Shoppingauftrag.
Kleine Zeitverzögerung durch Ablenkung, provoziert von einer flachen, mit Strass bestickten Samthandtasche.
Große Zeitverzögerung durch Ablenkung, provoziert von echten Jimmy-Choo-Highheels zum Deflationspreis.
Kleidungsstück gefunden, das sich mit Shoppingauftrag deckt.
In der Kabine Klamotten von sich streifen und beim Blick in den Spiegel über eine Ananasdiät nachdenken.
In den neuen Modefummel schlüpfen.
Kritischer Blick in den Spiegel.
Kopf schief legen.
So lange am Kleidungsstück zuppeln, bis es perfekt sitzt.
Über die Schulter gucken, um Rückenansicht zu überprüfen.
Schnell wieder weggucken, weil da der Hintern ist.
Auf Zehenspitzen stellen.
Einmal in Kreis drehen.
Seufzen.
Kleine Unebenheit wie Fädchen oder Fleck genauer betrachten, ohne messbaren Einfluss auf Kaufentscheidung.
Weitere Spiegel im Geschäft suchen, um sich besser betrachten zu können.
Stoff am Körper immer wieder glatt streichen.
Mit der Hand am Kinn zupfen und nachdenken.
Seufzen.
Fragestellung durcharbeiten: Welche Tasche, welche Schuhe, welcher Anlass und welcher Mann passen zum Kleidungsstück.
Realitätsverlust: Ich sehe in dem neuen Fummel aus wie Nadja Auermann.
Wieder in die eigenen, in den letzten 20 Minuten erstaunlich altmodisch gewordenen Kleider schlüpfen.
Unkontrolliertes Schlendern durch das Geschäft, dabei die modische Beute fest an sich pressen.
Schwache Erinnerungen an den letzten Kontoauszug.
Das Stück der Begierde in einem Anflug von Vernunft und Selbstkontrolle zurückhängen.
Das Geschäft mit gutem Gewissen verlassen.
Nach sieben Schritten panisch zurückrennen.
Kleidungsstück kaufen.
    Gelernte Wörter: aggregieren = anhäufen;
    kaprizieren = eigensinnig auf etwas bestehen;
    habitualisieren = zur Gewohnheit machen.

13

WIE VIELE MÄNNER VERTRÄGT EINE FRAU?
    H err Schnüttge.«
    »Frau Schöneberg.«
    »Sind Sie eigentlich auch im therapeutischen Bereich für unkontrollierte Mode- und Konsumabhängigkeit ausgebildet?«
    »Auf diesem Gebiet bin ich leider eher inkompetent.«
    »Verstehe.«
    »Herzlichen Glückwunsch zur ersten eigenen Praxis, Herr Doktor.«
    »Danke, Jil. Komm rein. Du siehst fantastisch aus.«
    Was für ein Trost in Anbetracht der Tatsache, dass mich dieser brandneue, schneeweiße Strenesse-Hosenanzug ein halbes Monatsgehalt gekostet hat und die Umtauschchancen, nachdem ich den Ärmel aus Versehen durch Erdbeermarmelade gezogen habe, stark gegen null tendieren.
    »Ich bin sehr stolz auf dich, Mark.«
    Marks Augen funkeln wie Sonnenstrahlen. Liebevoll nimmt er mich in den Arm. Sein Duft berauscht mich sofort.

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