Champagnerwillich: Roman
haben wunderschöne Augen, Jil.«
Hmmm. Ich denke, ich werde wirklich langsam verrückt. Ich stehe in einem streichholzschachtelgroßen Aufzug, mein Herz rast, und mein Puls pocht, und alles, wonach ich mich sehne, ist MEHR Nähe. Ich verliere mich in Bens Augen, als er sich langsam zu mir herunterbeugt, nicht ohne den Blick von mir abzuwenden, und meine Lippen beginnen zu beben, als …
»HALLO! HIER IST DER FAHRSTUHLNOTDIENST!«
… als wir die dröhnende Stimme eines Fahrstuhlmechanikers hören.
»Sehr gut, Jil. Gleich sind wir hier raus.«
»Ja. Richtig. Der kaputte Aufzug. Mein Gott, sehr gut. Unsere Rettung ist da«, sage ich matt.
Eine Minute! Ich hätte nur noch eine Minute gebraucht! Grrrrr. Seit wann sind Handwerker eigentlich pünktlich? Ich werde einen Beschwerdebrief schreiben müssen.
Eine aufgebrochene Fahrstuhltür, einen Mechaniker, den ich am liebsten erwürgt hätte, und einen letzten unendlich kurzen Blick in Bens Augen später erhole ich mich mit Sarah in ihrer Firmencafeteria von meinem klaustrophobischen Anfall.
»Ich würde mir jetzt erst mal keine Sorgen machen!«, sage ich, während ich einen kalten Kaffee schlürfe und nachdenklich auf eine etwas trostlos wirkende Yuccapalme blicke.
»Meinst du? Ich glaube, ich sollte das mit Viktor langsam vergessen.« Sarah schlägt ihre wunderschönen, langen Beine übereinander und streift behutsam ihren beigen Kaschmirrock glatt.
»Ach Sarah! Männer machen das Leben doch meistens nur noch komplizierter. Wir sollten eine Liste mit unseren Problemen erstellen, die nichts mit Männern zu tun haben, und ich sage dir, wir säßen vor einem leeren Blatt.«
»Wahrscheinlich hast du Recht!«
»Und deswegen gehe ich auf Diät!«
»Ich verstehe nicht ganz.« Sarah schaut mich verwirrt mit ihren schönen Augen an.
»Auf Männerdiät. Ab jetzt gibt es keine emotionalen Verstrickungen mit anschließendem Herzverlust mehr.« Das ist mein Ernst. Mein voller Ernst.
»Und was ist mit Mark?«
»Mark und ich sind nur Freunde. Freunde, die ab und zu aus unerklärlicher magischer Anziehung Sex miteinander haben.«
»Jil, du weißt, dass so etwas nie gut geht. Im Grunde zeigt das doch nur, dass das große Glück woanders liegt.«
»Die Erfahrung zeigt, dass es das große Glück ohnehin nicht gibt.«
»Na, da hat Nathan ja ganze Arbeit geleistet.«
NATHAN! Ich bin empört, dass sie es wagt, diesen Namen in meinem Beisein laut auszusprechen.
»Du solltest diesen Mann besser nie wieder erwähnen! Er wollte mich aus verletztem Stolz vor Gericht verurteilen. Außerdem turtelt er schon wieder mit einer unglaublich attraktiven Blondine herum.«
»Wer wollte wen wegen verletztem Stolz verurteilen?« Sarah und ich schrecken hoch. Hinter uns steht Viktor mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und gelockerter Krawatte.
Eindeutig ein Boss beim Relaxen!
»Oh, nichts, nichts.« Ich merke, wie sich kleine rote Flecken zwischen dem weißen Blusenkragen auf Sarahs zartem Dekolleté bilden und ihre Stimme anfängt zu vibrieren. »Na, dann wollen wir mal wieder weiterarbeiten.«
Ich verlasse hinter Viktor und Sarah die Cafeteria und frage mich, wie dieser Mann nur so dumm sein kann, dass er nicht merkt, wie wunderbar meine Freundin ist.
An diesem Abend sollte das Schicksal über neue Fremdwörter in meinem Leben entscheiden. Langsam blätterte ich die Seiten des Wörterbuchs um und tippte willkürlich auf die Worte. Beim Lesen huschte mir ein Lächeln über die Lippen. Diese drei Wörter wollte ich mir unbedingt merken!
Gelernte Wörter: ab ovo = von Anfang an;
Adoration = Verehrung;
kaptivieren = für sich gewinnen.
21
DER ÄSTHETISCHE TIEFPUNKT!
H err Schnüttge.«
»Frau Schöneberg.«
»Würden Sie mir ein psychologisches Gutachten erstellen, das auf Unzurechnungsfähigkeit plädiert, wenn ich meinen Ex aus Versehen durch eine Aneinanderkettung unglücklicher Missverständnisse erschlagen würde?«
»Nein.«
»Verstehe.«
Seit Tagen verspüre ich einen riesigen Hunger nach Joghurt. Ich habe massenweiße Vanillejoghurt gekauft. Und Kirsch- und Stracciatellajoghurt, einen mit Limonenstückchen und die Geschmacksrichtungen Mocca, Maracuja und Mohn-Marzipan. Außerdem habe ich Joghurtschokolade, Joghurteis, Joghurtmilch und Marshmallows gekauft. Okay, Marshmallows haben nicht wirklich etwas mit Joghurt zu tun, aber ich sterbe für Marshmallows.
Außerdem habe ich schon 27 Stunden, 52 Minuten und 16 Latte macchiatos im Café Glockenspiel vier Stockwerke
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