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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Möller
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Stil«-Stiftes zwischen die Lippen und sabbert ihn ab.
    Bei aller Liebe zu meinem Praktikanten, aber das geht zu weit!
    Das grenzt an Vergewaltigung fremden Büromaterials. Ich steige über die Cappuccino-Scherben-Pfütze, marschiere auf Vinzenz zu und entreiße ihm meinen geschändeten Füller und seine Notizen.
    »Ähm, dann lass mal schauen, was du da geschrieben hast. Hier, du kannst in der Zeit diese Unterlagen für mich kopieren.« Ich gebe Vinzenz einen willkürlichen StapelPapiere und werfe ihm einen verächtlichen Blick hinterher, als er das Büro verlässt.
    Komm her, mein kleiner, wunderbarer Füller. Muss jetzt erst mal Erstversorgung und Opferbetreuung leisten. Ich fummele ein feuchtes Reinigungstuch aus meiner Schreibtischschublade und wische sorgfältig die Kappe meines Füllers ab.
    Nachdem ich den Vorgang sechsmal wiederholt habe, bin ich mir sicher, dass alle Spuren beseitigt sind. Also wende ich mich Vinzenz’ Notizen zu.
    Ähm also? Moment mal??? Was soll das heißen? Wir erörtern eine Kinderwade  …  wir eröffnen einen Kinderwagen … wir vergöttern einen Kinderladen ?
    Also, das kann ich beim besten Willen nicht lesen. Muss mich also auf den Weg zum Kopierraum machen. Ich sollte Vinzenz von seiner Aufgabe erlösen. Bei dem Stapel, den ich ihm mitgegeben habe, ist er vor Feierabend nicht damit fertig.
    Ich steige abermals über die Cappuccino-Scherben-Pfütze und schreite den langen Gang entlang bis zum Kopierzimmer. Beim Vorbeikommen an den verglasten Bürotüren bewundere ich noch schnell den zarten Fall meines champagnerfarbenen Chiffonrockes, der in perfekter Symbiose mit der Farbe meiner Krokoledersandaletten harmoniert.
    Huppala!
    Jetzt hätte ich doch fast den Wasserspender umgelaufen. Aber warum steht der auch hier mitten im Weg. Also, genau genommen steht er an der Wand, aber er ist ganz schön sperrig. Ich bin noch damit beschäftigt, mir meinen Rock glatt zu streichen, als ich ein sonderbares Geräusch aus dem Kopierraum höre. Der Kopierer scheint schon wieder zuspinnen, denke ich und öffne die Tür. Im nächsten Moment erstarre ich zur Salzsäule. Ich dachte, Vinzenz’ Zungenakrobatik beschränke sich nur auf meinen Montblanc-Füller.
    Na, da lag ich ja mal wieder so etwas von daneben!
    Jetzt nuckelt Vinzenz nämlich an Pamela Berger herum. O Gott! Eine wilde Knutschorgie direkt vor meinen Augen. Eine unaufhaltsame Adhäsion auf meinen zu kopierenden Unterlagen. Es ist unglaublich. Was soll ich jetzt nur tun? Ich höre Schritte hinter mir, und als ich mich umdrehe, sehe ich, wie sich Herr Besörski hinter mir aufbaut. Mein Blick fällt auf die pinke Krawatte.
    Das ist zu viel!
    Muss mich wohl oder übel dem unaufhaltsamen Marasmus hingeben und flüchte in den mehr als notwendigen Feierabend.
    Gelernte Wörter: Trematode = Saugwurm;
    Adhäsion = Aneinanderhaften zweier Körper;
    Marasmus = Kräfteverfall.

22

E-MAIL FÜR MICH
    H err Schnüttge.«
    »Frau Schöneberg.«
    »Ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass die Ästhetik an den Rand der Gesellschaft gedrängt wird. Ich frage mich, warum nimmt die Regierung nicht mal ästhetische Bürgerpflichten ins BGB auf, statt irgendwelcher Parkverbote oder Geschwindigkeitsbeschränkungen an Baustellen? Meinen Sie, ich sollte zu einer landesweiten Demonstration aufrufen?«
    »Das ist keine gute Idee.«
    »Verstehe.«
    Nach den gestrigen Erlebnissen fällt es mir wirklich schwer, heute ins Büro zu gehen. Könnte aber auch daran liegen, dass Samstag ist und ich nur in die Firma muss, weil ich mein Beautycase mit diesem bezaubernden, kirschroten Lipgloss vergessen habe. Ich brauche ihn aber dringend für heute Abend, und die scheinbar falsch orientierten Marketingexperten von Lancôme haben ihn doch tatsächlich aus dem Programm genommen. Mir ist unbegreiflich, wie sie das tun konnten. Ich habe doch mindestens sechs Stück davon gekauft. Pro Woche. Ich bin nämlich sehr wählerisch,was meine Lippenpflege betrifft. Kürzlich habe ich in einer Zeitschrift gelesen, dass eine Frau in ihrem Leben bis zu vier Kilo Lippenstift isst. Da sollte man doch lieber Qualität kaufen. Nachher heißt es noch: Sie starb an einer Magen-Darm-Erkrankung, die auf den Verzehr eines billigen Lippenstiftes zurückzuführen ist!
    Da ich aber nun schon mal im Büro bin, beschließe ich, noch schnell meine E-Mails zu lesen. Ich blättere neugierig in der ELLE , während der Computer hochfährt.
    »Sie haben Post!« Hmmm. Mal sehen.
    Im Absenderfeld steht TV

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