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Champion Jack Barron

Champion Jack Barron

Titel: Champion Jack Barron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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sich gelassen hatte, wie ein irreales Rio in den Hügeln, TV-dokumentarisches favella, antiseptisch und sicher hinter den elektrisch isolierten Monitorschirmen der verschlossenen Fenster des Wagens.
    Luke betrachtete ihn mit seinen abschätzenden, kühlen, schnippischen Augen. „Nur die ganz große Sache“, erklärte er. „Ich sagte es dir doch schon bereits, oder etwa nicht? Ich werde solange mit deinem Kopf spielen, bis du der Präsidentschaftskandidatur zustimmst, nicht mehr und nicht weniger, Clive. Wir brauchen dich, und wir werden dich auch bekommen.“
    „Einfach so?“ fragte Barron aufgebracht, gleichzeitig aber auch voller Bewunderung für Lukes offene amoralische Aufrichtigkeit. „Die Tatsache, daß ich keinerlei Qualifikationen für das Amt des Präsidenten habe, das ist dir egal?“
    „Ich sagte, wir brauchen dich als Kandidaten“, fuhr Luke fort, während der Wagen durch die elendsten Slums fuhr, die Barron je gesehen hatte: aberwitzig gebaute Schuppen aus grauem, alten Holz und Cola-Dosenblech, Fenster hier und da dalimäßig verstreut, ganze Berge von Müll in den Seitenstraßen, in den Straßen mit den blindäugigen, uralten Veteranen des Zweiten Weltkriegs mit den Bettlern mit den nutzlos offen ausgelegten Hüten den hoffnungslosen vierzehnjährigen Huren und den Junkies auf Haufen verrotteten und rostenden Altmetalls, wie Harlem, Watts, Bedford-Stuyvesant, sieht aus wie Scarsdale. Scars ville , dachte Barron. Wucherndes, riesiges Krebsgeschwulst über der verborgenen Kehrseite der Vereinigten Staaten. Stummfilm von Verzweiflung-Pornographie auf den Femsehschirmautofenstern, vierfarbiges Dokumentär bild von Verlierern.
    „Wir brauchen einen Kandidaten, einen Mann, der gewinnen kann“, sagte Luke zu ihm, und Jack Barron hörte mit halbem Ohr zu, während er weiter die Gesichter beobachtete und die dürren grauen Hände, die winkten, während das Vipauto vorüberfuhr, Buttons mit „Champion Jack Barron“ und „Der Schwarze Bleiche“ waren an dreckigen Lumpen angesteckt und stachen ihm durch die Fenster ins Auge und mitten in den Verstand. „Und das bist du, Mann. Erzähl mir bloß nicht, du hättest nicht den Mut dazu. Ich sah dich da draußen, sah, wie du es in dich aufgenommen hast, genau wie in alten Zeiten, derselbe alte Jack Barron. Du bekommst langsam wieder was davon zurück, was, Jack?“ Luke sah ihn mit wissenden, lachenden, sardonischen Dealeraugen an.
    Genau das bist du, Luke, dachte Barron. Ein Dealer, Dealer von Machtjunk, ein Dealer, der seine eigene Großmutter auf den Strich schicken würde, wenn es ihm was nützt. Du hast einen riesigen Machtalp auf dem Rücken, Luke, der ist sogar noch größer als du selbst.
    „Nur einen ganz kleinen Hauch, Luke“, sagte Jack Barron. „Niemand riecht Junk besser als eine ehemaliger Junkie, aber du wirst mich nicht mehr auf den Geschmack bringen, jetzt nicht und auch in Zukunft nicht. Komm schon, Mann, laß uns einfach’n bißchen freundschaftlich kooperieren, um der alten Zeiten willen. Du hast nichts zu verlieren, und das hier eben war umsonst. Ich habe zu viele Jahre damit verbracht, den politischen Junksack auszuleeren. Klar, das ist eine echte Show, wenn man Tausende von Leuten sieht, die alle den eigenen Namen anheften haben, echt klasse, aber das ist niemals genug, man muß mehr und mehr haben, und der Machtjunkalp auf deinem Rücken wird größer und größer, bis von dir nichts mehr übrigbleibt. Und dann vergißt du, warum du eigentlich angefangen hast. Du kümmerst dich nicht mehr darum, fühlst nichts mehr, hörst auf damit, den Leuten zu helfen und benutzt sie nur noch … Ich stelle das Showbiz jederzeit über die Politik – hübscher, sauberer Job, bei dem man sich nicht die Hände schmutzig machen muß.“
    Nun fuhr das Auto auf eine breitere Straße: Lenox Avenue – Pulsader der Slums von Evers größtest Desaster der Welt Tandläden offene Metzgerläden Fleisch voller Fliegen im elektrischgrünen Kleid verbrauchte zornige Männer die sich aus endlosen Reihen von Nachtlokalen ergießen und dauernd gewaltige Menschenmengen die auf die von Langeweile geplagte Straße drängen während der Wagen vorbeifährt, schreiend, mit Brillen winkend, Kinestopblitze von Champion Jack Barron -Buttons, und überall gutturale Tierlaute gedämpft durch die Scheiben des Wagens: „Der Schwarze Bleiche! Der Schwarze Bleiche!“ – die hinter dem Wagen wieder zu tödlicher Langeweile verstummten, wenn der große Cadillac sie

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