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Champion Jack Barron

Champion Jack Barron

Titel: Champion Jack Barron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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zurückgelassen hatte.
    „Schau hier raus“, sagte Luke. „Schau dir diese Leute an, die deinen Namen brüllen. Sie wollen dich, Jack, dich. Tausende, Millionen, sie alle blicken dich an, sie alle wollen dich als ihren Anführer, und du mußt nur ein Wort sagen.“
    Doch Barron entging die Mutlosigkeit hinter seinen Worten nicht. Sein Volk, dachte er, aber er weiß genau, daß das nicht ausreicht, es sind nicht genug, sie sind nicht mächtig genug, um aus eigener Kraft das Goldene Zeitalter erreichen zu können. Sie haben ihn soweit gebracht, wie ein schwarzer Mann nur kommen kann. Der Alpdruck wird größer und größer, aber es gibt nicht mehr Junk, um ihm das Maul zu stopfen, nicht wahr, Luke? Du brauchst weiße Verbindungen, du brauchst Jack Barron, den Freund der Machtjunkies.
    Vor dem Wagen, wie hinter einer unsichtbaren Gardolkrone gegen Zahnverfall, hörten die Slums auf, und weit hinter einem trennenden Rasen sah Barron einige wirkliche Gebäude des Raumfahrtzeitalters aufragen – das Regierungsgebäude, das Gouverneursgebäude, Bürogebäude für teppichklopfende schwarze Babybolschewikenparasiten –, die sauberen, scharfen Umrisse von Wir-haben’s-geschafft: ein polyäthylenverkleidetes Gelobtes Land, das verheißend hinter dem unsichtbaren Jordan schimmerte, ein Jordan, der zehntausend Meilen breit war und doppelt so tief wie die Zeit selbst.
    Tief aus seinem Innern brachen plötzlich die Worte aus ihm hervor, emporgetrieben vom Bild der Straßen in tausend Städten des Südens, Jack-und-Sara-nahe-bei-den-blutigen-Straßen-Berkeley-Träume selbsternannter Ritterschaft, und Wunderknabe Jack sprach mit der Verstärkung von zehnjähriger Isolation in elektrischen Stromkreisen von Fernsehstudios, mit der Stimme eines Mannes:
    „Nein, du hörst mal zu und schaust dir das alles an, Luke! Schau dir alles ganz genau an. Schau vor dich und betrachte dir diese ganzen läppischen Gebäude, die Gott weiß wieviel gekostet haben, allein nur der Sitz des Gouverneurs, Palast der Winde, und den ganzen Tand drumherum. Befühl mal diesen Zweihundert-Dollar-Anzug, den du da trägst, Massah Luke, koste den Geschmack des Wortes ‚Gouverneur’ in deinem Mund aus, nimm diesen Wagen und deine sämtlichen uniformierten Handlanger, und jeder nennt dich ‚Gouverneur’ oder vielleicht ‚Bwana’, wo du auch hingehst. Hast es geschafft, was, du und deine Jungs. König der Berge, Kingfisch, so ist es!“
    Er zerrte Gouverneur Greene halb herum und zwang ihn, sich die verfallenen neoafrikanischen Slums durch die Heckscheibe zu betrachten, die rasch hinter ihnen zurückblieben.
    „Wann bist du zum letzten Mal ohne Leibwächter durch diese Straßen gegangen?“ fragte Barron. „Ich bin also derjenige, der vergessen hat, was er mal war? Du warst auch mit mir dort draußen, Luke, erinnerst du dich noch? Oder hast du nicht mehr genug Schneid, dich heute noch daran zu erinnern? Daher kommen diese ganzen lausigen Gebäude, große, glänzende Spielzeuge, die auf einem riesigen Berg Scheiße erbaut wurden! Aber du mußt diese Scheiße ja nicht mehr riechen, nicht wahr? Nimm ein paar hübsche Tabletten von diesem Macht junk, und du mußt dich nicht mal mehr dran erinnern, daß es sie überhaupt noch gibt. Aber sie ist da, Luke, sie wird immer da sein, und Scheiße wird immer wie Scheiße stinken. Schau dir die Gebäude vor dir und diesen Hexenkessel hinter dir an, und, Baby, dann kapierst du ganz genau, wozu die ganze verfluchte Politik da ist – hübsche, teure, gutaussehende Luftschlößchen, die auf nichts weiter gebaut sind als auf einem riesigen Scheißhaufen. Manchmal, wenn der Wind dreht, merkt man’s vielleicht noch – du sitzt nur deshalb fett und zufrieden in deiner Gouverneurswohnung, weil die armen Bastarde dort draußen in ihrem eigenen Misthaufen feststecken. Politik! Man kann vielleicht alles hinter buntschillernden Fassaden verbergen, aber der Geruch bleibt!“
    Greene wandte sich ihm zu, und Barron verspürte Reue und Scham die Jahre unverdauten Zorns hinter einem Zuckerguß verstecken, er ging hin zu diesem Mann, diesem Schwarzen, darum geht’s, sein Freund, der in den Tagen der Gefahr auf der Straße neben ihm gestanden und der Sara zuerst gevögelt hatte, noch vor ihm, und der mit seinem Kopf gegen hübsche weiße Wände anrannte, die zehntausend Lichtjahre dick waren, immer mit dem Wissen, daß er ein Nigger war, immer mit dem Wissen, daß es eine Grenze gab, die er niemals überschreiten konnte, immer mit

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