Champion Jack Barron
in seinem Mund.
Ich kann es einfach nicht vergessen, dachte er. Kann nicht mit dem Geschmack meiner Frau leben, wenn ich jedesmal an die gestohlenen Lebenssäfte in ihr denken muß, wenn ich sie auch nur anrühre. Ich muß es ihr sagen, sonst sind wir ewig Klumpen verrotteten Fleisches füreinander, leben ewig in einer Lüge, sind ewig füreinander verloren. Ich muß es ihr erzählen, was auch geschehen mag.
„Wahrheit zwischen uns, Sara“, sagte er. „Ich … ich muß dir etwas erzählen.“
Sie streckte sich ihm entgegen und umfing seine Wangen mit Händen, die sich wie feuchtes Leder anfühlten. „Was ist los mit dir? So habe ich dich noch nie gesehen … Als ich dich küßte, da war es, als küßte ich ein …“ (Ihr Körper wand sich auf ihm.) „Und dir wurde … übel, nicht wahr? Ich fühlte es.“
„Das liegt nicht an dir, Sara. Ich schwöre es, das liegt nicht an dir, Baby. Nur an mir, an der ganzen verfluchten Welt, an Benedict Howards …“
„Benedict Howards? Was, zum Teufel, hat mich zu lieben denn mit Benedict Howards zu tun?“
Barron verzog das Gesicht. Wie sag ich’s ihr nur: Paß auf, Baby, es ist nur, du bist ein Mörder, kapiert? Hast gestohlene Drüsen in dir, wie ich auch, Lebenssäfte ermordeter Kinder, die so zäh herabtropfen, daß ich es immer spüren werde, wenn ich dich küsse?
„Sara – oh, zum Teufel!“ jammerte er und spürte sinnlose Zuckungen der Vergeblichkeit, eine Schaff-dir’s-vom-Hals-spuck-es-aus Würgreaktion. „Es fällt mir nicht leicht, dir das zu erzählen. Wir sind Mörder, Sara, wir sind beide Mörder. Yeah, wir haben die Unsterblichkeit in uns, aber weißt du, wie die aussieht? Wie schleimige grüne Drüsen – hast du je eine Drüse gesehen? –, ganz grün und tropfend und schleimig, aber sie hält einen am Leben, und uns hält sie sogar ewig am leben, Drüsen, mehr nicht, und damit kann man ewig leben. Aber es sind nicht unsere Drüsen, Sara, wir haben sie von Kindern gestohlen, toten, geschlachteten Kindern …“
Sein Körper wurde von Spasmen geschüttelt, er bekam eine Gänsehaut.
Ihre Augen schienen sich auf eine lichtjahreweite Entfernung zurückzuziehen; er spürte, wie ihr Körper schlaff wurde, ihre Hände fielen wie tote Flundern auf seine Brust, als sie fragte: „Wovon sprichst du?“
„Von dem, was Howards uns angetan hat“, sagte er, „von der Unsterblichkeitsbehandlung. Eine Drüsentransplantation ist das, nicht mehr und nicht weniger. Sie bestrahlen Drüsen, um sie in perfektem Gleichgewicht zu halten, und dann bewahren sie den Körper vor dem Altern, ewig, etwas, das man Homöostatische Endokrine Balance nennt. Aber es sind nicht unsere Drüsen, kapiert? Die Drüsen von Kindern. Es funktioniert nur mit den Drüsen von Kindern. Darum hat Howards Hennering ermordet – er fand heraus, daß die Stiftung Kinder kauft, sie harter Strahlung aussetzt, um ihre Drüsen in dieses Gleichgewicht zu bekommen, und dann verpflanzen sie diese Drüsen, um Erwachsene damit unsterblich zu machen.“
„Aber … die Kinder … was macht das den Kindern schon aus, wenn sie ihre Drüsen verlieren?“
„Was, zum Teufel, ist mit dir los?“ rief Barron, und die Vibration ließ ihre Brüste gegen seine Brust schlenkern. „Hast du mir denn nicht zugehört? Es tötet sie, Sara, es tötet sie! Wenn die Strahlung sie noch nicht umgebracht hat, dann tut es die Transplantation, und dann werfen sie die Körper einfach weg wie Müll. Weil wir beide leben und unsterblich sind, mußten zwei Kinder, die Howards für diesen Zweck gekauft hat, sterben. Das ist Mord, das versuche ich dir begreiflich zu machen, kaltblütiger Mord!“
Er fühlte/sah sie sich in fötalen Spasmen zusammenkrümmen, ihre Schultern lösten sich von seiner Brust, ihre Knie glitten an seinen Schenkeln abwärts wie Papier, das von Feuer gefaltet wird. Ihr Kiefer sackte herab, die Tiefe in ihren Augen schien einen blitzschnellen Sprung in noch tiefere Untiefen zu machen wie das Zoom einer Kamera. „Mord … Mord … Mord …“ stieß sie wieder und immer wieder hervor, bis es nur noch zu unverständlichen, zusammenhangslosen Silben zerkaut war.
Barron umfaßte ihre Wangen mit seinen Händen und schüttelte sie. Ihr Körper entspannte sich, aber ihre Augen waren immer noch dort draußen, Lichtjahre entfernt, begraben in der elektrischen Isolierung, und als sie sprach, klang es wie die Botschaft eines Raumkommandanten von nördlich des Pluto, kalt und unpersönlich.
„In uns?
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