CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)
Zainab-Krankenhaus der vereinten Nationen.««
Gut und
Böse
H astig schlüpfte Hakim
zurück durch die Lücke im Zaun, überquerte mit ausholenden Schritten den
Sportplatz und lief in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war. Nach
einigen Minuten sah er einen kurz aufflackernden Lichtstreifen zwischen den
Büschen. Kurz darauf hörte er das Zuschlagen einer Tür und das Licht erlosch.
Vorsichtig schlich er
durch den Waldrand und spähte auf die offene Lichtung. Er entdeckte ein kleines,
lavendelfarbenes Gartenhäuschen, wahrscheinlich der Geräteschuppen des
Schulgärtners. Über der Tür hing eine Glühlampe lose an einem Kabel. Der jetzt
aufkommende Wind schaukelte die Lampe hin und her und warf ein gespenstisches
Licht auf die einsame Wiese …
Hakim sah sich suchend
um und dann gefror ihm das Blut in den Adern. Bismillah, das konnte doch nicht
wahr sein. In dem schwachen Licht entdeckte er Joshua. Sein Gesicht war zu einer
angstverzerrten Maske erstarrt. Von seiner linken Schläfe tropfte Blut.
Offensichtlich hatte jemand dort seine Pejalocke abgeschnitten, denn jetzt war
da nur noch ein kümmerlicher Haarpinsel.
Seine Hände waren neben
seinem zitternden Körper an ein eisernes Blumenspalier gefesselt, an dem sich
bunte Kletterpflanzen emporrankten. Hakim stellte sich auf die Zehenspitzen und
dann bemerkte er, worauf sich Joshuas panischer Blick richtete.
Ohne zu zögern
sprintete Hakim über die Lichtung, packte die zwei Meter lange grüne Schlange
und schleuderte sie im hohen Bogen in den Wald. Außer Atem zog er sein kleines
Klappmesser aus der Hosentasche und befreite Joshua von den Stricken.
»Wer hat dir das
angetan«, fragte er leise. Joshua zitterte noch immer wie Espenlaub. Überrascht
starrte er Hakim an.
»Es war Leo«,
antwortete er bebend. »Er ist verrückt geworden. Zuerst hat er mich überfallen
und mich hier angebunden. Dann hat er mir mit einem Messer meine Peja
abgeschnitten. Als Bestrafung für mein angeblich frevelhaftes Verhalten gestern
im Bunker.« »Ich weiß«, nickte Hakim. »Hannah hat es mir erzählt.«
Joshua blickte erstaunt
auf. Er rieb sich seine schmerzhaften Handgelenke und berichtete weiter:
»Anschließend verschwand Leo ohne ein weiteres Wort. Und irgendwann tauchte er
mit einer Plastikbox wieder auf, öffnete den Deckel und warf die Schlange vor
meine Füße. Dann sagte er in einem völlig irren Ton, dass er mich erst wieder
erlösen würde, wenn ich ihm schwöre, mich ab sofort von Hannah fernzuhalten.
Danach ist er erneut abgehauen.« »Das ist eine gute Idee«, warf Hakim ein. »Wir
sollten auch schnellstens von hier verschwinden.«
»So, und wohin wollt
ihr gehen, wenn ich fragen darf,« höhnte eine Stimme hinter ihnen. Im schwachen
Licht sahen sie Leo auf sich zukommen und blickten in die silberglänzende
Mündung einer Waffe, die genau auf sie gerichtet war. »Komm sofort zu mir rüber,
Joshua. Du wirst doch nicht zum Feind überlaufen, oder?« Beim Klang der
drohenden Stimme zuckte Joshua zusammen und begann erneut unkontrolliert zu
zittern. Beruhigend griff Hakim nach seiner Hand und zog ihn langsam hinter
seinen beschützenden Rücken.
»Wenn ich los schreie,
dann läufst du weg, so schnell, wie du kannst, und bringst dich in Sicherheit«,
zischte er ihm lautlos zu. Danach ließ er sein Messer fallen und ging Schritt
für Schritt auf Leo zu. Doch völlig unerwartet bückte sich dieser und mit einer
unerwarteten Schnelligkeit, die Hakim diesem Wahnsinnigen gar nicht zugetraut
hätte, griff Leo neben sich ins Gras und warf blitzschnell einen blinkenden
Gegenstand durch die Luft.
»Pass auf«, warnte
Joshua Hakim, aber sein Aufschrei kam zu spät. Das Messer hatte sich bereits
tief in den Oberschenkel gebohrt. Hakim stöhnte auf und wankte. Leicht taumelnd
fand er sein Gleichgewicht wieder und riss sich mit einer ruckartigen Bewegung
das Messer aus der Wunde. »Damit hat er meine Peja abgeschnitten«, schrie Joshua
und wollte auf ihn zurennen. »Nein«, brüllte Hakim, »bleib weg. Renn nach Hause,
verdammt noch mal, und hol Hilfe.«
»Ich kann dich doch mit
ihm nicht alleine lassen«, stammelte Joshua zweifelnd. »Doch, und jetzt geh …
Lauf weg!« Im gleichen Augenblick gewahrte Hakim einen Schatten vor sich und
warf sich instinktiv zur Seite. Leo stürzte mit einem irren Ausdruck in den
Augen und der Pistole in der Hand auf ihn zu. »Du Schwein wirst dich nie wieder
an
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