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CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)

CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)

Titel: CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Balcaen
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wunderschönen Jüdin war es gelungen, sein Herz im Sturm zu
erobern. Dafür war Wahida ihr auf ewig dankbar.
    Auch wenn sie wusste,
dass ihr Sohn einen hohen Preis für sein kurzes Glück zahlen musste.
    Wie in Trance ging sie
zu der Mauer, die die Dachterrasse umgab und sah in den sternenübersäten,
glänzenden Himmel hinauf. Schon seit seiner Geburt war das Schicksal ihres
einzigen Sohnes vorherbestimmt. Als er groß genug war, um zu verstehen, hatte
sie ihn in das Familiengeheimnis eingeweiht.
    Hakim hatte es damals
mit einer stoischen Ruhe zur Kenntnis genommen. Und als sie ihn mit Hannah in
ihrer Küche stehen sah und seine liebevollen Blicke registrierte, da wusste sie,
dass er sich entschieden hatte. Aber Gott hat recht, dachte sie ergeben.
    Wenn wir die
Vergangenheit nicht kennen, werden wir nie etwas über die Zukunft wissen. Alles
liegt in Gottes Hand. Das Schicksal eines jeden Menschen stand in seinem großen
Buch geschrieben. Auch das von Hakim, ihrem geliebten Sohn. Als Wahida den
weißen Rauch am nachtschwarzen Himmel sah und kurz darauf den Aufprall der
Rakete hörte, wusste sie, dass sich in dieser Nacht das Buch seines Lebens
schließen würde.
     
    ****
     
    »Bismillah!« Trotz der
halbstündigen Unterbrechung durch den Raketenalam war es eine wunderschöne
Hochzeitsfeier, fand Mouna und sah sich um. Das Brautpaar saß auf zwei
samtbezogenen Stühlen. Riah trug ein traumhaftes purpurfarbenes Brautkleid aus
schimmernder Seide und sah darin so wunderschön aus, dass es Mouna fast den Atem
verschlug. Sie freute sich für ihre Freundin, doch ein Wermutstropfen trübte
ihre gute Laune.
    Ihr Blick schweifte zum
wiederholten Mal über die kleine Schar der Festgäste, die an hölzernen Tischen
saßen, auf denen die Kellner gerade dutzende Tajine, runde, aus
gebranntes Ton gebrannte Schmortöpfe stellten. Als sie die konischen,
grünglasierten Deckel entfernten, durchzog ein köstlich duftendes Aroma von
geschmorten Lammkeulen mit glasierten Honigdatteln und gerösteten Mandeln den
Raum. Mounas Magen begann lautstark zu knurren, aber sie achtete nicht darauf.
Langsam begann sie sich ernsthafte Sorgen um ihren Bruder und Hannah zu machen.
    Warum waren sie nicht
aufgetaucht? Nachdem Hannah so begeistert von dem gestrigen Abend gewesen war,
hatte sie Hakim das Versprechen abgenommen, auf der heutigen Hochzeitsfeier
dabei sein zu dürfen. Als er seine Zustimmung gab und Hannah ihn spontan
umarmte, hatte Mouna die Vorfreude in ihrem Gesicht gesehen. Wo also steckten
sie jetzt? Als jemand ihr von hinten auf die Schulter tippte, zuckte sie
erschrocken zusammen und drehte sich um.
    »Verzeihung«, sagte der
Kellner und verbeugte sich schuldbewusst. »Entschuldigung, aber Sie werden am
Telefon verlangt.«
    Das konnte nur Hakim
sein. Hoffentlich hatte er eine gute Ausrede parat, dachte sie grollend und
griff nach dem Hörer.
    »Mouna.«
    »Mutter«, rief sie
überrascht in den Hörer.
    »Es tut mir leid, eure
Feier zu stören, aber ich versuche schon seit einer Stunde deinen Vater zu
erreichen, aber die Telefonlinien vom Krankenhaus sind unterbrochen. Du musst
mir einen Gefallen tun. Ich möchte, dass du dir sofort ein Taxi rufst und zur
Klinik fährst und deinen Vater suchst.«
    »Gut, und was soll ich
ihm ausrichten?« Minutenlanges Schweigen erfolgte, in dem nur das Rauschen der
Telefonleitung zu hören war.
    »Mutter«, rief Mouna
ungeduldig, »was soll ich Vater sagen?«
    »Sag ihm, dass der Ruf
des Falken verstummt ist. Er soll alles für den Transport durch den Erez-Tunnel
vorbereiten.«
    »Was …«, stotterte
Mouna verwirrt.
    »Mouna, du musst dich
beeilen. Hinterfrage nichts, meine Tochter, dein Vater wird den Sinn der
Botschaft verstehen.« Verstört legte Mouna den Hörer auf. Dann nahm sie ihn
wieder auf und rief die Taxizentrale an. Was hatte das zu bedeuten, fragte sie
sich verwirrt.
    Sie wusste von dem
ausgeklügelten Tunnelsystem. Es gehörte zu einem unterirdischen, weit
verzweigten Geflecht unterirdischer Gänge, die unter der Stadt lagen. Es waren
die sogenannten Schmugglertunnel, durch die Palästinenser verbotene Waren und
manchmal auch Menschen vom Gazastreifen nach Ägypten und Israel schmuggelten.
Aber was hatte ihr Vater damit zu tun? Das Hupen vor dem Haus unterbrach ihre
Gedanken. Schnell band sie ihr Kopftuch um, verließ das Haus und sprang in das
wartende Taxi. Mit zitternder Stimme gab sie dem Chauffeur die Adresse: »Zum

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