Chandler vom Smaragd-Atoll
gewesen.
Er hätte nur zu gerne gewusst, wieso es dieses Phänomen überhaupt gab. Senator Michael hatte dazu immer ausweichend geantwortet. Gleichnishaft. Etwa so: ’Wenn es mehr ist, als eine Laune der Natur, dann müssten sich alle würdig erweisen.’
Eine Laune der Natu r, ein zufälliges Ereignis, das die Wasserbewohner, die leichtsinnig außerhalb der Kristallsäle oder ihrer Wohnräume im Trancezustand gefallen waren, den Unterwasserströmungen hilflos ausgeliefert, an den Traumstrand trieb?
Paul ging ins Wasser, er ging bis es tief genug zum Schwimmen war. Dann schwamm er an der Küste entlang die 1000 m bis zu den Austernbänken mit den Felsenklippen und dem Wasserfall. Er begann Austern zu sammeln. Als er 22 zusammen hatte, brauchte er noch einen Transportbehälter. Da er immer ein Tragetuch wie einen Gürtel um die Hüfte geschlungen hatte, löste er das Tuch von seiner Taille und faltete es zu einer Tasche zusammen. Da hinein passten alle Austern. Er blickte an den steilen Felsklippen hoch, legte den Beutel auf einen Felsen ab und ging zum Wasserfall, stellte sich in die rauschende schäumende Wasserdusche. Dann trat er zurück, ging zurück zum runden Felsen, wo sein Beutel lag, hängte sich den Beutel über die Schultern und begann die Klippen hochzuklettern. Ober angekommen hatte er einen viel weiteren Blick über das Land, das Meer und die Küstenstreifen. Er sah auf die Landzunge, die weißen Klippen, die sich unterhalb des grünen Plateaus ins Meer erstreckten. Dort oben lebte Michael. Von dort oben hatte er schon mehr als einmal reflektierende Silberpfeile starten und landen sehen. Zeichen einer hoch entwickelten Technologie, die zum Entstehen und Bestehen Physiker und Techniker, gute Naturwissenschaftler brauchte.
Paul kamen kurze Zweifel an seinen Fähigkeiten und es wurde ihm klamm ums Herz. Würde er diese hoch entwickelte Technik verstehen können. Würde er ein Mitglied dieser Zivilisation werden können? Wollten sie ihn überhaupt haben?
Er dachte an seine Gruppe, die er bald verlassen würde. Seit 6 Monaten war er nun hier. Jeden Tag, seitdem er Michael zum ersten Mal beobachtet, getroffen, mit ihm geredet hatte, holte er seitdem Schläfer vom Wassersaum weg, um ihnen eine Chance zu geben. Manchmal war seine Gruppe bis auf 20 Personen angewachsen gewesen, was zeitweise viel Arbeit bedeutete, für alle das Essen herbeizuschaffen, wenn keiner der anderen willens oder fähig war, ihm dabei zu helfen. Manchmal waren auch Verwirrte darunter, die Probleme bereiteten. Später verletzte es ihn nicht mehr, wenn so viele ihn immer wieder verließen. Denn was für ihn richtig sein sollte, musste nicht richtig für die anderen sein. Helen würde es auch schaffen. Sie hatte ein Ziel, das ihre Erinnerungen beherrschte. Dann Aki und Archibald? Beide machten einen wachen, aufnahmefähigen Eindruck, wenn sie nicht gerade träumten. Aber die Träume waren wichtig. Sehr wichtig.
Helen vermisste Paul. Sie stand auf, sah sich um. Er besorgte sicher das Frühstück. Sie wollte ihm helfen, nahm zwei von den großen Schalenmuscheln und ging zum Obsthain. Kein Paul zu sehen. Hier war er nicht. Mal nachsehen ob er bei der Kleidungstruhe im Olivenhain war. Kein Paul. Sie hockte sich vor die Truhe und griff hinein, streichelte die fließenden Seidenstoffe, ergriff ein Tuch und legte es sich um den Hals wie eine Stola. Das wollte sie demnächst als Tasche verwenden, so wie Paul es mit dem Tuch tat, das er wie einen Gürtel um die Hüften trug. Es waren ja noch genug Sachen in der Truhe. Michael hatte sie anscheinend nachgefüllt, bevor er in die Hauptstadt geflogen war.
Dann ging sie zögernd zum Rand des Olivenhains. Vorsichtig, denn sie fürchtete die Heftigkeit und Plötzlichkeit des Strahlungsentzuges. Sie dachte an ihre drogensüchtige Mutter, an den Vater, der die Familie schließlich verlassen hatte und an die Großmutter, die sich liebevoll in der Kindheit und Schulzeit um ihre Enkeltochter gekümmert hatte. -Arme Mama-, dachte sie. -Ob sie den Entzug wohl geschafft hatte und nun clean ist?-
In Gedanken war sie langsam und vorsichtig weitergegangen, obwohl sie sich immer schlapper fühlte. Sie blieb stehen, sah sich um und realisierte, dass sie an der Stelle war, wo Senator Michaels Gleiter gestanden hatte. Sie setze sich, merkte, wie es ihr allmählich besser ging, horchte auf ihr Herz, ihren Atem, der wieder gleichmäßig kam. Sie schloss die Augen und verharrte. Viele Gedanken gingen ihr
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