Chandler vom Smaragd-Atoll
zog es ins Landesinnere. Lange hatte er gewartet, bis er ohne die Strahlung auskommen konnte. Nun war er bereit. Bald würde Senator Michael zurück sein und würde wieder seinen Strandgang machen. Der würde wissen, wo das Smaragd-Atoll lag. Paul hatte eine verschwommene Ahnung. An Maldas Küsten? Der Name Malda verursachte unangenehme Schwingungen in Paul, so als wenn böse verschüttete Erinnerungen damit verbunden wären.
Aber diese jetzt noch fehlenden Informationen würde Paul bald erhalten und noch viel wichtigere dazu. Denn Paul war entschlossen, den nächsten Schritt zu wagen. Er wollte die Gruppe verlassen. Das sagenhafte Allthania, von dem ihm schon so viele Patienten erzählt hatten, lockte ihn schon lange. Ihretwegen hatte er die Korallensäle verlassen.
Helen war schon so weit, dass sie allein die Verantwortung für die Gruppe übernehmen konnte. Dieser neue, dieser Chandler war eine vielversprechende Hilfe für sie, zusätzlich zu Archibald und Aki. Die anderen, Alessandro und Jannik, Sascha, Sandra und erst recht nicht Susanne, waren dafür noch nicht bereit, da sie immer noch viel zu viel träumten.
Dies war ein beschützter Strand, genauso beschützt und behütet wie die Unterwasserwelten, denn es gab keine Feinde, keine wilden Tiere, keine giftigen Pflanzen und weder giftige Insekten noch Spinnen. Dieser Strand war betörend in seiner Schönheit, die jeder nur als atemberaubend empfinden konnte, dem die wechselnde Strahlung der Korallenriffe nicht zu sehr die Sinne betäubte. Die meisten der hier Gestrandeten würden nie ohne die Strahlung auskommen. Sie waren wie Schiffbrüchige, die nicht wussten, wieso sie hierher getrieben wurden. Warum hatten sie die fantastischen Unterwasserwelten verlassen?
Wieso waren die meisten so lethargisch, stets am träumen. Allerdings schöne Träume, gute Träume. Einige wenige der Gestrandeten zeigten starke Anzeichen der Desorientierung und benahmen sich seltsam bis aggressiv. Die Verwirrten. Paul war während seiner ganzen 6 Monate hier am Strand nur 4 Verwirrten begegnet.
Er faltete die Hände über den Knien zusammen und begann seine Abschiedsrede.
„Wir sind nun teilweise 2 bis 4 Wochen zusammen. Ich selber bin seit 6 Monaten hier und ich musste in dieser Zeit oft Abschied nehmen, weil es so viele zurückzog, verständlicherweise, zu den Korallenriffen. Ja, es hat 5, beinahe 6 Monate gebraucht, bis ich mir sicher war, dass ich ohne die Strahlung auskomme. Und glücklicherweise habe ich genau zum richtigen Zeitpunkt Helen gefunden, die meine Arbeit in der Gruppe übernehmen kann. Helen wird sich weiter um euch kümmern, bis sie auch so weit ist, dass sie mir folgen kann. Ihr wisst, dass ihr die Wahl habt. Zurück zu den Koralleninseln oder ins Landesinnere. Und es ist eure freie Entscheidung. Wie auch immer. Ihr könnt jederzeit zurück in die Unterwasserwelten. Jeder von euch hatte dort eine Aufgabe. Niemand wird euch Vorwürfe machen, dass ihr verschwunden ward, denn dass ihr im Trancezustand hier hergetrieben wurdet, lag nicht in eurer Macht. Auch ich hatte eine Aufgabe. Ich war Psychologe und leitete gruppendynamische und gruppen-therapeutische Sitzungen sowie Erinnerungsanalysen. Eine Aufgabe zu der ich ausgebildet wurde und die mir auch Spaß gemacht hat. Dennoch kreisten meine Gedanken immer um mathematische und physikalische Probleme. Ständig beschäftigten mich die Thesen der Relativitätstheorie, des Nicht-lokalen Raumes, der parallelen Universen, der schwarzen Löcher, wie viele Universen gibt es, wie viele Galaxien – mehrere Milliarden alleine in unserem Universum? Punktum, für einen Physiker war kein Bedarf in den Sälen der Korallenriffe. So wurde ich zum Psychologen, obwohl mein Herz der Physik gehört. Und darum habe ich mich entschlossen, nachdem mir nun der Strand hier die Möglichkeit der Wahl gibt, nicht mehr in die Unterwasserwelten zurückzukehren. Ich werde endgültig an Land gehen. Dieser Strand ist ein Paradies. Er gibt Nahrung in Hülle und Fülle und es ist hier sehr friedlich, da es keine Gefahren für uns gibt. Die einzige Irritation stellen die Verwirrten dar. Ihr seid bisher noch keinem begegnet. Ich selber habe bisher nur 4 getroffen, die dieses seltsame aggressive Verhaltensmuster zeigen. Wenn ihr ihnen begegnet, so solltet ihr sie sofort zurück ins tiefe Wasser bringen, denn im Wasser werden sie sofort ruhiger und stellen keine Gefahr mehr dar.“
Ilonka und Susanne machten erschrockene Augen. Verwirrte gab es auch
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