Change for a Kill
Jahren stetig verschlimmert. Die hohe Arbeitslosigkeit unter den jugendlichen Raubtierwandlern, die meist zu stark von ihren Instinkten getrieben wurden, um einer geregelten Beschäftigung nachzugehen, führte zum immer dramatischeren Anstieg von Drogenkonsum, Prostitution und Verbrechen aller Art. Das Temperament eines Wandlers entsprach nun einmal der Seele und dem Wesen seiner Tierform.
Sam hatte erzählt, dass viele Vogelwandler psychotisch wurden. Wenn man das auf einen Multiplen Wandler übertrug, der sich von außen durch seine Umwelt bedrängt fühlte und möglicherweise widerstrebenden Instinkten ausgesetzt war, falls er sowohl Vogel- als auch Säugetierwandler sein sollte …
„Helen, kannst du bestimmen, welche Formen dieser Typ annehmen kann, abgesehen von einem Steinadler?“, fragte Annika. Sie wirkte mindestens ebenso erschüttert wie Dylan sich fühlte. Jemand, der mehrere Tierformen annehmen konnte, besaß unüberschaubare Möglichkeiten, sich in die verschiedenen Territorien einzuschleichen!
„Liebchen, ich kann dir nicht einmal sagen, ob es sich um Männlein oder Weiblein handelt. Das da ist organisiertes Chaos statt einer genetischen Struktur!“, rief Helen anklagend. „Erwarte nicht, das ich dir überhaupt etwas zu diesem Dings – was auch immer – erzählen kann! Ich werde versuchen, einen Experten für dieses Thema an Land zu ziehen, sofern es einen geben sollte.“
„In Oxford gibt es einen Professor für Paläo-Genetik, der mehrere Abhandlungen über Multiple Wandler geschrieben hat“, sagte Sam. „Er ist möglicherweise inzwischen im Ruhestand, aber er sollte noch am Leben sein. Sein Name ist Professor Marcus T. Haggins, oder so ähnlich. Ich kenne ihn von einer Gastvorlesung.“
„Oxford, hm? Nicht gerade um die Ecke. Ich werde schauen, was sich machen lässt.“ Helen packte ihre Sachen ein und verließ den Raum, unentwegt Multiple Wandler, was für ein Unsinn! vor sich hinmurmelnd.
„Wir machen uns dann mal auf den Weg, um Brandon zu holen, oder?“, fragte Annika und zupfte Rick am Ärmel. Ihr Partner fuhr zusammen, als wäre er aus einer Trance erwacht. „Klar. Ja. Klar. Wir – sind – sind jetzt weg.“
„Wir auch, falls du fit genug bist.“ Dylan schaute Sam fragend an, der sofort nickte und zum Treppenhaus marschierte.
„Geht es dir wirklich gut?“, fragte Dylan vorsichtshalber, als Sam sich mit einem unterdrückten Seufzen im Beifahrersitz niederließ.
„Ja, bestens, bloß müde“, behauptete der stolze Adler tapfer, obwohl ihm die Schmerzen von der Nasenspitze abzulesen waren.
Nun war es Dylan, der innerlich seufzte, als er Gas gab. Wann genau war eigentlich alles dermaßen aus dem Gleichgewicht geraten?
Bevor sie zum Krankenhaus fuhren, hatte Dylan auf der Strecke angehalten und für sie beide je eine große Portion Country Potatoes mit Pflanzenremoulade besorgt. Das Essen war wohltuend, danach fühlte Samuel sich deutlich weniger jämmerlich. Die Minuten, die sie einträchtig schweigend nebeneinander gestanden und gegessen hatten, waren ebenfalls wohltuend gewesen. Dylan hatte eine beruhigende Wirkung auf sein Gemüt, was seltsam war, da er Samuels Körper in Aufruhr versetzte. Vielleicht war das lediglich eine psychologische Nachwirkung des Moments, an dem Dylan ihn aus der Folter des Rudels befreit und ihm versprochen hatte, dass er sicher sein würde. Dieses Versprechen hatte Dylan gehalten und Samuel vertraute ihm inzwischen. Doch eigentlich hatte er ihm auch vorher schon vertraut … Und diese extreme körperliche Anziehung war auch von Anfang an da gewesen.
„Du hast also Genetik studiert, ja?“, fragte Dylan und riss ihn aus seinen seltsamen Gedanken. „Was ist passiert? Wie kommt man von Genetik und Biochemie auf Mordermittlung?“
Samuel zögerte einen Moment, was der Gepard falsch interpretierte, da er sofort hinterhersetzte:
„Du brauchst nicht zu antworten, wenn es zu persönlich ist, ich war bloß neugierig.“
„Nein, ist schon okay, ich weiß nur nicht, wie ich eine sehr lange Geschichte in Kurzform bringen soll.
Hm – eigentlich wollte ich von Anfang an etwas in der psychologischen Richtung machen. Es liegt mir, ich habe mir bereits als kleiner Junge stundenlang den Kopf zerbrochen, wie Menschen ticken. Wie jeder einzelne damit zurechtkommt, zwei Seelen zu besitzen, die teilweise vollkommen widerstrebende Bedürfnisse und Instinkte haben. Als Adler bin ich ein geborener Jäger, als Mensch will ich Leben erhalten. Jedes
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