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Change

Change

Titel: Change Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luisa Raphael
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sodass ich nun direkt vor ihm stand. Ich schluckte hart, bevor ich überhaupt richtig realisierte, was hier vorging. Ich fühlte mich seltsam unbeteiligt an der Realität. Alles schien in weite Ferne gerückt zu sein und jemand Außenstehendes hatte das Kommando über mich übernommen. Wäre ich ganz bei Sinnen gewesen, hätte ich mich sicherlich nicht zu dieser Aktion hinreißen lassen. War ich auf Drogen? Nein, eigentlich nicht. Vielleicht Entzugserscheinungen? Oder das Adrenalin?
    Ich schluckte hart und brachte dann endlich wieder Wörter aus meiner zusammengeschnürten Kehle.
    „Es ist ja nicht deine Schuld, dass ich über so was nicht lachen kann. Ich schätze mal, du solltest deine Zeit nicht mit so einem Freak wie mir verschwenden und lieber wieder gehen.“
    Hau ab. Meine Andeutung war überdeutlich. Mir war das hier zu gruselig, zu unheimlich, zu schwer einschätzbar. Doch Mike sprang nicht auf meine Andeutung auf.
    „Hältst du dich denn für einen Freak?“, wollte er stattdessen wissen und legte seinen Kopf leicht schräg. Ich ließ fast unmerklich den Kopf hängen, und in mir machte sich wieder diese Traurigkeit und Niedergeschlagenheit breit. Mikes Frage hatte diese Gefühle herausgelockt.
    „Klar. Wenn ich kein Freak wäre, würden die anderen mich ja nicht so behandeln. Schließlich müssen die es ja wissen.“, wisperte ich mit rauer Stimme, absolut davon überzeugt, dass ich die Wahrheit sprach und es sich tatsächlich so verhielt.
    Mike stand stocksteif da, rührte sich nicht mehr. Ich bemerkte das aufflackernde Feuer in seinen Augen. Fast wollte ich mir einbilden, Flammen zu erkennen. Was für ein Schwachsinn.
    Als ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten, fluchte ich laut und wischte sie ruckartig weg. Ich wollte nicht schon wieder losweinen wie eine erbärmliche Memme. Das hätte mir noch gefehlt. Ein Freak zu sein reichte schon, da musste man mich nicht noch als Heulsuse bezeichnen. Obwohl es mir ja eigentlich egal sein konnte, wie Mike über mich dachte. War es aber nicht.
    Gerade wollte ich nochmals über mein Gesicht wischen, da ergriff eine Hand die meine und hielt sie sanft fest. Ich wusste nicht, was er da tat, wollte mich erst wehren, doch der Griff war nicht hart sondern angenehm und beruhigend. So tat ich nichts und ließ Mike handeln. Ich schloss spontan die Augen, konzentrierte mich nur auf die Berührung an meiner Hand. Schon wieder fühlte ich mich so benebelt. Nur körperlich anwesend.
    Mike berührte mit der anderen Hand meine Wange ganz vorsichtig, strich zärtlich über sie.
    Was waren das für Gefühle? Diese angenehme Wärme, dieses weiche Kribbeln in mir, dieses beruhigende Streicheln? All das hätte mich wachrütteln und mich die Flucht ergreifen lassen sollen, doch mein Körper schien zu ausgehungert zu sein nach diesen Berührungen, sodass ich stehen blieb.
    Ein warmer Lufthauch streichelte mein Gesicht, vermischte sich mit meinem Atem und ließ mich frösteln. Vor Angst? Vor Wohlbefinden? Es war wohl beides.
    Meine wirren Gedanken wurden jäh unterbrochen, als Mike seine Lippen auf meine drückte, meine Verletzung ignorierend und meine empfindlichen Lippen in Besitz nehmend. Seltsamerweise fühlte es sich gut an. Weich. Warm. Angenehm. Zärtlich.
    Welcher Teil von mir das so empfand, konnte ich unmöglich sagen. Fakt war nur, das dieser Teil die Kontrolle über mich nur kurz behielt, nach einem kurzen Moment, einem Wimpernschlag kam mein in Watte gepackter Geist wieder in der Realität an. Das Entsetzen ergriff Besitz von mir. Mit aller mir verfügbarer Kraft stieß ich Mike weg, mobilisierte alle Kraftreserven, um den Jungen wegzudrücken. Mit wackeligen Schritten flüchtete ich anschließend gleich ein paar Schritte, die Straße entlang und weg von dem schwarzhaarigen Jungen.
    Erst jetzt realisierte ich wirklich, was soeben geschehen war. Mike hatte mich geküsst! Was um alles in der Welt lief hier? Warum hatte er das getan? Was sollte das? Hatte er mich ausgenutzt? Meine seelische Angeschlagenheit genutzt, um mich zu dominieren und seinen Willen zu bekommen? Doch warum? Warum hatte er mich geküsst? War er schwul? War es ein Test gewesen? Was war der Sinn hinter dieser Handlung?
    Gab es überhaupt einen Sinn?
    Ich konnte nicht glauben, dass Mike schwul war, das erschien mir sehr unrealistisch. Noch unrealistischer erschien mir, dass er ernstere Absichten mit mir haben könnte. So ließ diese Handlung nur einen Schluss zu: Mike musste mich in eine

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