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Change

Change

Titel: Change Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luisa Raphael
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vor mir in die Knie. Ich bemerkte immer noch nicht genug, außerdem war ich so auf meine Pein konzentriert, dass alles andere mir herzlich egal war.
    Sogar als Mike mich mit seiner warmen Hand berührte, um festzustellen, wie schlimm es um mich stand, konnte ich außer einem Wimmern keine Reaktion von mir geben. Ab einem bestimmten überschrittenen Schwellenwert an Schmerzempfindung war alles, auf das ich mich konzentrieren konnte, ebendiese Pein. Alles andere verschwand im Nebel der Unwichtigkeit. Obwohl der Schmerz in bedächtigem Tempo abflaute, blieb ich einfach so liegen und konzentrierte mich komplett auf das Nachlassen der Qualen.
    Erst als sie erträglich wurden, spürte ich die warme Berührung einer Hand, die meinen Arm festhielt. Vor Schreck und Überraschung zuckte ich zusammen, fauchte aufgrund des mich durchzuckenden Stiches neuer aufflammender Pein und reagierte unbewusst auf den möglichen zurückgekommenen Feind - ich hatte noch nicht bemerkt, dass es Mike war, der mich da so besorgt musterte - indem ich ihm ein „Hau ab!“ zu schrie. Aufgrund meines desolaten Zustandes kam aber nicht mehr als ein leises Murmeln aus mir heraus.
    Erst als ich diese warme Stimme vernahm, erkannte ich Mike - und fluchte innerlich. Gleichzeitig stieg aber auch eine irrsinnige Freude in mir auf. Für einen Wimpernschlag war der Schmerz unbedeutend. Für einen Wimpernschlag. Dann landete ich wieder in der Realität.
    „Oh Gott, Aiden, was ist los? Bist du verletzt? Hast du … Schmerzen?“, stotterte Mike verstört, eine steile Falte bildete sich auf seiner Stirn. Erst jetzt registrierte ich, dass ich neben einem übervollen Müllcontainer lag, neben mir stapelten sich Abfälle - zum Glück hauptsächlich Papier und Plastik. Ein unangenehmer Geruch wehte mir in die Nase. Der schwere Geruch von Blut lag unterschwellig darin, drang dann aber in den Hintergrund, als sich Mike noch näher vorbeugte und ich seinen Geruch aufschnappte. Ich nahm die verschiedenen Aromen seines Duschgels oder Haarshampos wahr, ebenfalls den leichten, kaum wahrnehmbaren Duft des Waschmittels seiner Jacke. Angenehm umschmeichelte dieser saubere Geruch meine Nase, spontan entschied ich, diesen Duft zu mögen.
    All das überlagerte jedoch nur kurz den Gestank des Containers neben mir. Ich war an einem wirklich räudigen Ort gelandet. Hoffentlich waren das nicht meine Blutflecke auf dem dreckigen Straßenpflaster.
    Ich musste zusehen, dass ich von hier wegkam. Schnellstens. Doch aufstehen konnte ich noch nicht, mir tat immer noch alles weh, besonders stark der Bauch, der garantiert einige Tritte abbekommen haben musste und auch mein Arm prickelte. Jetzt konnte ich auch die einzelnen Untertöne der Pein herausfiltern, wo vorher die Wucht der Empfindung dies nicht zugelassen hatte und ich nur eine flammende, brennende Wunde gewesen war. Doch nun fühlte ich das warme Blut an meinem Bein und das Brennen der aufgerissenen Haut über der verdreckten Wunde.
    Entsetzt stöhnte ich auf, als mir klar wurde, in welche Situation ich hineingeraten war. Nicht nur, das ich mich geradezu in einer hilflosen Lage befand, mich hatte auch noch Mike gefunden. Mike, den ich absolut nicht einschätzen und den ich eigentlich hassen wollte, aber nicht konnte. Ich musste ihn loswerden, am besten sofort. Und danach nach Hause humpeln. Irgendwie würde das schon funktionieren.
     
    Derweil zog Mikes warme Hand meine Hand vorsichtig von meiner blutenden Nase weg, an welcher diese bis jetzt unverrückbar geklebt hatte. Das Blut lief nun ungehindert an meinem Gesicht herunter, doch da sich der Schmerz in diesem Bereich meines Körpers in Grenzen hielt, war die Nase wohl noch einmal ohne einen Bruch davongekommen. Ich war froh darüber.
    Der metallische, rostige und unangenehme Blutgeruch nahm mit dem Wegfall der Hand, die ihn ein wenig abgeschirmt hatte, immens zu. Mir wurde schwummrig, als ich darüber nachdachte, was für eine Menge Blut mir aus der Nase lief und das ich diesen steten Strom unbedingt stillen musste, ich konnte schließlich schlecht so durch die Stadt laufen. Ich brauchte irgendetwas, um das Blut abzuwischen. Mein Shirt? Das war schließlich schon verdreckt und mit undefinierbaren und definierbaren Flecken beschmutzt, also würden zusätzliche Blutflecken nicht mehr auffallen. Doch in dem Moment, indem ich mir das überlegte, zog Mike ein Taschentuch hervor und drückte es mir sanft in die blutverschmierte Hand. Ich war zuerst völlig perplex, da ich das nicht

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