Change
Falle gelockt haben, um mich zu demütigen.
In mir loderte die Wut hoch, heiß und leidenschaftlich. Fassungslos zischte ich ihn an.
„Fuck, was zur Hölle tust du?!“
„Ich weiß nicht.“, antwortete er, ich vernahm Niedergeschlagenheit in seiner Stimme. Aber das konnte gar nicht sein. Warum verhielt sich Mike so? Er war so verdammt unberechenbar und schwer einzuschätzen, dass ich es mit der Angst zu tun bekam. Mein Gehirn schaltete auf Fluchtmodus. Nur weg hier und das alles vergessen. Am besten auch Mike vergessen.
Ich fing an zu zittern und wankte noch ein paar Schritte weiter, bis ich mein letztes bisschen Wut zusammen nahm, um Mike wenigstens ein bisschen meine Empörung und Abneigung zu zeigen, obwohl ich innerlich vor Angst umkam und nur verschwinden wollte.
„Ich hatte dir beinahe geglaubt! Aber du bist genauso wie die anderen, wenn nicht sogar noch schlimmer! Hau ab und komm mir bloß nicht mehr zu nahe! Am liebsten würde ich dich nie wieder sehen! Ich verabscheue dich!“
Meine Stimme brach und mich schüttelten stumme Schluchzer.
„Aiden, es tut mir Leid. Ich weiß auch nicht, …“, fing Mike an, wurde jedoch von mir unterbrochen. Ich wollte seine Erklärung nicht hören, wollte das Bedauern nicht hören. Es war sowieso nur vorgetäuscht. Er konnte es unmöglich ernst meinen.
„Hör auf! Ich kann es nicht mehr hören. Verdammt! Und ich dachte wirklich, du wärst anders! Fuck…“
Ich war nah daran, mit lautem Schluchzen anzufangen, diese Genugtuung wollte ich Mike allerdings nicht auch noch geben, weshalb ich jetzt endgültig das Weite suchte und mit schnellen Schritten die Straße entlang raste. Meine donnernden Schritte pochten in meinem Kopf, mein Atem ging schon nach ungefähr 100 Metern keuchend, doch ich rannte weiter. Ich rannte und rannte, nichts konnte mich stoppen. Vielleicht versuchte ich der Realität zu entfliehen. Ihr zu entkommen. Doch das klappte nicht. Ich hielt erst an, als ich zu Hause angekommen war und ich mich in meinem Zimmer verkriechen konnte.
Ich fragte mich, was ich nun tun sollte. Wie sollte ich mit Mike umgehen? Am liebsten wäre ich ihm für immer aus dem Weg gegangen, hätte ihn nie wieder zu Gesicht bekommen wollen. Doch das funktionierte nicht.
Zumindest schaffte ich es, ihm in der Schule so gut es ging aus dem Weg zu gehen. Ich mied Orte, an denen ich ihn gesehen hatte und verkroch mich in den Pausen noch mehr. Zu den gemeinsamen Unterrichtsstunden musste ich ihm leider begegnen, doch auch hier mied ich seinen Blick, sah ihn niemals an und tat so, als existiere er gar nicht. Ich übersah ihn. Wann immer er in meinen Augenwinkel zu erkennen war, zuckte ich zusammen und drehte meinen Kopf schnell in eine andere Richtung.
Das Schlimme an dieser Situation war jedoch nicht die Tatsache, dass Mike mich enttäuscht hatte. Schlimm war auch nicht, dass sich meine Hoffnung, dass er mich vielleicht anders beurteilen würde wie die anderen, nicht erfüllt hatte.
Nein, das Schlimmste war die Tatsache, wie ich auf Mikes Kuss reagiert hatte. Ich hatte es genossen. Der Kuss, diese zärtlichen Berührungen, all das hatte mir gut getan. Ich hatte mich darauf eingelassen, zumindest solange, bis ich mir wieder ins Gedächtnis gerufen hatte, was ich da genau tat. Doch selbst dann hatte ich im ersten Moment nur die Flucht ergreifen wollen, weil Mike mich so überfallen hatte, nicht aber, weil ich es als unangenehm empfunden hatte.
Ich hatte es zu angenehm gefunden, ich konnte mir nicht vorstellen, dass das gutzuheißen war. Wer weiß, warum Mike jetzt in mein Leben getreten war, welcher schreckliche Plan des Schicksals diesmal dahinter steckte. Etwas Gutes war es sicher nicht. Vielleicht war Mike die Sünde in Person, dazu berufen, mich zum sündigen zu verführen. Obwohl ich nicht richtig daran glaubte, war ein Teil von mir - der naive Teil - fest von dieser Lösung überzeugt.
Andererseits konnte Mike auch gar nichts mit meinem bisherigen Schicksal zu tun haben, vielleicht war er ja die Wende. Immerhin hatte er zuerst im Sinn gehabt, Freundschaft mit mir schließen zu wollen. Warum er nun dies getan hatte - nämlich mich zu Küssen - das konnte ich mir immer noch nicht erklären. Vielleicht niemals. Doch Fakt war: Mike war unberechenbar.
So tat ich vielleicht Recht daran, ihn zu meiden. Zumindest konnte ich ihm körperlich entgehen. Gedanklich trieb er sich dafür umso öfter in meinem Kopf herum, dagegen konnte und wollte ich aber nichts tun. Er lenkte mich
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