Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Change

Change

Titel: Change Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luisa Raphael
Vom Netzwerk:
du noch andere Verletzungen?“, fragte er mich dann. Ich unterbrach kurz meine Überlegungen und deutete auf mein Bein. Ich konnte unmöglich hinsehen, weshalb ich auch gleich den Blick abwandte, als Mikes Finger den Saum anhoben schließlich das Hosenbein ein wenig nach oben krempelten. Ich redete mir ein, dass er sich ja nur um meine Verletzungen kümmerte, aber dennoch breitete sich eine Gänsehaut auf meiner Haut aus und ein Schauder überlief mich, als ich die Wärme seiner Hände an meinem Bein spürte. Wäre ich nicht so lethargisch müde gewesen, hätte ich das nie zugelassen. Aber so…
    „Wie lange soll das noch so weitergehen?“, riss mich Mike aus meinen Gedanken. Er klang leicht anklagend und mir war sofort klar, um was es ging.
    „Weiß ich nicht. Ich kann nichts daran ändern, weißt du?“, sprach ich, den Blick auf die Zimmerdecke gerichtet. So musste ich weder den Anblick der Wunde noch Mikes Blick ertragen, der mir sicherlich durch Haut und Knochen bis auf den Grund meiner Seele gehen würde. Ich konnte ihn mir schon fast vorstellen, ein intensiver, leicht anklagender und mitleidiger Blick. Ich fragte mich, woher ich Mike so gut kannte, dass ich mir das so bildlich vorstellen konnte.
    „Ändern kannst du immer etwas. Warum kämpfst du nicht? Warum versuchst du es nicht einmal?“, wollte Mike wissen und richtete meine Aufmerksamkeit so wieder auf ihn. Er klang ungläubig und ein klein wenig verzweifelt. Ich senkte meinen Blick zu ihm hinab und bemerkte die gefurchte Stirn, die er entweder aufgrund der konzentrierten Arbeit in Falten gezogen hatte oder aufgrund seines letzten Ausspruchs. Ich tippte auf letzteres.
    „Ich habe versucht zu kämpfen aber ich habe verloren. Wie soll ich mich den gegen so viele wehren können?“, meinte ich niedergeschlagen, meine Stimme klang bitter. Mike sah kurz auf, nahm sich dann den zweiten Verband und umwickelte auch mein Bein. Diesmal war es ihm schneller gelungen, die Wunde zu desinfizieren und mit Heilsalbe zu bestreichen.
    „Sicherlich kannst du allein nicht viel ausrichten. Aber es gibt gewisse Menschen, die sich Freunde nennen und die dir helfen können.“, murmelte er unbestimmt. Mein Herz zog sich zusammen und ich musste mich arg zusammenreißen, um nicht wieder mit Weinen anzufangen. Das wäre zu erbärmlich gewesen. Ich begnügte mich damit, Mike darauf hinzuweisen, dass ich keine Freunde hatte, die mir helfen konnten.
    „Tatsächlich nicht? Vielleicht solltest du dann mal daran arbeiten.“, war Mikes weiser Kommentar, der mich schlucken ließ. Meinte er sich damit? Wollte er mir etwa so sagen, dass er gerne mit mir befreundet wäre und auch keine Probleme damit hätte, mich zu verteidigen? Ich wusste nicht, ob ich das toll oder nicht so gut finden sollte. Sicherlich war Mike ein besonderer Mensch und auch wenn er im Moment noch eher ein Fremder für mich war, so hatte ich doch von Anfang an ein bes onders warmes Gefühl in seiner Nähe gehabt. Er blieb unberechenbar und immer noch stand diese Situation nach dem Konzert zwischen uns, doch davon abgesehen war er auf dem besten Weg, tatsächlich mehr als ein Klassenkamerad für mich zu werden. Ob man es schon Freundschaft nennen konnte? Eher eine flüchtige Bekanntschaft, aber eine, mit Potential zur Freundschaft.
    Ich betrachtete ihn, als er den Verbandskasten unter seinem Bett verstaute, und stellte fest, dass ich im Moment gar keine Angst vor ihm hatte. Mein Blick folgte ihm durch das Zimmer, das er kurzzeitig verließ. Ich hoffte, er würde gleich wieder kommen, denn ich wollte eine Sache unbedingt noch loswerden, bevor der Schlaf mich übermannen würde.
    Die Müdigkeit machte sich jetzt immer stärker bemerkbar, ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich es noch nach Hause schaffen würde. Aber konnte ich einfach so hier auf Mikes Sofa schlafen?
    Die Frage erübrigte sich, als mir die Augen zufielen und ich langsam auf die bequeme Couch hinab sank. Ich merkte noch, wie Mike wieder ins Zimmer kam und kurz verweilte.
    „Warte, ich hole dir noch eine Decke.“, hörte ich ihn sprechen und er verschwand nochmals aus dem Raum.
    Wie er mich zudeckte, bekam ich nur noch am Rande mit. Ich schlief schon, bevor ich mich bei ihm bedanken konnte.

12. Kapitel
     
     
    September 1993 - Michael
     
     
    Ich hätte damit rechnen müssen, dass mein Werk nicht ohne Aufmerksamkeitserregung vollzogen werden konnte. Es war zu auffällig. Fast schon beängstigend war es, festzustellen, was für Fehler ich in

Weitere Kostenlose Bücher